Aspartam: Viel Lärm um Nichts?
Seit seiner Einführung als Süßstoff flackert die Diskussion über das Risikopotenzial von Aspartam immer wieder auf. Letztes Jahr erregte eine Studie der Europäischen Ramazzini-Stiftung, ein in Bologna ansässiges italienisches Forschungsinstitut, großes Aufsehen. Das Forscherteam verdächtigte Aspartam als Krebsauslöser und verlangte die Überarbeitung der Zufuhrrichtlinien. Als „Beweis“ veröffentlichten sie die Ergebnisse ihrer Versuchsreihe mit Ratten.
Hohe Priorität
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nahm die Studie umgehend zum Anlass, um Aspartam einer neuerlichen Bewertung zu unterziehen. Dabei stellten sich die italienischen Untersuchungsergebnisse als fehlerhaft heraus. Sie konnten der Beurteilung der EFSA nicht standhalten. Die unabhängige europäische Bewertung erfolgte durch das Wissenschaftliche Gremium der EFSA für Lebensmittelzusatzstoffe, Aromastoffe, Verarbeitungshilfsstoffe und Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen (AFC-Gremium). Unterstützt wurde dieses Gremium durch eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe, bestehend aus zusätzlichen europäischen Experten auf dem Gebiet der Kanzerogenität, der toxikologischen Pathologie und statistischer Analysen.
Magere Fakten
Das AFC-Gremium stellte einige Mängel bei der Studie fest und damit die Gültigkeit der Ergebnisse in Frage. Folgende Ungereimtheiten fielen auf:
- Der leichte Anstieg an Leukämie hängt nicht mit der Aspartamaufnahme zusammen, sondern rührt daraus, dass ein Großteil der Ratten an chronischer Lungenentzündung erkrankt war.
- Auch die Ergebnisse zum Nierenkrebs sind nicht spezifisch für Aspartam. Renale Tumore treten bei einer Reihe von Chemikalien auf, die den Ratten in hohen Dosen verabreicht wurden. Bei den Versuchstieren kam die krebsauslösende Wirkung durch einen veränderten Kalzium-Stoffwechsel zustande. Bei Menschen tritt dieser Effekt nicht auf. Daher kann das Risiko nicht auf den Menschen umgelegt werden.
- Die Anzahl der bösartigen Tumore der peripheren Nerven war äußerst gering. Ein klarer Dosis-Wirkungs-Mechanismus konnte nicht gezeigt werden. Dazu kommen Unsicherheiten bei der Tumordiagnose.
Fazit
Alles in allem scheinen weder die Resultate noch deren Interpretationen auf einer fundierten Basis zu ruhen. Das AFC-Gremium sieht daher keinen Grund, frühere wissenschaftliche Gutachten neu zu bewerten oder die tägliche akzeptierte Aufnahme (ADI) von 40 mg/kg Körpergewicht zu ändern. Dazu besteht auch gar kein Anlass: Die durchschnittliche Zufuhr von Aspartam liegt in Europa bei ca. 10 mg/kg Körpergewicht und damit noch weit unter dem ADI-Wert. Es besteht kein Anlass, kaloriensparende Light-Produkte zu vermeiden. Wer allerdings aus Überzeugung keine künstlichen Süßstoffe verwenden möchte, sollte auf natürliche Süßungsmittel zurückgreifen. Die höhere Kalorienmenge kann durch vernünftige Portionsgrößen „entschärft“ werden. Denn eines ist klar: Süßstoff ist kein Garant für das Traumgewicht. Verwender von Light-Produkten essen gerne mehr davon – und sparen somit keine Kalorien.
Literatur
Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA): Opinion of the Scientific Panel on Food Additives, Flavourings, Processing Aids and Materials in contact with Food (AFC) on a request from the Commission related to a new long-term carcinogenicity study on aspartam. The EFSA Journal 356:1-44 (2006).