Essen für zwei?
Der Mehrbedarf an Nährstoffen in Schwangerschaft ist für den Aufbau des fetalen Gewebes erforderlich. Zudem erfordern metabolische und physiologische Veränderungen während dieser Lebensphasen eine Anpassung der Ernährung
Metabolische und physiologische Veränderungen während der Schwangerschaft
Gesamtkörperwasser steigt an | bis zum Ende der Schwangerschaft um bis zu 8 l |
Blutvolumen steigt an | um ca. 35 – 40 % |
Gesamtplasmaprotein sinkt | v.a. durch die verminderte Albuminkonzentration |
Blutlipide (VLDL, LDL, HDL, TG) steigen an | durch den Anstieg von Östrogen, Progesteron und anderen Plazentahormonen |
renaler Plasmadurchfluss steigt an glomeruläre Filtrationsrate steigt an | dadurch verstärkte Ausscheidung von Glukose, Aminosäuren und wasserlöslichen Vitaminen |
Plasmaspiegel bestimmter Mikronährstoffe sinkt | Eisen, Vitamine B12, B6, B2, C, Folsäure |
Plasmaspiegel bestimmter Mikronährstoffe steigt an | Vitamin E, ß-Carotin |
Quelle: Elmadfa und Leitzmann, 2004
Gewichtszunahme abhängig vom Ausgangsgewicht
Etwa ab der zehnten Schwangerschaftswoche ist eine deutliche Gewichtszunahme beobachtbar. Dabei machen Fötus, Fruchtwasser und Plazenta weniger als die Hälfte der Gewichtszunahme aus. Der größere Teil ist auf die Anlage von Fettdepots (als Energiereserve für die Stillzeit), den Anstieg des Körperwasser (Blutvolumen, Gewebsflüssigkeit) und auf die Gewichtszunahme von Uterus und Brustdrüsengewebe zurück zu führen.
Die gesamte Gewichtszunahme während der Schwangerschaft ist von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Je nach Ausgangsgewicht wird eine Gewichtszunahme von 7 – 18 kg als normal betrachtet. Geringere oder höhere Gewichtszunahmen sind mit bestimmten Risiken für das Kind verbunden. Sowohl fetale Unter- wie Überernährung erhöhen das Risiko der Kinder für Adipositas, Typ-2-Diabetes und koronare Herzkrankheiten.
Das Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund gibt Richtwerte für die Gewichtszunahme während der Schwangerschaft an:
- Untergewicht (BMI: unter 18,5): 12,5 – 18,0 kg Gewichtszunahme
- Normalgewicht (BMI: 18,5–24,9): 11,5 – 16,0 kg Gewichtszunahme
- Übergewicht (BMI: über 25): 7 – 11,5 kg Gewichtszunahme
Da die Gewichtszunahme erst ab etwa der zehnten Woche einsetzt, wird auch erst ab diesem Zeitpunkt eine erhöhte Zufuhr an Nahrungsenergie empfohlen. Schwangere müssen dabei aber keineswegs nur "für zwei essen". Etwa 250 kcal mehr pro Tag sind ausreichend. Viel wichtiger als die Energiezufuhr, ist die Berücksichtigung einer hohen Nährstoffdichte. Denn im Verhältnis zum Energiebedarf steigt der Bedarf an einigen Nährstoffen deutlich stärker. Damit Mutter und Kind gut versorgt sind, sollten vitamin- und mineralstoffreiche Lebensmittel gegessen werden. Ab dem vierten Schwangerschaftsmonat erhöht sich der Eiweißbedarf.
Ideale Kombinationen sind:
- Müsli mit fett armer Milch
- Magerjoghurt oder Buttermilch mit frischen Früchten
- Vollkornbrot und Vollkorngebäck mit magerer Wurst/Schinken und Käse
- Brot mit Hummus und Tomate
- Kartoffeln mit Ei und Spinat
- Blattsalat mit gegrillten Putenstreifen
- Saibling mit Brokkoli und Risipisi
Eine ausreichende Versorgung mit Folsäure ist wesentlich für das optimale Wachstum des Kindes. Frauen mit Kinderwunsch (und solche, die schwanger werden könnten) sollen daher auf eine ausreichende Versorgung mit diesem Vitamin achten. Am besten sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt über eine zusätzliche Einnahme von Folsäure-Supplementen.
Gute Folatquellen sind:
- Gemüse, insbesondere grüne Gemüsesorten wie Salat, Spinat, Fenchel, Brokkoli und diverse Kohlarten
- Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen, Erbsen, Kichererbsen)
- Vollkornprodukte (Brot, Gebäck, Müsli, Getreidekeime, Vollkornteigwaren, …); Feinvermahlene Vollkornprodukte werden besser vertragen.
- Obst (Erdbeeren, Himbeeren, Orangen, Bananen)
- Nüsse
- Milchprodukte
Wissenswert
Folsäurepräparate oder mit Folsäure angereicherte Lebensmittel enthalten idealerweise auch Vitamin B12. Denn Folsäuresupplemente können eine bestimmte Form der Anämie verdecken, die auf einem Vitamin B12-Mangel beruht.
Metabolic Programming: Angeboren aber nicht vererbt
Ungünstige Bedingungen während der Schwangerschaft, wie Übergewicht, Bluthochdruck oder Schwangerschaftsdiabetes können den Stoffwechsel des ungeborenen Kindes so nachhaltig beeinflussen, dass bereits hier der Grundstein für ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krankheiten gelegt wird. Das Kind kommt dann mit einer entsprechenden Veranlagung auf die Welt, die zwar angeboren, aber nicht vererbt ist. Doch hier kann aktiv gegengesteuert werden. So verringert zum Beispiel Sport in der Schwangerschaft das Risiko für Gestationsdiabetes und der Verzicht auf das Rauchen verhindert fetale Unterernährung.
Vorlieben und Abneigungen werden schon im Mutterleib geprägt
Viele wissen zwar, dass die Vorliebe für Süßes angeboren ist, aber nur wenigen ist bewusst, dass die Ernährungsgewohnheiten der Mutter bedeutenden Einfluss auf die spätere Entwicklung von Lebensmittelvorlieben und -abneigungen ihrer Kinder haben. Wie das? Untersuchungen haben folgendes gezeigt: Kinder, die bereits über die Amnionflüssigkeit verschiedenen Geschmackseindrücken ausgesetzt waren, akzeptierten später viel eher neue, unbekannte Lebensmittel im Speiseplan. Ein abwechslungsreiche Lebensmittelwahl in der Schwangerschaft ist daher bereits ein wesentlicher Faktor, der die späteren Essgewohnheiten der Kinder beeinflusst. Dasselbe Ergebnis erhielt man übrigens auch für die Muttermilch.
Das Bundesministerium für Gesundheit hat für Schwangere einen Folder sowie ein Plakat mit den wichtigsten Ernährungstipps zusammengestellt.
Literatur
Elmadfa I, Leitzmann C: Ernährung des Menschen. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart (2004).
Österreichisches Bundesministerium für Gesundheit: Die Ernährungspyramide in der Schwangerschaft; www.bmg.gv.at (Zugriff: September 2014)
www.richtigessenvonanfang.at (Zugriff: September 2014)
Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund: www.fke-do.de (Zugriff: September 2014)