Mispeln – vergessenes Winterobst
Keine heimische Frucht reift später. Wenn die Tage kürzer und die Nächte rauer werden, entwickelt die Mispel ihren typischen Geschmack. Als aromatische Spätzünder könnte man sie bezeichnen. Denn pflückt man Mispeln zu früh, sind die steinharten Früchte alles andere als ein kulinarischer Genuss. Sie schmecken säuerlich schal und hinterlassen einen unangenehm pelzigen Belag auf der Zunge. Erst Väterchen Frost lässt das Fruchtfleisch batzig und süß werden.
Wertvolles Winterobst
Entgegen ihrer lateinischen Bezeichnung „Mespilus germanicus“ stammt die Mispel ursprünglich aus Westasien und hat sich im Laufe der Zeit Richtung Kaukasus, Ukraine, Bulgarien und Griechenland ausgebreitet. Auf dem Handelsweg gelangten die außergewöhnlichen Früchte auch nach Kanada, Amerika, Südamerika sowie Neuseeland und in Teile Afrikas. In Europa waren Mispelbäume früher weit verbreitet und schmückten beinahe jeden Garten. Die braunen Früchte erfreuten sich damals großer Beliebtheit. Aufgrund ihrer Spätreife galten Mispeln als genussvolles Zubrot in der kalten Jahreszeit, das verkocht und haltbar gemacht wurde. Mit der Zeit geriet das Obstgehölz jedoch in Vergessenheit. Nun kommen alte Wildobstsorten wieder in Mode, darunter auch die Mispel.
Je brauner, desto besser!
Im Herbst wechselt die Blattfarbe von mattgrün auf orange-gelb und die kugeligen Früchte beginnen zu reifen. Sie bleiben selbst nach dem Blattabwurf am Baum und überdauern dort die ersten Frostnächte. Je nach Reifegrad färbt sich das zuvor grünliche Obst braun. Vollreife Mispeln weisen eine ledrige, dunkel gefleckte Schale auf. Ihr bräunliches Fruchtfleisch wird teigig und erinnert durch ihren süßlich-herben Geschmack an Apfelmost. Wer die Mispeln bereits vor dem ersten Frost ernten möchte, lässt sie am besten auf Stroh in einer Obststeige mindestens vier Wochen nachreifen, bis sie weich und braun sind. Dann können sie roh genossen oder zu Mus, Kompott oder Marmelade verarbeitet werden.
Wissenswert
Mispeln weisen einen hohen Gehalt an Gerbstoffen auf. Deshalb werden ihnen wohltuende Eigenschaften bei Magen-Darm-Beschwerden nachgesagt. Wissenschaftlich bewiesen sind diese Wirkungen allerdings nicht. Zudem sollen die Früchte vor allem durch ihren hohen Gehalt an Vitamin C punkten. Allerdings stimmt das nicht, denn das Wildobst enthält lediglich 2 mg Vitamin C/100 g.
Beliebt in der Küche
Für den rohen Genuss ritzt man die zähe Haut mit einem Messer kreuzweise ein und zieht sie sternförmig ab. Wer es einfacher handhaben möchte, löffelt das weiche Fruchtfleisch direkt aus der Schale. Aufgrund ihres hohen Pektingehaltes eignet sich die Mispel hervorragend zum Einkochen von Marmeladen und Gelees. Generell verstärken Zimt, Zitrone, Ingwer und Honig das Eigenaroma der Wildfrucht. Sie schmeckt aber nicht nur eingeweckt, sondern auch als Sauce mit Rotwein, eingelegt, als Kompott oder karamellisiert. Als Chutney oder passiert harmoniert die Mispel gut mit Lamm-, Wild- und Rindfleisch. Mispelmus z. B. ist schnell gemacht: Die Früchte vierteln und in Wasser einige Minuten weich kochen. Den Fruchtbrei anschließen durch ein Sieb streichen und mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer nach Belieben würzen. Zudem wertet ihr süßlich-herber Geschmack Desserts wie Cremes, Vanilleeis oder Obstsalate auf. Auch Hochprozentiges wie Likör oder Brand wird gerne aus den braunen Früchten hergestellt. Im Kühlschrank bleiben Mispeln im Gemüsefach ca. zwei Wochen frisch.
Wissenswert
Die Japanische Wollmispel ist eine Verwandte der Mispel und wird hauptsächlich in Spanien und der Türkei angebaut. Ihre walnussgroßen gelblichen Früchte können sofort verzehrt werden und schmecken süß und angenehm mild.
Zipfeliges Wildobst
Gartenfreunde schätzen die Pflanze wegen ihrer bizarren Wuchsform: klein, krumm mit einer breiten, ausladenden Baumkrone. Botanisch gesehen, zählt die Mispel neben Äpfeln, Birnen, Hagebutten und Kirschen zu den Rosengewächsen. Mispeln stehen von Mai bis Juni in voller Blüte. Typisch für die Wildfrucht ist die Fruchtkrone aus fünf vertrockneten Kelchzipfeln. Dadurch erinnert die Mispel stark an riesige Hagebutten. Für den Eigenanbau stehen heutzutage vor allem großfruchtige, kernlose Sorten hoch im Kurs. Wer sich die Mispel nach Hause holen möchte, kann zwischen verschiedenen ertragreichen Arten wählen:
- u.a. „Nottingham“: große gelbliche Früchte mit dunklem Fruchtfleisch, frühreifend (September);
- „Ungarisch“: Strauchartiger Wuchs, leicht kegelförmige Frucht, frühreif (September);
- „Royal“: Strauchartiger Wuchs, kleine, kugelige Früchte, reift ab Oktober;
- „Kernlos“: schwacher Wuchs, kernlose, kleine süße Früchte, reift ab Oktober/November.
Rezepttipp:
Mispelchutney
Zutaten für 6 Gläser:
2 kg Mispeln
500 g Zwiebel
4 Knoblauchzehen
Ingwer
1 kg brauner Zucker
1 l Essig
4 TL Salz
3 TL schwarzer Pfeffer
3 TL Chiliflocken
2 TL Zimt
1 TL Cayennepfeffer
Zwiebel, Knoblauch und Ingwer fein hacken. Mispeln vierteln, den Stielansatz abschneiden und die Kerne herauslösen. Die Haut mit einem Messer abziehen. Mispeln klein würfeln. Alle Zutaten in einem Kochtopf vermischen und aufkochen lassen. Das Chutney bei niedriger Temperatur köcheln, bis es dickflüssig wird.
Heißes Chutney in Weckgläser füllen, zuschrauben und sofort auf den Kopf stellen und auskühlen lassen. Lagerzeit: ca. zwei Jahre.
Quelle: Laue F: Die Mispel, eine wunderschöne historische Nutzpflanze. Landratsamt Roth - Kreisfachberatung für Gartenbau und Landespflege (2014).
Literatur
Flowerdew B: Meine Vorratskammer. Christian Verlag, München (2010).
Planer J: Mispel - Mespilus Germanicus. Bundeszentraum für Ernährung (2017). www.bzfe.de/inhalt/mispel-28855.html (Zuletzt abgerufen am 18.10.2017)
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung: Mispel – Pflanzensteckbrief (2017). www.ble.de/DE/BZL/Themen-kompakt/Rund-um-den-Garten/EssbarerGarten/Pflanzensteckbriefe/Obst/Mispel.html (Zuletzt abgerufen am 18.10.2017)
FOOD – Die ganze Welt der Lebensmittel. Teubner Verlag, München (2011).
Nutritional-Software.at: Nährwert-Suche. (Letzter Zugriff am 19.10.2017)
Planzenfreund.com: Mespilus. (Letzter Zugriff am 18.10.2017)
DK: Das große Buch der Lebensmittel. Dorling Kindersley Verlag, München (2012).