06.03.2015 von Theresa Janson

Dattel – die süße Wüstenfrucht

Sie zählt zu den ältesten Kulturpflanzen, strotzt vor Energie und hebt die Laune. Ob als süßer Snack oder in pikanten Gerichten erobert sie sich auch bei uns einen fixen Platz in der Küche. Eine Frucht mit Geschichte stellt sich vor.

Dattelpalmen sind archäologischen Funden zufolge die ältesten Pflanzen, die vom Menschen angebaut werden. Malereien aus Babylonien lassen vermuten, dass sie dort bereits vor 5000 Jahren kultiviert wurden. Über das Wüstengebiet breitete sie sich nach Pakistan, Persien und bis nach Marokko aus. Europa erreichte die Dattel um ca. 710 n. Chr. als die Mauren nach Südspanien kamen. Heute werden Dattelpalmen vor allem in Ägypten, Saudi-Arabien und dem Iran angebaut, aber auch in den südlichen Gebieten der USA, in Mittel- und Südafrika sowie in Australien. Bis zu 200 Jahre wird eine Dattelpalme alt. Am ertragreichsten ist sie zwischen ihrem 40. und 80. Lebensjahr.

Wissenswert

In Südspanien bei Elche befindet sich das einzige europäische Anbaugebiet der echten Dattelpalme. Im Jahr 2000 zeichnete die UNESCO das unvergleichliche Landschaftsbild als kulturhistorisches Denkmal aus.

Mit dem Fuß im Wasser, mit dem Kopf in sengender Sonne

Wie eine Sumpfpflanze liebt die Dattelpalme nassen Boden. Überirdisch braucht sie es mit 30 °C Durchschnittstemperatur eher heiß. Sie wird 30 m hoch und trägt bis zu 40 Blättern mit je vier Meter Länge. Dattelpalmen sind zweihäusige Gewächse. Das heißt eine Palme bildet entweder weibliche oder männliche Blüten. Früchte können nur weibliche Dattelpalmen tragen und diese zählen botanisch gesehen zu den Beeren. Wie in Trockengebieten üblich, erfolgt die Bestäubung der Pflanze mit dem Wind. Hier wird seit jeher nachgeholfen. Dattelzüchter handeln den monatelang befruchtungsfähigen männlichen Pollen auf Märkten. Er entscheidet wesentlich darüber, wie groß und schmackhaft die Früchte einmal werden. Üblicherweise stehen auf einer Dattelplantage unter 30 weiblichen Palmen nur eine männliche.
Neben der eigentlichen Dattelfrucht nutzt man das Holz der Palme zum Bauen, die Blätter zum Abdecken von Dächern und Flechten von Körben sowie die Fasern für flexible Schnüre.

Rispendatteln am hochwertigsten

Pro Palme können bis zu 100 kg Datteln geerntet werden. Dafür klettern zumeist Männer in schwindelerregende Höhen und schneiden die rund 20 kg schweren Rispen ab. Nicht alle Datteln an einer Rispe haben den gleichen Reifegrad. Die Selektion ist Handarbeit. Mit einem geschulten Blick entfernen Frauen die unreifen (kimri) Früchte von den reifen (ruthab). Grundsätzlich lassen sich Datteln in drei Kategorien einteilen: in weiche, trockene und halbtrockene Früchte. Sie sind umso wertvoller, je dünnhäutiger, weicher und saftiger sie sind. Die ganz weichen Datteln würden es aber nicht unbeschadet zu uns schaffen. In den Regalen hier landen Halbtrockene, sie sind fein und vor allem lagerfähig.

Drei Qualitätsstufen werden unterschieden: Als beste Selektion gilt eine vollständige Rispe mit steinhaltigen Datteln. Sind die Datteln einer Rispe zu unterschiedlich, werden sie abgetrennt, teils entsteint und lose verkauft. Bei der dritten Kategorie handelt es sich um mit Glukose überzogene Datteln, die samt Kern in eine Plastikverpackung gehüllt werden und so länger haltbar sind.

Wissenswert

Ob man frische Datteln auch bei uns kaufen kann? Aber ja – ab Oktober, wenn Erntezeit ist. Sie sind an einer glatten glänzenden Außenhaut zu erkennen. Trockene Früchte sind runzlig.

Delget Nour, Medjoul und Khidri

In den vergangenen tausenden Jahren sind zig Dattelsorten gezüchtet worden. Die Vielfalt ist enorm. Insgesamt gibt es rund 1500 Sorten. Von rot bis schwarz, von weich bis hart, von kurz bis lang ist alles dabei. Die große Auswahl bleibt uns in Europa allerdings verborgen. Wir bekommen vor allem drei Sorten zu Gesicht: Deglet Nour, Medjoul und Khidri. Es sind sehr süße Varianten. Im arabischen Raum ist das Spektrum breiter. Dort wird beispielsweise die Sokari zum Kaffee genascht, die auch royale Dattel genannt wird, eine gelbe Haut hat und durch Zuckerkristalle etwas crispy ist. Kholas und Mabroom Datteln wiederum schmecken nach Karamell und sind für die Wüstenbewohner eine Art Zuckerl.

Gute Laune und schnelle Energie

Mit rund 60 bis 70 % Zuckergehalt sorgen Datteln nicht nur für einen schnellen Energieschub, sondern sind auch lange haltbar, sie konservieren sich sozusagen selbst. Im Gegensatz zu Weintrauben oder Feigen beginnen Datteln auch nicht zu faulen. Stattdessen setzt ein stetiger Trocknungsprozess ein. Festere Datteln mit höherem Stärke- und Eiweißgehalt dienen Wüstennomaden noch heute zum Brotbacken und liefern Energie für kräftezehrende Wegstrecken. Bei uns lieben sie Sportler wegen ihres hohen Gehalts an schnell verfügbaren Einfachzuckern (Glukose und Fruktose). Datteln liefern sonst 2 g Eiweiß pro 100 g, 0,5 % Fett, 6 bis 8 g Ballaststoffe und knapp 2 g Mineralstoffe wie Magnesium, Kalium oder Eisen. 100 g getrocknete Datteln bringen demnach 650 mg Kalium. Das ist ein Drittel des Tagesbedarfs.

Obendrein können Datteln Nerven beruhigen und die Laune heben. Das liegt am Tryptophan, einer Aminosäure, die im zentralen Nervensystem die Vorstufe von Serotonin bildet. Serotonin wiederum gilt als Glücksbotenstoff und macht uns entspannter. Deswegen wirkt es auch positiv beim Einschlafen. Beduinen wissen das und essen vor dem Schlafengehen ein paar Datteln…

Datteln in der Küche

Als klassische Trockenfrucht können Datteln morgens das Müsli versüßen oder Abwechslung in Fruchtsalaten und Desserts bringen. Für Füllungen mit Nüssen oder Frischkäsezubereitungen eignen sich die fleischigen Medjoul-Datteln am besten. Die Deglet Nour erinnert geschmacklich an Nougat und bedeutet aufgrund ihrer länglichen Form so viel wie „Finger des Lichts“. Als Fingerfood oder mit Speck ummantelt und angebraten ist sie auf Partys immer ein willkommener Gast. Auch in der warmen Küche machen sie eine gute Figur: Beispielsweise kommen sie bei dem marokkanischen „Tajine“ zum Einsatz; ein Schmortopfgericht mit Gemüse und Fleisch. In der fernöstlichen Küche werden sie außerdem zu Marmelade, diversen Pasten oder Butter weiterverarbeitet. Nicht nur die Dattelfrucht ist zuckerreich, auch der Saft aus dem Stamm schmeckt süß. Eingedickt kann man aus dem Sirup Zucker gewinnen. Vergärt man ihn, entsteht je nach Destillationsgrad ein Palmwein oder eine Spirituose.

 

Literatur

Lieberei R, Reisdorff C, Franke W: Nutzpflanzenkunde. Thieme Verlag, Stuttgart (2007).
Baumann A: Die Dattel. Das Brot der Wüste. Tabula 4: 16–19 (2014).

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