Dickes Stundenkonto
Obwohl die Effekte von Stress im Arbeitsumfeld regelmäßig beforscht werden, sind die Auswirkungen auf das Körpergewicht nur durch wenige Daten belegt. Langzeitstudien sind rar und deren Resultate oft inkonsistent. Das Ergebnis einer jüngst publizierten Metaanalyse mit rund 122 000 Personen liefert dennoch erste Anhaltspunkte bezüglich der Anzahl der Wochenstunden.
Ein Fünftel hat zugenommen
In den analysierten 19 Beobachtungsstudien aus Europa, Australien und den USA wurden die Arbeitszeiten der Personen erfasst und im Verlauf der Studie das Körpergewicht sowie der Body Mass Index (BMI) ermittelt. Zu Beginn der Studie war rund die Hälfte der Teilnehmer normalgewichtig. Davon waren 18 % teilzeitbeschäftigt und 52 % hatten eine Woche mit 35 bis 40 Stunden. Etwa 17 % arbeiteten 41 bis 48 Stunden, 6 % waren 49 bis 54 Stunden beschäftigt und zirka 6 % gaben an, 55 Stunden oder mehr zu arbeiten. Etwa ein Fünftel der anfänglich normalgewichtigen Studienteilnehmer war bei der Nachuntersuchung übergewichtig oder adipös. Diese fand je nach Studie nach ein bis neun Jahren statt. In diesem Zeitraum kann man freilich auch schon aufgrund des voranschreitenden Alters leicht zulegen.
Mehr Stunden = Stärkere Zunahme
Das relative Risiko für Übergewicht war umso höher, je länger gearbeitet wurde. Bei Wochenstunden über der normalen Arbeitszeit bis zu 54 Stunden war es um knappe 9 % und ab 55 Stunden pro Woche um 17 % erhöht. Bei Teilzeitkräften war das relative Risiko hingegen 5 % niedriger. Da es sich dabei um Daten aus Beobachtungsstudien handelt, können zwar Zusammenhänge, nicht jedoch deren direkte Ursachen aus den Ergebnissen abgeleitet werden. Die Forscher vermuten jedoch, dass sich die Arbeitsumgebung stärker auf das Körpergewicht auswirken kann, je mehr Zeit dort verbracht wird. Langes Sitzen, weniger Zeit für Sport und veränderte Essgewohnheiten sind dabei wesentliche Faktoren, die eine Gewichtszunahme fördern.
Den Wissenschaftlern zufolge könnten knapp 3 % Übergewicht und Adipositas vermieden werden, wenn keine Überstunden gemacht und reguläre Arbeitszeiten von 35 bis 40 Wochenstunden eingehalten würden.
Fazit
Eine gute Work-Life-Balance hilft nicht nur das Gewicht zu halten, sondern ist auch gut für die körperliche und psychische Gesundheit. Denn wie sagte schon der Lyriker Luis de Léon: „Lebenskunst besteht darin, die eigene Natur mit der eigenen Arbeit in Einklang zu bringen.“
Literatur
1. Hafeez I, et al.: Impact of workplace environment on employee performance: mediating role of employee health. Business, Management & Education, 17;2 (2019).
2. Virtanen et al.: Long working hours and change in body weight: analysis of individual-participant data from 19 cohort studies. International Journal of Obesity (2019).