Ernährungsbericht: Mehr Gemüse, weniger Fleisch!
„Es ist wichtig, die Daten des Ernährungsberichtes zur Verfügung zu haben, um entsprechende ernährungspolitische Maßnahmen zu setzen“, erklärt Karin Schindler vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen anlässlich der Pressekonferenz zum Ernährungsbericht Anfang November. Der Ernährungsbericht erfasst die Ernährungssituation der österreichischen erwachsenen Bevölkerung. Er liefert eine Übersicht über die Ernährungsgewohnheiten einschließlich des Außer-Haus-Verzehrs, der Versorgung mit Nährstoffen und die Ernährungssituation in österreichischen Krankenhäusern.
Der Ernährungsbericht 2017 ist der mittlerweile fünfte dieser Serie. Im Vergleich zu den Daten des vergangenen Berichtes aus dem Jahr 2012 zeigt sich, dass es bezüglich Übergewicht und Adipositas nur geringe Veränderungen gibt. „Man könnte in den Daten sogar eine Stagnation herauslesen“, meint Jürgen König, Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften. Wenngleich diese auf einem hohen Niveau erfolgt, denn immerhin sind 41 % der Bevölkerung übergewichtig. Dennoch könnte man das Ziel erreichen, bis 2020 keinen weiteren Anstieg der Übergewichts- und Adipositasrate zu erzielen. „Man muss mit den Daten jedoch vorsichtig umgehen“, meint König.
Zucker, Fett und Fleisch als Laster
Österreicher essen gerne süß, Männer genauso wie Frauen. Das überrascht Jürgen König. „Wir haben erwartet, dass Frauen lieber zu Süßem und Männer gerne Salziges essen“. Dem ist aber nicht so. Männer langen kräftig zu, immerhin essen sie 38-51 g Süßes pro Tag, das ist etwa eine halbe Tafel Schokolade. Frauen liegen mit 37-41 g in einer ähnlichen Größenordnung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, nicht mehr als 10 Energieprozent (E%)/Tag über freien Zucker aufzunehmen. Hier liegen Frauen, als auch Männer mit 16 E% und 17 E% deutlich darüber.
Wissenswert
Laut Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind freie Zucker alle Mono- und Disaccharide, die Mahlzeiten oder Getränken zugefügt werden, sowie Zucker, der von Natur aus bereits in Honig, Sirup, Fruchtsäften und Fruchtsaftkonzentraten enthalten ist. Ausgenommen sind natürlich vorkommende Zuckerarten in Obst und Gemüse oder Milchprodukten. Mono- und Disaccharide sind Trauben-, Frucht- und Malzzucker sowie Haushaltszucker. Die WHO empfiehlt, nicht mehr als 50 g Zucker zu essen. Das entspricht etwa zehn Teelöffel, einer halben Tafel Schokolade, einer kleinen Schale Gummibärchen oder einem halben Liter Limonade. Das Ziel dieser WHO Richtlinie ist, Karies und Übergewicht einzudämmen. Die WHO weist jedoch darauf hin, dass ein isokalorischer Austausch von Zucker zu keiner Gewichtsreduktion führt.
Generell essen Frau und Herr Österreicher auch zu fett: Die mittlere Zufuhr von Fett liegt bei knapp 37 % der Gesamtenergiezufuhr pro Tag. Vor allem von den gesättigten Fetten nehmen sie zu viel auf. Diese kommen vor allem in tierischen Produkten vor, also in Fleisch, Wurst oder Milchprodukten.
Auf Basis der Österreichischen Ernährungspyramide werden maximal drei Portionen Fleisch und Fleischprodukte pro Woche empfohlen. Männer überschreiten diese Menge um das Dreifache, sie essen rund 900 bis 1320 g/Woche. Frauen essen insgesamt zwar weniger Fleisch und Fleischprodukte, nämlich 483 bis 546 g/Woche, liegen mit dieser Menge dennoch über den Empfehlungen.
Aufholbedarf bei Obst und Gemüse
Zukünftig kräftiger zulangen dürfen Konsumenten hierzulande bei Obst und Gemüse. Pro Tag werden zwei Portionen Obst und drei Portionen Gemüse oder Hülsenfrüchte empfohlen. Eine Portion entspricht in etwa einem Apfel, einer Banane oder einer Schüssel Salat. Tatsächlich werden im Durchschnitt nur etwa zwei Portionen gegessen: eine Obst, eine Gemüse. Das bedeutet, beide Geschlechter erreichen nur die Hälfte der empfohlenen Obst- und ein Drittel der Gemüse- und Hülsenfrüchtezufuhr. Hier besteht also ganz klar Aufholbedarf. Das betrifft übrigens auch die Ballaststoffzufuhr. Empfohlen werden 30 g/Tag. Diese erreichen aber gerade einmal 14 % der Befragten. Im Durchschnitt nehmen die Teilnehmer ca. 21 g/Tag auf und das ist eindeutig zu wenig. Es gibt viele Gründe, ballaststoffreiche Lebensmittel zu essen, denn sie schützen vor Krankheiten wie Diabetes, Bluthochruck oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Vollkornprodukte, Getreide, Hülsenfrüchte, aber auch Obst und Gemüse enthalten besonders viel Ballaststoffe. Lesen sie hier mehr darüber.
Ausreichend mit Nährstoffen versorgt
Im Großen und Ganzen sind die Österreicher gut mit Mikronährstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen versorgt, sagt König. Einziges Sorgenkind ist und bleibt Vitamin D, denn hier erreicht man die empfohlene Menge nicht über die Nahrungsaufnahme. Hier hilft nur eines: Raus an die frische Luft und Sonne tanken. Ein weiteres Sorgenkind ist auch die Folsäure. Etwa drei Viertel der Frauen erreichen nicht die Empfehlung, bei Männern ist es knapp die Hälfte. Folsäure ist wichtig für Wachstum und Entwicklung und spielt deshalb in der Schwangerschaft eine Rolle. Aufholbedarf ist auch bei Kalium: 86 % der Österreicher erreichen den Schätzwert nicht. Dieses Mengenelement ist vor allem für den Blutdruck verantwortlich und senkt das Schlaganfallrisiko. Es steckt hauptsächlich in Gemüse und von diesem sollten wir ohnehin mehr essen.
Wie wurden die Daten ermittelt?
1347 Frauen und 782 Männer, im Alter zwischen 18 und 64 Jahren haben an der Erhebung teilgenommen. Die ermittelten Daten sind für drei Altersgruppen repräsentativ: 19 bis unter 25 Jahre, 25 bis unter 51 Jahre und 51 bis unter 65 Jahre. Wieviel die Teilnehmer essen und trinken, wurde mit einem einmal wiederholten 24-Stunden-Recall mit einer speziellen Software (Globo Diet) durchgeführt. Das heißt, die Teilnehmer wurden befragt, was sie am Tag davor gegessen und getrunken haben. Um diese Daten abzusichern, wurden sie ein zweites Mal zu ihren Essgewohnheiten interviewt. Damit die Testpersonen die Portionsgrößen und Mengen besser abschätzen können, wurden Fotobücher von Speisen und Lebensmitteln verwendet. Die Befragung erfolgte nach Vorgaben der European Food Safety Authority (EFSA). Wieviel Energie und Nährstoffe in den einzelnen Speisen stecken, wurde mit Hilfe des Bundeslebensmittelschlüssels ausgewertet und für die Brechnungen zur Aufnahme herangezogen.
Wissenswert
Eine repräsentative Stichprobe ermöglicht es, aus einer kleineren Auswahl Aussagen über eine größere Menge zu treffen. Dabei spielt es vor allem eine Rolle, wie die Stichprobe zusammengesetzt ist.
Fazit
Der Ernährungsbericht gibt ein umfassendes Bild der aktuellen Ernährungssituation der österreichischen erwachsenen Bevölkerung. Dabei zeigt sich, dass Frau und Herr Österreicher gerne essen, tendenziell zu fett und zu süß, jedoch bei Obst- und Gemüse sowie Getreide noch kräftiger zulangen dürfen.
Literatur
Bundesministerium für Gesundheit und Frauen: Österreichischer Ernährungsbericht 2017: www.bmgf.gv.at/home/Ernaehrungsbericht2017 (Zugriff am 11.11.2017)