13.08.2015 von Theresa Janson

Ein voller Magen badet nicht gern?

„Nach dem Essen musst du eine Stunde warten!“ – diesen Ratschlag geben viele Eltern ihren Kindern, bevor sie wieder ins Wasser dürfen. Doch was ist dran? Handelt es sich um einen hartnäckigen Mythos oder stimmt der Rat tatsächlich?

Das gefürchtete Bild im Kopf der Badefreunde gleicht einem Krimi: Wer mit vollem Magen ins Wasser springt, bekommt Magenkrämpfe und ertrinkt grauenvoll. Doch gibt es überhaupt einen Anlass für diese Angst? Der wissenschaftliche Beirat des amerikanischen Roten Kreuzes durchforstete 2011 bestehende Fachliteratur und kam zu dem Schluss: Nein, den gibt es nicht!

Magere Datenlage

Es gibt nur wenige Publikationen zu diesem Thema. Klar ist jedoch, dass bisher kein einziger Fall bekannt ist, bei dem jemand aufgrund vorheriger Nahrungsaufnahme ertrank. Drei Beobachtungsstudien aus den 1960er Jahren lassen vermuten, dass sich Essen überhaupt nicht auf die Bewegung im Wasser auswirkt. Nach einer kleinen bzw. üppigen Verzehrsmenge warteten die Schwimmer zwischen 0,5 bis 2 Stunden und legten anschließend verschiedene Distanzen zurück. Die Kontrollgruppe nahm keine Nahrung zu sich. Das Ergebnis: Weder die Schwimmleistung war beeinträchtigt, noch beklagten sich die Essenden über Krämpfe oder Übelkeit während der Belastung. Außer in der Studie mit üppiger Mahlzeit, bei der 192 Mal geschwommen wurde, berichteten vier von Übelkeit und eine Person übergab sich. Keiner litt unter Magenkrämpfen.

Wie reagiert der Körper?

Wenn man beim Essen reichlich zulangt und anschließend intensiv Sport treibt, kann man im schlimmsten Fall Bauchschmerzen, Übelkeit oder saures Aufstoßen bekommen. Das hat unter anderem mit der verminderten Blutversorgung zu tun. Denn für den Verdauungsprozess benötigtes Blut strömt bei körperlicher Anstrengung weg vom Bauch hin zu den aktiven Skelettmuskeln und der Lunge. Magen-Darm-Probleme haben allerdings noch keinen zum Ertrinken gebracht.

Hartnäckige Baderegel

Während amerikanische Verbände von Warnungen diesbezüglich absehen, raten die österreichischen und deutschen Vereine für Wasserrettung zur Vorsicht nach dem Essen:

  • Baderegel der ARGE Wasserrettung/ Österreichisches Jugendrotkreuz: „Wenn du viel gegessen hast, warte eine Stunde, bevor du wieder ins Wasser gehst.“
  • Baderegel der DLRG: „Gehe niemals mit vollem oder ganz leerem Magen ins Wasser.“

Im Sinne einer Lebensgefährdung kann dies nicht gemeint sein. Vielmehr möchte man wahrscheinlich vor Unwohlsein oder Kreislaufproblemen schützen.

Fazit

Wer sich fit und gesund fühlt, kann beruhigt nach einem Zwischensnack ins kühle Nass steigen. Keine wissenschaftliche Studie hat bisher belegt, dass Essen vor dem Schwimmengehen ein Risiko darstellt, zu ertrinken. Nach Bratwurst mit Pommes frites  muss jeder für sich entscheiden, ob er sportlich aktiv sein möchte. Krämpfe mit tödlichen Folgen sind beim Baden jedenfalls nicht zu befürchten.

 

Literatur

Chambers P, Quan L, Wernicki P, Markenson D: American Red Cross Scientific Advisory Committee Scientific Review: Eating Before Swimming. International Journal of Aquatic Research and Education 5: 483–492 (2011).

Singer RN, Neeves RE: Effect of food consumption on 200-yard freestyle swim performance. Research Quarterly 39: 355–360 (1968).

Asprey G, Alley L,Tuttle W: Effect of eating at various times on subsequent performances in the one-mile freestyle swim. Research Quarterly 39: 231–234 (1968).

Asprey G, Alley L, Tuttle W: Effect of eating at various times on free-style swimming performance. Journal of the American Dietetic Association 47: 198–200 (1965).

Arbeitsgemeinschaft Österreichisches Wasserrettungswesen: Baderegeln. (Zugriff am 07.08.2015).

Österreichisches Jugendrotkreuz: Baderegeln. (Zugriff am 14.08.2015).

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG): Baderegeln. (Zugriff am 07.08.2015).

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