16.02.2024 von Elisabeth Sperr, MSc

Detox & Entschlacken – was ist dran?

Detox-Kuren erleben immer wieder einen Hype. Nicht nur überschüssige Kilos sollen dadurch verschwinden, auch „Schlacken“ wollen viele damit loswerden. Aus wissenschaftlicher Sicht sind derartige „Entgiftungsprogramme“ nicht notwendig, der Mythos hält sich jedoch hartnäckig.

Die Idee der Reinigung von Körper und Geist ist keineswegs neu. Aderlass, Einläufe und Fasten wurden in unseren Breiten bis ins frühe 20. Jahrhundert als legitime medizinische Heilbehandlungen angesehen. Auch außerhalb Europas existieren Verfahren mit ähnlich ambitionierten Zielen schon seit Jahrhunderten: Die ayurvedische Panchakarma-Therapie soll ebenso wie Schwitzrituale in indigenen Kulturen zu einer systematischen Ausleitung von im Körper angereicherten Schadstoffen führen.

Keine Schlacken im Körper

Die medizinische Metapher der „Entschlackung“ wurde 1935 durch den deutschen Arzt Otto Buchinger geprägt, als er den Begriff im Zusammenhang mit seinem Konzept des Heilfastens verwendete. Davor wurden lediglich die unverbrannten Kohlerückstände in den damals üblichen Öfen als Schlacken bezeichnet. Bis heute hat sich die Bezeichnung für etwas Überflüssiges, Störendes oder Schädliches gehalten. Was genau Schlacken jedoch sein sollen, ist unklar. Überfliegt man alternativmedizinische Werke, stößt man auf eine Fülle von Möglichkeiten: Erhöhte Mengen an Triglyzeriden, Cholesterin und Glukose im Blut, aber auch vermehrt gespeichertes Fett in den Fettzellen bezeichnen manche als Schlacken. Zudem werden Substanzen wie Umweltgifte (z. B. Dioxine, Pestizide) und Stoffwechselendprodukte (z. B. Harnsäure) dazugezählt. Eine medizinische Definition fehlt allerdings und somit auch ein Beleg für die Existenz vermeintlicher Schlacken im Körper.

Gewichts-Jojo bei Saftkuren

Für jene, die ihren Körper dennoch beim Entgiften unterstützen wollen, gibt es ein schier unendliches Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln und Diäten wie Saft- oder Suppenkuren. Versprochen werden damit häufig Gewichtsverlust und wieder aufgefüllte Energiespeicher. Warum sich beim Saftfasten anfänglich ein deutlicher Gewichtsverlust zeigt, hängt damit zusammen, dass kaum Kalorien aufgenommen werden und der Körper entwässert. Menschen, die sich wenig bewegen, bauen zudem Muskeln ab. Sobald wieder normal gegessen wird, droht der Jojo-Effekt, da der Energiebedarf nun geringer ist. Detox-Kuren eignen sich somit nicht, um überschüssige Kilos langfristig loszuwerden. Vielmehr bergen sie für sensible Personengruppen mitunter gesundheitliche Risiken. Menschen mit Untergewicht, Immunschwäche oder schweren chronischen Erkrankungen sowie Schwangere sollten daher auf Saftkuren oder vergleichbare Diäten verzichten. Werden Arzneimittel eingenommen, sollte vorab jedenfalls ärztlicher Rat eingeholt werden. Denn bei einem hohen Kaloriendefizit kann der Körper mitunter anders auf Medikamente reagieren und deren Wirkung verstärkt sein.

Wissenswert

Der Jojo-Effekt tritt in der Regel auf, wenn die Kalorienzufuhr innerhalb kurzer Zeit zu drastisch reduziert wurde. Dann schaltet der Körper in den Hungerstoffwechsel und schnell verfügbare Kohlenhydrat- und Eiweißspeicher werden abgebaut. Dadurch wird die Muskelmasse weniger und der Grundumsatz sinkt, da die Muskeln einen Großteil der aufgenommenen Energie benötigen. Bald nach der Rückkehr zum gewohnten Essverhalten bei nunmehr geringerem Energiebedarf, steigt das Gewicht wieder.


Heilfasten ≠ Detox

Detox-Programme werden fälschlicherweise oftmals mit dem Fasten gleichgesetzt. Spezielle Fastentherapien können den Stoffwechsel bei bestimmten Erkrankungen günstig beeinflussen und ergänzend zur schulmedizinischen Behandlung empfohlen werden. Sie zeigen etwa bei Menschen mit Metabolischem Syndrom, Rheuma oder psychosomatischen Erkrankungen positive Effekte. Diese definierten medizinischen Ansätze unterscheiden sich jedoch von den meist unklar formulierten Detox-Konzepten, die auf gesunde Menschen abzielen. Wichtig ist dabei: Fasten als unterstützende Therapie gehört immer unter ärztliche Aufsicht.

Körper entgiftet selbst

Es besteht zwar kein Zweifel daran, dass wir im Alltag regelmäßig schädliche Substanzen aufnehmen, nach Erkenntnissen der modernen Medizin und Ernährungswissenschaft ist jedoch klar, dass der Körper keine Hilfe bei deren Abbau benötigt. Sie werden großteils über Leber, Nieren, Darm, Haut und Lunge wieder ausgeschieden (siehe Infokasten). Dioxine, polychlorierte Biphenyle (PCB) und giftige Schwermetalle wie Quecksilber oder Blei können sich hingegen im Körper anreichern, wenn man ihnen über einen längeren Zeitraum in einer zu hohen Konzentration ausgesetzt ist. Es gibt jedoch keine Belege, dass Detox-Kuren chronische Anreicherungen abbauen könnten. Gleiches gilt für akute Vergiftungen etwa durch eine falsche Dosierung von Medikamenten oder Alkohol.

Körpereigene Entgiftungssysteme

  • Leber:
    In ihr werden giftige zu ungiftigen Stoffen umgebaut, in den Blutkreislaufe abgegeben und über die Niere oder den Darm ausgeschieden (z. B. Alkohol, Medikamente, Drogen).
  • Nieren:
    Über die kleinste Funktionseinheit der Niere, die Nephrone, werden Stoffwechselendprodukte aus dem Blut gefiltert und über den Urin ausgeschieden.
  • Darm:
    Im Dünndarm zerlegen verschiedene Enzyme die einzelnen Nahrungsbestandteile (z. B. Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße) in ihre Bausteine, bevor sie in Blutkreislauf und/oder Lymphbahnen aufgenommen werden. „Unbrauchbare“ Stoffe werden mit dem Stuhl wieder ausgeschieden.
  • Atemwege & Lunge:
    In den Atemwegen wird die eingeatmete Luft zunächst durch die Flimmerhärchen gefiltert. Dadurch werden u. a. Staub- und Schmutzpartikel aufgehalten. Gelangen Schadstoffe dennoch bis in die Lunge, so werden diese mit Schleim über die Atemwege wieder abgegeben, beispielsweise abgehustet.


Besser auf gesunden Lebensstil setzen

Die Auswirkungen eines ungesunden Lebensstils, lassen sich nicht binnen weniger Tage oder Wochen durch Saftkuren und Co. vergessen machen. Fürs Wohlbefinden ist es effektiver, auf eine ausgewogene, genussvolle Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität dem zu setzen. Detox-Programme können manchen Menschen aber mitunter einen Impuls für eine Lebensstiländerung geben. Mit dem Ende einer solchen – oftmals kostspieligen – Kur nimmt man Gerüche und Geschmäcker mitunter wieder intensiver wahr, genießt das Essen und Trinken bewusster und achtet mitunter stärker auf Verschnaufpausen sowie körpereigene Signale wie Hunger und Sättigung. Auch die Kombination vieler Konzepte mit eingeplanten Bewegungseinheiten kann motivieren, mehr davon in den Alltag einzubauen. Entscheidend ist, wieviel man langfristig davon beibehält.

Fazit

Die Notwendigkeit einer „Entgiftung“ hält keiner wissenschaftlichen Betrachtung stand, da der Körper den Großteil der anfallenden Schadstoffe wieder ausscheidet. Zwar sind bei gesunden Erwachsenen keine negativen Effekte durch Tees, Suppen oder Säften zu erwarten, sensible Personengruppen sollten jedoch vorsichtig sein und vorab ärztlichen Rat einholen. Statt mit Detox-Trends nicht vorhandene Schlacken zu bekämpfen, ist es effektiver, sich durch ausgewogene, genussvolle Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität gesund zu halten.

Literatur

Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Diäten und Fasten. www.dge.de/gesunde-ernaehrung/diaeten-und-fasten/ (Zugriff: 16.02.2024).

Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Heilfasten, Basenfasten, Intervallfasten – ein Überblick. DGEinfo 2:18-25 (2018).

Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Fasten & Detox. www.gesundheit.gv.at/leben/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/detox.html (Zugriff: 16.02.2024).

Priehler K: Die Detox-Lüge. www.apotheken-umschau.de (Zugriff: 16.02.2024).

Röchter S, Clausen A: Detox-Trend. Ernährungs Umschau 5: M276-M286 (2019).

Verbraucherzentrale: Detox – gesünder durch Entgiften? www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/detox-gesuender-durch-entgiftung-25381 (Zugriff: 16.02.2024).

 

 

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