02.10.2007 von Redaktion

Unterhaltsame Gesundheitsaufklärung

Wissen, Einstellungen und Verhalten spielerisch verändern, ohne erhobenen Zeigefinger - das wirkt. Denn nicht die trockene Wissensvermittlung, sondern der Spaßfaktor steht dabei im Mittelpunkt. Entertainment Education stellt sich vor...

Gesundheitsbezogene Botschaften haben nur dann eine realistische Chance, die gesteckten Ziele zu erreichen, wenn sie beim Adressaten „ankommen". Klassische Aufklärungsstrategien im Gesundheitsbereich sind hier aber nur bedingt erfolgreich, sie erreichen in erster Linie Zielgruppen mit Vor-Interesse. Will man breite Bevölkerungsschichten erreichen, sind andere Formen der Gesundheitsaufklärung gefragt.
Gesundheitskommunikation vereint medien- und gesundheitswissenschaftliche Aspekte. Das Credo dieser Zusammenschau: Wir müssen uns nicht entscheiden, ob wir Wissen vermitteln oder unterhalten. Die beiden Bereiche boykottieren sich nicht, sondern erschließen gemeinsam neue Zielgruppen.

Entertainment Education

Mit dem angelsächsischen Fachbegriff der „Entertainment Education" wird die Integration von verhaltensorientierten Inhalten in fiktionale Unterhaltungsformate bezeichnet. Komplexe Gesundheitsbotschaften werden in ein bestehendes oder eigens konzipiertes Unterhaltungsprogramm eingegliedert. Soaps, Serien und Fernsehfilme stehen dabei im Vordergrund. Ziel der gesundheitsbezogenen Entertainment Education ist es, Wissen, Einstellungen und Verhalten zu verändern - quasi nebenbei, unauffällig und subtil. Als zentraler Vorteil gilt, dass die Inhalte für bestimmte Gesundheitsthemen und -probleme sensibilisieren und vor allem die kommunikative Auseinandersetzung und damit die Reflexion zur Handlungsmodelle und des eigenen Handelns anregen. Dadurch wird die Voraussetzung für eine potentielle Verhaltensänderung geschaffen. Identifikationsprozesse und positive Rollenmodelle bauen die innere Bereitschaft und Selbstwirksamkeitserwartung verändertes Gesundheitsverhalten auf. Das Gedankenmodell dahinter ist die in den späten 1960er Jahren entwickelte Theorie des sozialen Lernens: Menschen lernen, indem sie Beobachtetes bewusst erkennen, verarbeiten und ihr Verhalten auf dieser Basis selbst bestimmen und auch verändern.

Unterhaltung mit Information

Mit der Strategie, gesundheitsfördernde Themen in einen Unterhaltungskontext zu betten, können die Zielgruppen erweitert werden. Während beispielsweise klassische Ratgeberbroschüren vorrangig von solchen Personen gelesen werden, die bereits für gesundheitliche Problematiken sensibilisiert sind, spricht Entertainment Education prinzipiell alle Unterhaltung suchenden Gruppen an. Die Art der Darbietung liegt auf einer nicht-fachlichen, allgemein menschlichen Ebene, in die alle „einsteigen" können. Die Balance zwischen den Informations- und den Unterhaltungswerten ist dabei in Feinarbeit auszutarieren. Ein Überhang an Unterhaltung verhindert, dass Orientierung gegeben wird und als solche wahrgenommen werden kann, ein Zuviel an Fachinformation kann langweilen oder überfordern und die Akzeptanz beeinträchtigen. Hier gibt es keinen vorgefertigten Konsens, das stimmige Verhältnis ist am konkreten Projekt jeweils neu zu erarbeiten.

Unterhaltsame Formate können Empathie für Gesundheitsthemen wecken und das Einfühlen in verschiedene Lebenssituationen ermöglichen. Wenn sich jemand mit spannenden Inhalten und dadurch mit einem Thema beschäftigt, wird danach auch im Freundeskreis, unter Kollegen oder in der Familie gesprochen. Das ist ein zentraler personalkommunikativer Folgeschritt für wirksame Gesundheitskommunikation. Studien bestätigen das gesundheitsfördernde Potenzial dieses Konzeptes [z. B. Lampert 2003].

Information mit Unterhaltung

Während bei der Entertainment Education unterhaltende Formate mit Gesundheitsinformationen angereichert werden, können umgekehrt auch Informationsformate mit Unterhaltungselementen ergänzt werden. Wenn Wissen so dargeboten wird, dass die Adressaten emotional berührt werden, dann spricht man von Infotainment. Dieser Ansatz berücksichtigt die Vorstellungen und Wünsche der Empfänger, betrachtet die Anreicherung des Mediums durch Unterhaltungselemente unter dem Gesichtspunkt einer möglichst optimalen Informationsvermittlung. Die unterhaltenden, emotional ansprechenden Elemente, wie etwa eine besondere musikalische Untermalung oder eine ausgewählte Moderationssprache, sollen die Beziehung Adressat-Medium verstärken.

[ess-be]: bewegtes Rätseln

Diese Erkenntnisse aus dem Bereich der Gesundheitskommunikation dienten dem forum. ernährung heute als Grundlage für die Entwicklung eines Spiels: [ess-be] steht für „essen" und „bewegen" und ist ein Bewegungsspiel mit Quizfragen rund um Ernährung, das Kindern, Jugendlichen und Eltern die Balance zwischen Ernährung und Bewegung spielerisch beibringt. Mehr zu [ess-be] lesen Sie hier.

Literatur

aid-Special: Ernährungskommunikation. Neue Wege - neue Chancen? Tagungsband zum 8. aid-Forum am 11. Mai 2005 in Bonn.

Lampert C: Gesundheitsförderung durch Unterhaltung? Zum Potenzial des Entertainment-Education-Ansatzes für die Förderung des Gesundheitsbewusstseins. In: Themenheft "Ge­sundheitskommunikation" der Zeitschrift Medien & Kommunikationswissenschaft 3: 461-477 (2003).

Schwarz U: Gesundheit in der Mediengesellschaft. Institutionelle Gesundheitsaufklärung und Fernsehunterhaltung. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz  10: 1-7 (2004).

 

 

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