09.08.2018 von Johanna Donabaum

Prämenstruelles Syndrom: Alkohol als Ursache?

Das prämenstruelle Syndrom – kurz PMS – ist vielen Frauen ein leidiger Begriff. Unterleibsschmerzen, Schlappheit oder Stimmungsschwankungen treten pünktlich vor der Periode auf und beeinträchtigen die Lebensqualität maßgeblich. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt nun: Einige der Fälle sind wohl vermeidbar. Welche Rolle spielt Alkohol dabei?

Fast jede dritte Frau im gebärfähigen Alter leidet regelmäßig unter Abgeschlagenheit, Bauchschmerzen, Verdauungsproblemen, Heißhungerattacken oder Stimmungsschwankungen. Das prämenstruelle Syndrom (PMS) tritt monatlich einige Tage vor der Regelblutung auf und kann sich bis zum Beginn des folgenden Zyklus hinstrecken. In Summe kann der Symptomkomplex bis zu 3000 Tage im Leben einer Frau einnehmen. Bei nahezu jeder Zweiten sind die Beschwerden gar so stark, dass sie regelmäßig zu Schmerzmitteln greifen muss. Manche suchen Trost bei Wein und Bier.

Wissenswert

Eine besonders starke Form von PMS ist die sogenannte Prämenstruelle Dysphorische Störung (Englisch: Premenstrual Disphoric Disorder, kurz PMDD). Leitsymptom ist hier die starke mentale Veränderung im Vergleich zum Rest des Monats. Es kommt neben den typischen PMS-Symptomen wie Unterleibsschmerzen auch zu depressiven Verstimmungen, starken Stimmungsschwankungen oder Angstzuständen. 

Weshalb PMS entsteht, ist schon lange Gegenstand der Forschung. Dabei rückt Alkohol seit einigen Jahren immer stärker in den Fokus. Nun wurde kürzlich die erste umfangreiche Übersichtsarbeit zu diesem Thema veröffentlicht. Eine Gruppe spanischer und britischer Wissenschaftler fasste in einer Metaanalyse 19 Studien zusammen. Dabei wurden Daten aus acht verschiedenen Ländern untersucht, wobei zwei Drittel aller Studien aus den USA stammten. Auch Asien, Australien und Europa waren vertreten. Das Ergebnis: Ja, es gibt einen Zusammenhang zwischen PMS und Alkoholkonsum. Endgültig bestätigt ist allerdings noch nicht, ob Alkohol die Beschwerden hervorruft oder ob die Beschwerden der Grund für das stärkere Trinken sein könnten.

Eine Frage der Menge    

Laut den Studienautoren hängen europaweit bei jeder fünften betroffenen Frau die PMS-Symptome mit ihrem Trinkverhalten zusammen. Entscheidend ist dabei vor allem die Menge – in der Studie wurde zwischen keinem, geringem, moderatem und starkem Alkoholkonsum unterschieden. In die Kategorie der „starken Trinkerinnen“ fielen jene Frauen, die täglich mehr als ein Getränk mit landesüblich durchschnittlichem Alkoholgehalt konsumierten. Hierzulande entspricht ein solcher Drink etwa 10 g Alkohol. Das ist beispielsweise ein Achtel Wein oder ein Seidel Bier. Der Vergleich zu den Abstinenzlerinnen zeigt: Wird Alkohol getrunken, steigt die Wahrscheinlichkeit, prämenstruelle Beschwerden zu haben um 45 %. Trinkt man regelmäßig mehr als das tägliche Gläschen, steigt das PMS-Risiko sogar um knappe 80 %. Die Wissenschaftler kalkulieren weiter: Würden Frauen künftig generell nicht mehr als ein Glas pro Tag trinken, könnte womöglich jeder zwölfte PMS-Fall in Europa gänzlich vermieden werden. Für diese Schätzung wurden zusätzlich Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herangezogen. Demnach trinken mehr als die Hälfte aller Europäerinnen regelmäßig Alkohol, der Anteil an starken Trinkerinnen liegt bei fast 13 %.

Alkohol wirft Hormonspiegel aus der Bahn

Doch was hat nun Alkohol mit den zyklusbedingten Beschwerden zu tun? Dafür gibt es mögliche Erklärungen auf hormoneller Ebene. Schaut man zu tief ins Glas, geraten die Geschlechtshormone aus dem Gleichgewicht. Ebendiese schwanken auch bei PMS stärker als üblich. Alkohol beeinflusst also möglicherweise auf diesem Weg das PMS-Auftreten. Außerdem könnte Alkohol das Risiko für PMS erhöhen, weil er die Konzentration der Botenstoffe Serotonin und Gamma-Aminobuttersäure beeinflusst. Denn einerseits reagieren Frauen mit veränderten Spiegeln dieser Hormone empfindlicher auf Alkohol, andererseits sind diese Werte bei Frauen mit PMS nicht im Lot. Der genaue Mechanismus dahinter ist nicht vollständig klar. Sicher ist jedoch, dass ebendiese Hormone sowohl beim Alkoholtrinken als auch bei PMS-Betroffenen aus der Bahn geraten. In anderen Worten: Je mehr man trinkt, desto eher kommen die Hormonsysteme aus der Balance und desto eher leidet infolgedessen die körperliche und seelische Befindlichkeit darunter – genauso wie bei PMS.

Henne oder Ei?

Für einen moderaten Zusammenhang zwischen PMS und Alkoholkonsum gibt es eine gute epidemiologische Beweislage. Doch trotz der sorgfältigen Studiendurchführung und der Vielzahl an untersuchten Daten, bleiben gewisse Fragen offen. Die Autoren erwähnen selbst kritisch: Nur bei einem Drittel der untersuchten Studien wurde sichergestellt, dass Zigarettenrauchen die Ergebnisse nicht verzerrt. Denn auch Nikotin ist mit PMS assoziiert und könnte bei rauchenden Studienteilnehmerinnen somit für ihr PMS (mit)verantwortlich sein. Daher haben die Wissenschaftler in einer weiteren Berechnung zusätzlich den Einfluss von Nikotin mitberücksichtigt. Selbst dann kommt alleine dem Alkohol immer noch eine 38 prozentige Risikoerhöhung zu. Außerdem wurde in einigen der untersuchten Fälle die Alkoholaufnahme nur zum Zeitpunkt des PMS-Auftretens gemessen. Wie eingangs erwähnt, wäre es also denkbar, dass Frauen mit PMS aufgrund ihrer Symptome Alkohol trinken, um diese zu dämpfen. PMS ist dann nicht die Folge des Alkoholtrinkens, sondern der Grund dafür.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist weitere Forschung in diesem Gebiet also wünschenswert. So könnten die bisherigen Ergebnisse noch mit Aussagekraft untermauert und präzisere Empfehlungen zur Alkoholmenge ausgesprochen werden.

PMS lindern

Betroffenen Frauen kann es mit einer Anpassung ihres Lebensstils gelingen, ihr Wohlbefinden zu verbessern. Dies gilt insbesondere für die Zeit vor und während ihrer Tage. Einfache Maßnahmen sind:

  • max. ein alkoholischer Drink pro Tag (ein Achtel Wein oder ein Seidel Bier)
  • leichte körperliche Bewegung
  • Entspannungsübungen und Meditation
  • Nikotin und Koffein einsparen
  • Wärmeflaschen bei Bauchkrämpfen und Rückenschmerzen
  • Bei besonders starken Fällen: Auch Medikamenten können gegen die Beschwerden helfen, gegebenenfalls nach ärztlicher Rücksprache.

Literatur

Fernández MDM, Saulyte J, Inskip HM,Takkouche B:. Premenstrual syndrome and alcohol consumption: a systematic review and meta-analysis. BMJ Open 8 (3): 1-11 (2018)
WHO: Global status report on alcohol and health. (2014)
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Richtwert für Alkohol. www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/alkohol/ (Zugriff am 28.7.2018)
Premenstrual Dysphoric Disorder (PMDD): www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmedhealth/PMHT0024721/ (Zugriff am 16.8.2018)
Premenstrual syndrome: Treatment for PMS: www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmedhealth/PMH0072448/ (Zugriff am 16.8.2018)



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