03.05.2012 von Dr. Marlies Gruber

Glutamat als Geschmacksverstärker

Glutamat wird im großen Stil zum Würzen von Speisen angewendet. Kritiker äußern jedoch immer wieder Bedenken, Glutamat könnte gesundheitsschädlich sein - bei genauem Hinschauen sind die Sorgen jedoch unbegründet.

Als Glutamate werden im allgemeinen Sprachgebrauch die Salze der Aminosäure Glutaminsäure bezeichnet. Glutaminsäure wiederum ist eine Aminosäure, also ein Eiweißbaustein. Glutamat ist eine natürlich vorkommende Substanz, die in fast allen Lebensmitteln zu finden ist, insbesondere in eiweißreichen Lebensmitteln wie Parmesan, Schinken und Fisch sowie in zahlreichen Gemüsesorten (z. B. Soja und Mais). Lebensmittel, die oft wegen ihres besonderen Aromas verwendet werden, wie Pilze und Tomaten, enthalten große Mengen natürlich vorkommenden Glutamats. Auch im menschlichen Körper kommt Glutamat natürlich vor. Beispielsweise enthalten die Nieren, das Gehirn, die Leber oder auch Muttermilch hohe Glutamatmengen. Zudem übernimmt es im Körper wichtige Funktionen bei der Übermittlung, Speicherung und Verarbeitung von Informationen im Gehirn (sogenannter Transmitter). Ein chinesischer Wissenschafter der Universität in Tokio identifizierte Mononatriumglutamat erstmals als Geschmackskomponente zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Damals gewann man den Geschmacksverstärker in einem zeitaufwendigen Verfahren aus Meeresalgen, die in der traditionellen chinesischen Küche verwendet wurden. Heute wird Glutamat industriell über Fermentationsprozesse hergestellt und zum Würzen von Nahrungsmitteln eingesetzt.

Umami - der fünfte Geschmack        

Typischerweise wird Glutamat Fertiggerichten wie Tiefkühlkost, Gewürzmischungen, Dosen- und Trockennahrung, Salatsoßen und Speisen auf Fleisch- oder Fischbasis zugesetzt. In einigen Ländern steht es sogar als Würzmittel auf dem Tisch. Gebunden in Eiweißen beeinflusst Glutaminsäure das Geschmacksempfinden nicht, freies Glutamat wirkt jedoch als Geschmacksverstärker. Das Aroma des Zusatzstoffes gilt in der japanischen Kultur neben süß, salzig, sauer und bitter als fünfte Geschmacksqualität. Sie lässt sich am besten mit „pikant", „nach Suppe" oder „Fleisch" schmeckend beschreiben. In Fleisch- und Fischkonserven, Fertiggerichten usw. ist generell der Zusatz von 1 % Glutamat erlaubt. Bei Saucen ist die doppelte Menge zugelassen, in Würzmitteln bis zu 50 %. Bei Glutamatkonzentrationen von 0,2 bis 0,8 % entwickelt sich ein angenehmer, leicht salziger Geschmack, der das Eigenaroma der Lebensmittel verstärkt. Zudem enthält Glutamat ca. zwei Drittel weniger Natrium als das haushaltsübliche Kochsalz und wird außerdem in geringeren Mengen eingesetzt. Die Kombination von Glutamat und kleinen Mengen an normalem Salz kann den Gesamtnatriumgehalt um ca. 20 bis 40 % verringern - bei gleichbleibendem Geschmack.

Glutamat - gesundheitsschädlich?    

Gleich vorweggegriffen: Die Verwendung von Glutamat als Zusatzstoff ist unbedenklich - das schlussfolgerten die World Health Organisation (WHO), die Food and Drug Administration (FDA) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft erneut im Jahr 2005. Bei normaler oder sogar glutaminsäurereicher Ernährung ist bei gesunden Menschen kein schädigender Einfluss zu erwarten. Zudem wirken sich hohe Dosen des Zusatzstoffes nicht auf die Glutamatkonzentrationen im Gehirn aus. Auch der Einfluss auf den Blutglutamatspiegel entspricht den normalen physiologischen Schwankungsbreiten. Aufgrund einer Modeströmung Ende der 1940er Jahre wurde Hunderten von Kindern zur angeblichen geistigen Leistungssteigerung bis zu 40 g Glutamat pro Tag über Wochen und Monate hinweg gegeben. Trotz dieser hohen Dosierung wurden weder leistungssteigernde noch toxische Effekte beschrieben. Dennoch warf und wirft der Einsatz von Glutamat immer wieder Fragen nach der Verträglichkeit auf. 

Allergisch?

In den USA gab es zahlreiche Fallberichte, bei denen Unverträglichkeitsreaktionen mit Symptomen wie Prickeln im Gesicht, Nacken, Schultern und Oberarmen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwächegefühl und Herzklopfen nach dem Verzehr von Speisen in chinesischen Restaurants aufgetreten sind. Dadurch manifestierte sich schnell der Begriff "Chinarestaurant-Syndrom". Als mögliche Ursache der Beschwerden wurde unter anderem auch Glutamat genannt, welches in chinesischen Küchen eine stärkere Verwendung findet als anderswo. Allerdings stammen diese Berichte fast alle aus den USA und nicht aus dem asiatischen Bereich, wo erheblich größere Mengen an Glutamat verzehrt werden. Außerdem zeigten sich die Unverträglichkeitsreaktionen auch nach dem Essen in nichtchinesischen Restaurants. Doppelblindversuche an Personen, die angaben, das Chinarestaurant-Syndrom trete bei ihnen auf, ergaben keinen Hinweis auf Glutamat als Ursache - so lautete 1987 das Ergebnis des wissenschaftlichen Beratungsgremiums JECFA (Joint Expert Committee on Food Additives) der FAO/WHO. Andere Studien haben gezeigt, dass allergische Reaktionen nach asiatischem Essen viel öfter mit anderen Zutaten wie Garnelen, Erdnüssen, Gewürzen und Kräutern in Zusammenhang stehen.
Trotzdem kann heute noch nicht ausgeschlossen werden, dass es Personenkreise gibt, die sensibel auf Glutamat reagieren. Hier empfiehlt die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung), besonders auf die Kennzeichnung der Lebensmittel zu achten, bzw. glutamathältige Lebensmittel zu meiden.

Gekennzeichnet

Für die Verwendung in Lebensmitteln sind sechs Glutaminsäureverbindungen als Zusatzstoffe zugelassen. Diese sind unter den E-Nummern E 620 bis E 625 ausgewiesen. Gemäß der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) ist der Klassenname (Geschmacksverstärker) gefolgt von der Verkehrsbezeichnung (Name der betreffenden Glutaminsäureverbindung oder entsprechende E-Nummer) anzugeben. Das bedeutet in der Praxis: wenn einem Lebensmittel z.B. Mononatriumglutamat enthält, muss diese Verbindung in der Zutatenliste mit der Kennzeichnung "Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat" oder "Geschmacksverstärker E 621" aufgeführt sein. Es ist also in jedem Fall eine Einzelkennzeichnung erforderlich. Auch Lebensmittel ohne Zutatenliste (z. B. lose Ware) müssen durch die Angabe "mit Geschmacksverstärker" an oder bei der Ware oder als Aushang gekennzeichnet sein.

Fazit

Glutamat als Geschmacksverstärker wird nach wie vor kritisch beäugt und immer wieder werden gesundheitliche Bedenken diskutiert. Doch die Sorgen sind unbegründet: Der Zusatzstoff Glutamat (E 620 - E 625) kann in Lebensmitteln gefahrlos verwendet werden. Die „fünfte" Geschmacksrichtung verstärkt das Eigenaroma der Lebensmittel und ermöglicht sogar eine Reduktion des Salzgehaltes.

Mehr zum Thema:

Wieser M: Glutamat: Schwarzes Schaf oder weiße Weste? ernährung heute 6:11 (2007).

Literatur

The European Food Information Council (EUFIC): www.eufic.org/de

Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): www.dge.de

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