Braten, Backen, Karamellisieren - Chemie des guten Geschmacks
Bei der Maillard-Reaktion handelt es sich um eine hoch komplexe Angelegenheit. Bis dato sind nicht alle Schritte der Maillard-Reaktion aufgeklärt. Jedoch ist das Grundprinzip schnell erklärt: Während des Erhitzens von Fleisch, Brot oder anderen Eiweiß- und Kohlenhydrat enthaltenden Lebensmittel, verbinden sich bestimmte Aminosäuren der Eiweiße mit Zuckermolekülen der Kohlenhydratketten. Ab 100°C, effektiv ab 150-180°C, entstehen als Folge Maillard Produkte und die braune Farbe. Diese besteht aus als Melanoidine bezeichneten Pigmenten. Je nachdem, welche Zucker- bzw. Aminosäuren in den erhitzen Lebensmitteln vorhanden sind, ergeben sich charakteristische Geschmäcker. Ebenso bildet diese Reaktion Aromen oder erzeugt Knusperkrusten. Letzlich entscheidet die Temperatur beim Braten über die gebildeten Aromastoffe und damit über den Geschmack. Es gibt eine Vielzahl an möglichen Reaktionen und damit auch eine große Anzahl an möglichen Folgeprodukten.
Typische Endprodukte und ihre Geschmackseigenschaften
Quelle: Open Science – Lebenswissenschaften im Dialog.
Die Geruchs- als auch die Geschmacksstoffe der Maillard-Reaktion lassen sich auch künstlich erzeugen. Erhitzt man beispielweise die Aminosäure Cystein und den Zucker Glucose, entsteht rasch der Geruch eines Steaks. Verwendet man statt Cystein die Aminosäure Glycin, macht sich der Karamell Geruch einer Creme brulée breit. Erhitz man die Substanzen Prolin und Glucose, wird aus dem Labor eine Bäckerstube – es riecht nach leckerem Brot.
Genauso haben beim Bierbrauen die Produkte der Maillard-Reaktion einen großen Einfluss auf verschiedene Eigenschaften des Bieres. Dabei ist das farbgebende Attribut des gebildeten Melanoidin das Auffälligste. Diese kann durch die Auswahl des Malzes gesteuert werden. Folglich gibt eine Vielzahl an Verbindungen, die im Laufe der Maillard-Reaktion gebildet werden. Zum Teil sind diese sehr aromaaktiv, damit kann der Biercharakter gezielt beeinflusst werden.
Braten: Mythos Fleischporen
Um das richtige Braten von Fleisch kursieren viele Gerüchte. Der hartnäckigste Mythos besagt, dass sich beim Braten „Poren“ verschließen. Deswegen sollte man, so wurde stets verlautbart, das Fleisch auch anbraten, bevor man es beispielweise in einer Kasserolle gart. Jedoch hat Fleisch gar keine Poren, sondern besteht aus Muskelzellen. Daher nützt das Anbraten des Fleisches lediglich dafür, durch die hohen Temperaturen Geschmäcker zu generieren, die durch das Niedrigtemperaturgaren nicht entstehen würden. Ob nun die entstandenen Maillard Produkte im Fleisch bleiben oder in den Bratensaft übergehen, ist für den Genuss völlig irrelevant, solange alle Geschmäcker erhalten bleiben.
Fazit
Die Maillard Reaktion ist eine der interessantesten und vielfältigsten chemischen Reaktionen in der Küche. Deshalb spielt sie in der Lebensmittelindustrie und bei der chemischen Erzeugung von Aromastoffen heutzutage eine wichtige Rolle. Die Reaktion verhilft uns jedoch nicht nur zu genussreichen Stunden. Durch das Erhitzen von Kohlenhydraten (Stärke) entsteht Acrylamid, das potentiell gesundheitsschädlich ist. Es lässt sich schlussfolgern, dass zu heiß und zu lange Gebratenes oder Frittiertes auf Dauer eine krebsfördernde Wirkung entfalten kann. Dabei ist die produzierte Acrylamidmenge nicht nur von der Zubereitungstemperatur, sondern auch vom Kohlenhydratanteil und damit vom verarbeiteten Lebensmittel selbst abhängig.
Beim Projekt „Hungry for Science“ von Open Science- Lebenswissenschaften im Dialog, dreht sich alles um das Thema Essen und Ernährung. Informationen und aktuelle Forschungsergebnisse werden verständlich aufbereitet und auf unterhaltsame Art und Weise vermittelt. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft gefördert und läuft vom 01.08.2015 bis zum 31.07.2017. Am Hungry for Science Blog, der über den Projektzeitraum hinaus weitergeführt wird, machen die „bESSERwisser“ reinen Tisch mit Küchenmythen, servieren wissenschaftliche Fakten rund ums Essen, berichten über Ernährungs-Trends und liefern Anregungen für spannende Experimente für zu Hause.
Literatur
Vilgis Thomas, Die Molekül-Küche, Physik und Chemie des feinen Geschmacks, Hirzel Verlag, 2013, 9. korr. Auflage, 53-55, ISBN 978-3-7776-2330-6
van Boekel M A J S, Formation of flavour compounds in the Maillard reaction, Biotechnology Advances 24, 2006, 230–233, doi:10.1016/j.biotechadv.2005.11.004
Spieleder E, Dissertation: Systematische Untersuchungen von reduzierenden Substanzen im Malz und ihr Einfluss auf den Brauprozess, Technische Universität München, Lehrstuhl für Technologie der Brauerei I und Getränketechnologie, 2006, Abgerufen am 16.3.2017
Coultate T.P., Food: The Chemistry of Its Components, Royal Society of Chemistry Publishing, 2009, 5. Auflage, S. 36
Tareke E, Rydberg P, Karlsson P, Eriksson S, Törnqvist M., Analysis of Acrylamide, a Carcinogen Formed in Heated Foodstuffs , J Agric Food Chem. 50(17), 2002.