30.10.2013 von Mag. Nina Grötschl

Dem Geruchssinn des Immunsystems auf der Spur

Nicht nur die Nase nimmt Gerüche unserer Nahrung wahr. Auch das Immunsystem ist in der Lage lebensmitteltypische Düfte einzufangen. Wie flüchtige Aromastoffe Immunreaktionen steuern können, zeigt eine deutsche Studie.

Während der Verdauung gelangen neben Nährstoffen auch lebensmitteltypische Geruchsstoffe in den Blutkreislauf. Wissenschafter der Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie konnten nach dem Verzehr von Nahrungsmitteln Spurenkonzentrationen der geruchsaktiven Verbindungen Allylmethylsulfid und 2-Phenylethylamin (2-PEA) im Blut nachweisen. Allylmethylsulfid ist für den typischen Knoblauchgeruch verantwortlich, 2-PEA riecht nach Malz bzw. Fisch, entsteht beim Erhitzen von Lebensmitteln und kommt beispielsweise in Sauerkraut, Salami oder Käse vor. 

Dem richtigen „Riecher" auf der Spur 

Nehmen wir Gerüche wahr, sind rund 400 verschiedene Typen von Geruchsrezeptoren am Werk. Sie nehmen Signale an der Zelloberfläche entgegen und leiten diese an Sinneszellen in der Riechschleimhaut weiter. So können wir tausende Geruchsnuancen u. a. aus Nahrungsmitteln einfangen. Jedoch sind nicht ausschließlich Sinneszellen in der Nase in der Lage, Gerüche wahrzunehmen, sondern auch weiße Blutkörperchen - die Abwehrzellen unseres Immunsystems - reagieren auf Gerüche. Forscher fanden heraus, dass der Stoff 2-PEA von isolierten Immunzellen registriert wird. Dafür zeichnen spezielle Geruchsrezeptoren (TAAR 1-6 - Trace Amine-Associated Receptors) an der Oberfläche der weißen Blutkörperchen verantwortlich.

Die geruchsaktive Verbindung kann an die TAAR-Rezeptoren 1 und 2 von drei verschiedenen weißen Blutzellen „andocken". Der malzig/fischige Aromastoff mobilisiert neben neutrophilen Granulozyten auch T- sowie B-Zellen des Immunsystems und stärkt dadurch die zelluläre Abwehr.

Forschung erst am Anfang         

Die Erforschung von Geruchsrezeptoren außerhalb der Nase und die damit verbundene Immunreaktion steckt noch in den Kinderschuhen. In Zukunft soll geklärt werden, ob messbare, zelltypspezifische Immunantworten nach dem Verzehr bestimmter Nahrungsmittel nachweisbar sind.

Fazit

Ein deutsches Forscherteam wies nach, dass unser Immunsystem lebensmitteltypische Inhaltsstoffe „riechen" kann. Abwehrzellen fangen flüchtige Aromastoffe aus der Nahrung über Geruchsrezeptoren ein und produzieren dadurch beispielsweise Antikörper. Diese Erkenntnisse eröffnen innovative Erklärungsansätze in Hinblick auf die Bekämpfung von Infektionen und Lebensmittelunverträglichkeiten: Durch die Reaktion auf lebensmitteltypische Aromastoffe könnte die Schwelle für Antworten des Immunsystems gesenkt und damit die Abwehr von Krankheitserregern unterstützt werden. Andererseits könnten hohe Mengen geruchsaktiver Verbindungen Lebensmittelunverträglichkeiten oder -allergien auslösen, wenn sie über einen längeren Zeitraum hinweg im Blut vorkommen. Bleibt gespannt abzuwarten, was weitere Studienergebnisse zeigen.

Literatur

Krautwurst D, Babusyte A: Lebensmitteltypische Geruchststoffe aktivieren unser zelluläres Immunsystem. Moderne Ernährung Heute, 2: 10-16 (2013).

Krautwurst D: Lebensmittelinhaltsstoffe stimulieren unser Immunsystem. Berichte aus der Praxis. FodRep 1 (2013).

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