27.03.2013 von Mag. Nina Grötschl

Richtig ernährt bei COPD

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) - auch „Raucherlunge" genannt - ist eine weltweit unterschätzte Krankheit, die oft erst nach Jahren erkannt wird. Neben der medikamentösen Behandlung spielt die Ernährung bei COPD eine tragende Rolle. Tipps u. a. zur Mahlzeitengestaltung können den Alltag der Betroffenen erheblich verbessern.

COPD ist eine schwerwiegende, nicht heilbare Lungenerkrankung, die durch eine chronische Verengung der Atemwege gekennzeichnet ist. COPD entwickelt sich meist ausgehend von einer chronischen Bronchitis oder einem Lungenemphysem, bei dem die Schleimhaut in den Lungenbläschen zerstört wird. Das Bindegewebe rund um die Bronchien nimmt zu, wodurch sich die Atemwege verengen. Im Lungengewebe bilden sich Narben und zäher Schleim. Weil so Gewebe zerstört wird, ist immer weniger Oberfläche zum Sauerstoffaustausch vorhanden, die Bronchien kollabieren beim Ausatmen, die Lunge überbläht sich und die Atemluft kann nicht abtransportiert werden. Es kommt zu chronisch starkem Husten mit schleimigem Auswurf, das Atmen wird für Betroffene zur Last und die Lungenkapazität nimmt Schritt für Schritt ab. Normale Alltagsbelastungen wie Treppensteigen oder Tätigkeiten im Haushalt fallen Betroffenen zunehmend schwerer.

COPD gilt heute als systemische Erkrankung, die mit zahlreichen Begleiterscheinungen und Organerkrankungen assoziiert ist. Je nach Schweregrad, kann die COPD in Folge auch zu Depressionen, Muskelabbau, Bluthochdruck und zu einer Verkleinerung der linken Herzhälfte führen. Zudem ist das Lungenkrebsrisiko bei COPD-Patienten drei bis viermal so hoch als bei Rauchern ohne Lungenkrankheit.

Weltweite Epidemie   

Nach Herzinfarkt, Schlaganfall und Atemwegsinfektionen liegt COPD momentan an vierter Stelle der häufigsten Todesursachen weltweit. Global leiden rund 600 Millionen Menschen an COPD, davon sind ca. 800 000 Personen in Österreich betroffen. Zudem ist die Dunkelziffer hoch; laut WHO bleiben 75 % aller Erkrankungsfälle unentdeckt, weil sich die Lungenerkrankung oft schleichend über mehrere Jahre entwickelt. Neben jahrelanger Schadstoffbelastung der Lunge begünstigt vor allem Zigarettenrauchen die Infektanfälligkeit der Bronchien. Meist beginnt COPD nach dem 40. Lebensjahr und betrifft in 80 bis 90 % der Fälle Raucher.

Ernährungsstrategie

Neben der medikamentösen Behandlung der COPD (meist Kortisonpräparate, Schleimlöser und Antibiotika), Sauerstofftherapie und Belastungssteigerung durch Bewegung spielt auch die Ernährungstherapie eine wichtige Rolle. Sie kann das Fortschreiten der Krankheit verzögern, das Immunsystem stärken und Untergewicht vorbeugen. Aufgrund der eingeschränkten Atemfunktion und dem Druck in der Brust, essen viele Patienten weniger. Sie nehmen nach und nach ab, ihre Knochen werden instabiler. Betroffene können nicht mehr selbstständig einkaufen, das Kochen fällt ihnen schwer. Die erhöhte Atemfrequenz bei COPD führt zu einem gesteigerten Grundumsatz, der durch ein Mehr an Nahrungsaufnahme ausgeglichen werden muss. Der Energiebedarf für die Atemmuskulatur ist bei COPD-Patienten um 400 bis 800 Kalorien pro Tag höher als bei gesunden Menschen.

Bereits bei einem Body-Mass-Index (BMI) von ≤ 21 muss bei Betroffenen mit Untergewicht gerechnet werden. Für COPD-Patienten gilt ein BMI von 21-25 als ideal. COPD und Osteoporose treten häufig im Duett auf, denn die Entzündungsreaktionen in der Lunge hemmen das Knochenwachstum. Zudem fördern Bewegungsmangel und cortisonhältige Medikamente den Knochenschwund.

Nicht auf den Genuss verzichten           

Bei der Nahrungsmittelauswahl sollten sich COPD-Patienten grundsätzlich an der Ernährungspyramide orientieren. Dabei lautet die Grundregel: Erlaubt ist, worauf man Gusto hat, was schmeckt und bekömmlich ist. Aufgrund der häufig verminderten Muskelmasse sollte die Eiweißzufuhr gegenüber Gesunden leicht erhöht sein. Möchte man Muskelmasse aufbauen, sollten 1,6 g/kg Körpergewicht aufgenommen werden, für den Muskelerhalt sind 1,2 g/kg notwendig. Bei einem eiweißlastigem Speiseplan dürfen Milch- und Milchprodukte, Hülsenfrüchte, mageres Geflügel und Fisch nicht fehlen. Zudem sollten Gerichte eine hohe biologische Wertigkeit (hohe Eiweißqualität) aufweisen. Gute Lebensmittelkombinationen dafür sind z. B.: Kartoffelgröstel mit Ei, Ofenkartoffeln mit Topfen, Kartoffelpürree mit Milch, Vollkornbrot mit Käse oder Müsli mit Milch. Gepökeltes Fleisch ist mit Vorsicht zu genießen. Varraso und Kollegen zeigten, dass die im Fleisch enthaltenen Nitrite in Verdacht stehen, die Entwicklung einer COPD  zu fördern.

Tipps fürs Essen

Lebensmittelversorgung sicherstellen:

  • Einen Lieferdienst engagieren, wenn das selbstständige Einkaufen schwer fällt.
  • Fertiggerichte und Tiefkühlprodukte vereinfachen das Kochen und lassen sich meist rasch im Mikrowellenherd erwärmen.
  • Speisen zubereiten, wenn man weder müde noch hungrig ist.
  • Ein wöchentlicher Speiseplan erleichtert das Kochen: Beilagen für mehrere Tage vorbereiten oder größere Mengen einfrieren.
  • Gebrauchsgegenstände am besten in der Küche weiter oben einsortieren, denn das Bücken erhöht den Druck auf die Lunge.

Wie das Essen leichter fällt:

  • Vor dem Essen den Schleim gründlich abgehusten und ggf. ein schleimlösendes Medikament einnehmen.
  • In Ruhe und angenehmer Umgebung essen; kleine Bissen gründlich kauen. Weiche und flüssige Speisen (z. B. Suppen, Eintöpfe, Breikost) helfen dabei, Hustenanfälle während des Essens zu vermeiden.
  • Mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt essen. Denn ein voller Magen überlastet das Verdauungssystem und kann zu Atemproblemen führen.
  • Spezielle Atemtechniken erleichtern das Atmen während des Essens:
    „Lippenbremse":  So langsam wie möglich gegen den Druck der geschlossenen Lippen ausatmen. Der Atemstrom wird dadurch gebremst und die Bronchien bleiben dabei geöffnet.
    „Kutschersitz": Mit leicht gebeugtem Oberkörper und gespreizten Knien auf einen Stuhl setzten, Oberarme auf die Schenkel abstützen und die Lippenbremse anwenden. So wird das Gewicht des Schultergürtels und der Arme vermindert.
  • Während des Essens öfter das Besteck zur Seite legen; aufgestützte Arme erleichtern das Atmen zwischendurch.
  • Auf die Mundhygiene achten. Denn Zahnprobleme beeinträchtigen das Essen zusätzlich.

Generell:

  • Mindestens zwei Liter pro Tag trinken, damit der Schleim in den Lungen gelockert wird (zimmertemperierte Getränke ohne Kohlensäure, siehe Gasbildung).
  • Auf blähende Nahrungsmittel (z. B. Kohlgemüse, Kraut, Zwiebel) verzichten, da durch die Gasbildung der Druck auf das Zwerchfell und dadurch auf die Lunge erhöht wird.
  • Kalziumreiche Nahrungsmittel in den Speiseplan aufnehmen: z. B. Milch- und Milchprodukte, Brokkoli, Lauch, Sellerie, Haselnüsse, Sesam, Mandeln, Ölsardinen und kalziumreiches Mineralwasser (1000 - 1500 Kalzium/Tag). Praktisches Beispiel, um den Tagesbedarf an Kalzium zu decken: Ein Glas Milch, eine Scheibe Pumpernickel mit 30g Edamerkäse, 200 g Grünkohl und eine Grapefruit.
  • Starke Knochen benötigen genügend Vitamin-D (ca. 800 - 2000 IE/Tag), das der Körper durch Sonnenexposition selbst produzieren kann. Als Faustregel gilt: Hält man sich in der warmen Jahreszeit täglich ca. 5 bis 25 Minuten mit unbedecktem Gesicht, Händen und Teilen von Armen und Beinen in der Sonne auf, ist eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung gewährleistet. Welche Lebensmittel Vitamin-D in bedeutenden Mengen enthalten, lesen Sie hier.
  • Ausreichend Magnesium aufnehmen, um den Muskelaufbau zu unterstützen (300-350 mg/Tag). Magnesiumreiche Lebensmittel sind u. a. Vollkornprodukte, Mais, Kartoffeln, Reis, Haselnüsse, Kerne, Spinat, Milch- und Milchprodukte sowie Fleisch. Der Tagesbedarf an Magnesium kann z. B. durch eine Hand voll Kürbiskerne (100 g) oder einem Zanderfilet (200g) mit Kohlrabi und Erbsen (je 200 g) und einer passierten Banane mit 200 ml Buttermilch gedeckt werden.

  bei Untergewicht:

  • Energiereiche Nahrungsmittel zu Beginn verzehren.
  • Kalorienreiche Snacks und Zwischenmahlzeiten wie passierte Bananen, Joghurt, Nüsse, Smoothies, Topfendesserts und Müsliriegel einbauen und griffbereit halten.
  • Auf die Fettsäurequalität (ungesättigte Fettsäuren) achten: Hierfür eigenen sich u. a. zwei Fischgerichte pro Woche (z. B. Makrele, Lachs oder Hering), pflanzliche Öle für Salate etc. oder Supplementation mittels Fischölkapseln (1 g/Tag).
  • Vitamin- und mineralstoffreiche Lebensmittel mit energiereichen kombinieren: z. B. frischer Salat mit Brot und Käse oder Avocadostreifen.
  • Gerichte mit Rahm, Mascarpone, Honig, Ahornsirup oder Maltodextrin anreichern.
  • Energiereiche Trinknahrung in verschiedenen Geschmacksrichtungen erleichtern die Energieaufnahme zusätzlich.

  bei Appetitlosigkeit:

  • Vorwiegend auf Lieblingsspeisen zurückgreifen, um den Appetit zu fördern.
  • Mahlzeitenstruktur den täglichen Terminen (z. B. Physiotherapie, Arztbesuche) anpassen.
  • Gezielt Kräuter und Gewürze einbauen.

Fazit

Die Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine weit verbreitete Lungenkrankheit. Starker Husten, Schleimauswurf, Atemnot und häufig auch Untergewicht schränken das alltägliche Leben der Betroffenen stark ein. COPD gilt als unheilbar, jedoch kann die richtige Ernährung zum Wohlbefinden beitragen, indem sie das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt und Energiedefizite ausgleicht. Zahlreiche Tipps und Tricks zeigen, wie man Mangelernährung vorbeugen, den Appetit und damit die Lebensqualität bei COPD wieder steigern kann.

Literatur

Prävalenz der Chronisch Obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) in Österreich. Institut für Public health, UMIT Tirol (2012).

Schäfer C: Ernährungstherapie bei COPD. Ernährung im Fokus,03/04: 128-133 (2012).

Petermann W: Osteoporose und COPD. Luftpost - Patientenliga Atemwegserkrankungen e.V. (2006).

WHO: Chronic obstructive disease - COPD. www.who.int/respiratory/copd/en/

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