Jod – Risikonährstoff in der Schwangerschaft
Jod gehört neben Vitamin D, Folsäure, Kalzium und Eisen zu den Risikonährstoffen der österreichischen Bevölkerung. Der Bedarf des Spurenelements ist vor allem während der Schwangerschaft und Stillzeit erhöht. Laut den D-A-CH Referenzwerten sollten Schwangere täglich rund 230 μg Jod aufnehmen. In der Stillzeit steigt der Bedarf sogar auf 260 μg am Tag. Normalerweise sind es für Erwachsene bis 50 Jahre 200 µg pro Tag. Die Ergebnisse des österreichischen Ernährungsberichtes 2008 zeigen, dass die Aufnahme in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht einmal den grundlegenden Bedarf deckt (186 μg/d). Die Werte liegen also deutlich unter den Empfehlungen für diese Lebensphase.
Wissenswert
Jod ist wichtig für die Bildung der Schilddrüsenhormone T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin) und ist somit für das Funktionieren vieler Stoffwechselprozesse verantwortlich. Darunter: Gehirnentwicklung, Knochenwachstum, Energiestoffwechsel, Herztätigkeit, geistige Leistungsfähigkeit sowie Funktion der Abwehrkräfte.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel der Universitätsklinik für Innere Medizin III gemeinsam mit der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien und der AGES bestätigt das Risiko der Jodversorgung bei Schwangeren in Österreich. Dazu untersuchten die Wissenschaftler die Jod-Harn-Konzentration von 267 Frauen während der Schwangerschaft. Laut WHO liegt kein Jodmangel vor, wenn die Konzentration im Bereich von 150–249 μg/l liegt. Bei der untersuchten Stichprobe war das jedoch nur bei 14 % der Fall. Der Großteil der Frauen (81 %) hatte deutlich niedrigere Werte. Nur rund 5 % des Studienkollektivs wies höhere Jod-Werte auf. Der Jodmangel war auch dann vorhanden, wenn die Frauen während der Schwangerschaft Supplemente nahmen. „Das lässt den Schluss zu, dass Frauen bereits dann vermehrt Jod zu sich nehmen sollten, wenn sie planen, schwanger zu werden“, sagen die Studienautoren Heidelinde Lindorfer und Alois Gessl von der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien.
Präventionsmuffel?
Von den 246 interviewten Schwangeren gab ein Drittel an, keine Vitamine oder unterstützende Präparate wie etwa Folsäure zu schlucken. Von den restlichen zwei Drittel nahm nur jede Zweite ein Jod-haltiges Präparat. „Die meisten Frauen sind sich der Bedeutung von Jod in der Schwangerschaft nicht ausreichend bewusst. Aber auch die Gesundheitsbehörden sind hier gefragt“, so Lindorfer und Gessl. Im Gegensatz zu Deutschland, wo es allgemeine Empfehlungen zu Jodsupplementen in der Schwangerschaft gibt (100–150 μg/d), ist dies in Österreich bis dato nicht der Fall. Nur im Einzelfall wird die Jodaufnahme mit dem Arzt abgesprochen.
Folgen eines Jodmangels
„Vor, während und nach der Schwangerschaft ist Jod aber extrem wichtig für die Gehirnentwicklung des Embryos. Schon ein milder Jod-Mangel beeinträchtigt die intellektuelle Entwicklung des Kindes; die Verringerung des Intelligenzquotienten um immerhin ein paar Punkte konnte in rezenten Studien in Großbritannien und Australien nachgewiesen werden“ so die Studienautoren. Kretinismus, ist die extremste Ausformung von Jod-Mangel. Dabei kommt es zu Stoffwechselveränderungen, Missbildungen des Skeletts und einer Schilddrüsenunterfunktion. Dieses Krankheitsbild ist in Österreich jedoch gänzlich verschwunden.
Wo ist Jod enthalten?
Wichtige Quellen von Jod sind vor allem Meeresfische, Milch und Milchprodukte sowie Eier. Spitzenreiter bei den Fischen sind Kabeljau, Meeräsche und Schellfisch (150–300 μg/100 g). Einen mittleren Jod-Gehalt von 30–100 μg/100 g weisen Lachs, Köhler und in Öl eingelegte Sardinen auf. Die für die Schwangerschaft empfohlene Zufuhr von 230 μg/d wird zum Beispiel gedeckt mit drei Scheiben Bergkäse, einem Becher Joghurt und einer 150g-Portion Seelachs. Zur Jodprophylaxe wird zudem Speisesalz mit Jod angereicht. In Österreich erfolgt das seit 1963. 1990 wurde der Gehalt von 10 mg auf 20 mg Kaliumjodid pro kg Salz erhöht. Dennoch liegt die Anreicherung deutlich unter den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (20–40 mg pro kg Salz) und im weltweiten Vergleich zählt Österreich zu den Staaten mit der niedrigsten Salzjodierung. Alternative Salze wie Meeressalze oder Himalaya-Salz sind übrigens nicht jodiert.
Auch bei Diabetes ist die Jodversorgung relevant. Mehr zum Thema „Jodversorgung und Diabetes“ lesen Sie in der eh 2_2008.
Literatur
Lindorfer H, Krebs M, Kautzky-Willer A, Bancher-Todesca D, Sager M, Gessl A: Iodine deficiency in pregnant women in Austria. European Journal of Clinical Nutrition (2014).
Medizinische Universität Wien: Jodmangel beeinträchtigt die Gehirnentwicklung des Embryos. Presseinformation (2015).
www.meduniwien.ac.at/homepage/news-und-topstories/
Elmadfa I: Ernährungslehre. 2 Auflage. Ulmer UTB. (2009).
Seper K, Wöst N, Dieminger B: Richtig essen von Anfang an! Basisliteraturbericht Ernährung in der Schwangerschaft. Update 2013/2014. AGES, BMG & HVB (2014).
D-A-CH. Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. 1. Auflage, 5. korrigierter Nachdruck. Frankfurt am Main, Umschau/Braus; 2013.
Elmadfa I et al: Österreichischer Ernährungsbericht 2012, 1. Auflage, Wien (2012).