Ernährungsbildung in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Die Länder Deutschland, Österreich und Schweiz verbindet nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch ein vergleichbarer Lebensstil. Die Ernährungs- und Bildungssysteme ähneln sich ebenfalls. Dennoch wird die schulische Ernährungsbildung unterschiedlich gehandhabt. Die Landesleiterinnen vom D-A-CH Arbeitskreis zur Hochschuldidaktik Prof. Dr. Kirsten Schlegel-Matthies von der Universität Paderborn, Prof. Rim Abu Zahra-Ecker, MA BEd von der PH Oberösterreich und Doz. Susanna Holliger von der PH Bern gaben bei f.eh im Dialog einen Einblick in die jeweilige Bildungssituation. Die Expertinnen sind sich einig: Ein Ausbau der Ernährungsbildung für alle 10- bis 14-Jährigen würde die Chancengleichheit fördern.
Deutschland: Ernährung hauptsächlich Wahlpflichtfach
In den allgemeinbildenden Schulen ist Ernährungsbildung in der Regel im Wahlpflichtbereich angesiedelt. Fachdidaktische Konzepte wie die Reform der Ernährungs- und Verbraucherbildung (REVIS) sind in den Bildungsplänen entweder nicht oder fehlerhaft enthalten, obwohl sie im Rahmen der Umstellung auf kompetenzorientierte Lehrpläne als Grundlage für die Lehrplanentwicklung definiert wurden. Generell ist Ernährungsbildung in Deutschland vorwiegend in jenen Schul¬stufen verankert, die nicht auf ein Hochschulstudium vorbereiten. Ein gesichertes Ernährungsbildungsangebot ist nicht für alle Kinder und Jugendlichen gegeben.
Österreich: Nur in Mittelschule eine Stunde verpflichtend
In den österreichischen Grundschulen wird Ernährungs- und Verbraucherbildung im Sachunterricht über die Themengebiete Gemeinschaft, Natur und Wirtschaft aufgegriffen. In den weiterführenden Schulen gibt es unterschiedliche Situationen. An der AHS-Unterstufe sind „Ernährung und Haushalt“ – ähnlich wie in Deutschland – nicht als Pflichtgegenstand verankert. Es kann zwar die unverbindliche Übung Ernährung angeboten werden, aber das scheitert praktisch an der fehlenden Ausstattung der Gymnasien mit Schulküchen. In den Mittelschulen wiederum ist „Ernährung und Haushalt“ ein Pflichtgegenstand und im Entwurf des Neuen Lehrplans weiterhin mit einer Wochenstunde in der sechsten Schulstufe vorgesehen.
Schweiz: Kompetenzerwerb für alle
Seit der Einführung des Deutschschweizer Lehrplans 21 (D-LP21) für die Volksschule im Jahr 2014 erfährt die hauswirtschaftliche Bildung eine Neuakzentuierung und wird durch das REVIS-Curriculum maßgeblich mitbestimmt. Fachliche und überfachliche Kompetenzen in Ernährung und Konsum werden über alle Schuljahre inklusive Kindergarten kumulativ aufgebaut, wodurch jedes Kind verpflichtend Unterricht in der Ernährungs- und Verbraucherbildung erhält. Somit durchlaufen Lernende einen verständnisorientierten Lernprozess und können über mehrere Jahre Kompetenzen aufbauen, die für die Bewältigung von Situationen im Alltag notwendig sind.
Die Zusammenfassungen der Referentinnen können Sie hier als Gesamt-Dokument herunterladen: PDF
Fazit
Mit dem Essen beschäftigt sich jeder Mensch mehrmals täglich. Eine gute Ernährungs- und Verbraucherbildung ermöglicht es, Herausforderungen des Ernährungsalltags kompetent und reflektiert bewältigen zu können. Während in Deutschland und Österreich ein umfassendes Konzept für Ernährungsbildung von Experten noch gefordert wird, ist dieses mit dem Lehrplan 21 in der Schweiz bereits umgesetzt. Eine strukturelle Verankerung in allen Schultypen und –stufen wäre wünschenswert, um den Erwerb dieser Alltagskompetenzen für alle Kinder sicher zu stellen.
Buchtipp
Angele C, Buchner U, Michenthalter J, Obermoser S & Salzmann-Schojer K:
Fachdidaktik Ernährung. Ein Studienbuch. utb Verlag, Stuttgart (2021).
Mit Gastbeiträgen von Rim Abu Zahra-Ecker & Ines Brunhuber, Maria Magdalena Fritz, Maria Lerchbaumer & Martina Überall, Marlene Wahl & Dorota Majchrzak, Ines Waldner – sowie unter Mitarbeit von Tamara Strasser (Kap. Unterricht planen).