- Aspartam, Sucralose, Erythrit – wie sicher sind diese Süßungsmittel?
- Birkenzucker (Xylit): die Zuckeralternative für gesunde Zähne und Blutzucker?
- Fruktose und Fettleber: Was die Wissenschaft sagt
- Honig, Agavendicksaft & Co.: Zuckeralternativen im Überblick
- Stevia: alternatives Süßungsmittel
- Brauner Zucker vs. Weißer Zucker: Warum die Farbe keine Rolle spielt
Saccharin, Cyclamat oder Xylit: Süßungsmittel unter der Lupe
Bereits in der Antike kamen Süßungsmittel zum Einsatz. Denn Zucker und Honig waren nicht nur rar, sondern auch teuer. Überlieferungen zufolge griff man bereits im alten Rom auf Zuckerersatz zurück. Defrutum war eingekochter Traubenmost und wurde als universales Süßungsmittel eingesetzt. Bei der Herstellung entstand „Bleizucker“, der mit Saccharin den ältesten heute bekannten Süßstoff enthielt. Cyclamat wurde erstmals im Jahr 1937 beschrieben und bei der Synthese von fiebersenkenden Medikamenten entdeckt. Im Laufe der Jahrzehnte wurden immer mehr künstliche Süßungsmittel, oft per Zufall, aufgespürt.
Was sind Süßungsmittel?
Unter Süßungsmitteln versteht man sowohl natürliche als auch künstliche Verbindungen, die zuckerreduzierten oder -freien Speisen und Getränken süßen Geschmack verleihen und als Tafelsüßstoff (Tabletten, Streusüße, Flüssigsüße) verwendet werden. In das Produktsortiment fallen alkoholfreie Erfrischungsgetränke, Desserts, Süßspeisen, Marmeladen und Konfitüren, Konserven, Senf oder Saucen. Süßungsmittel dienen außerdem als Füllstoff in Nahrungsergänzungsmitteln (in Form von Sirup oder Kautabletten), als Feuchthaltemittel und Emulgatoren. Werden sie in der Lebensmittelproduktion eingesetzt, gelten sie als Lebensmittelzusatzstoffe. In Europa sind die aktuell zugelassenen Süßungsmittel sowie deren Einsatzbedingungen in der Lebensmittelinformationsverordnung – LMIV, Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 – geregelt. Zurzeit sind elf Süßstoffe und acht Zuckeraustauschstoffe zugelassen. Der Einsatz in Bio-Lebensmitteln ist momentan nicht erlaubt.
Wissenswert
Alle in der EU zugelassenen Süßungsmittel sind in dieser Tabelle mit ihrer E-Nummer, der Herstellung und dem Einsatzbereich zusammengefasst.
Süßungsmittel sind klar gekennzeichnet
Als Lebensmittelzusatzstoffe müssen Süßungsmittel klar mit der E-Nummer oder der offiziellen Bezeichnung samt Klassennamen gekennzeichnet sein. So kann beispielsweise Saccharin in der Zutatenliste als „Süßungsmittel: Saccharin“ oder „Süßungsmittel: E 954“ genannt sein. Bei einer Kombination mehrerer Süßungsmittel muss am Etikett „mit Süßungsmitteln“ stehen, enthält das Produkt zusätzlich Zucker, muss es „mit einer Zuckerart und Süßungsmittel“ heißen. Bei Tafelsüßen gilt der Verweis „Flüssigsüße auf der Basis von Saccharin“. Beträgt der Anteil an Zuckeralkoholen im Gesamtprodukt mehr als 10 %, muss der Warnhinweis „kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“ angegeben sein.
Wissenswert
Menschen, die an Phenylketonurie, einer Störung des Aminosäurenabbaus, leiden, sollten auf Produkte mit Aspartam verzichten, da es aus den Aminosäuren Asparaginsäure und Phenylalanin aufgebaut ist. Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist dies durch die Hinweise „enthält Aspartam“, „enthält eine Phenylalaninquelle“ oder „mit Phenylalanin“ ersichtlich.
Süßstoffe sind kalorienfrei
Wie unterscheiden sich nun Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe? Süßstoffe sind natürliche oder künstlich hergestellte Ersatzstoffe, die in flüssiger Form oder in Reinform (Tafelsüße) erhältlich sind. Dazu zählen Acesulfam-K, Advantam, Aspartam, Aspartam-Acesulfamsalz, Cyclamat, Neohesperidin DC, Neotam, Saccharin, Steviolglykoside, Sucralose und Thaumatin.
Sie sind alle kalorienfrei und in ihrer chemischen Zusammensetzung äußerst unterschiedlich aufgebaut. Im Vergleich zu Zucker, der die Referenz 1 bildet, ist ihre Süßkraft wesentlich höher. Sie reicht etwa von 35 für Cyclamat bis hin zu 37 000 für Advantam. Süßstoffe ermöglichen in der Lebensmittelherstellung den süßen Geschmack zuckerfreier, energiereduzierter Lebensmittel, insbesondere von Getränken.
Süßstoffe schmecken bitter: Kombination verbessert Geschmack
Da manche Süßstoffe in reiner Form einen sauren Lakritz- oder Mentholgeschmack aufweisen, ist ihr Geschmack für viele gewöhnungsbedürftig. Um einen abgerundeten süßen Geschmack und höhere Süßkraft zu erzielen, werden sie oft kombiniert eingesetzt (Synergismus). Am häufigsten kombiniert werden Saccharin und Cyclamat. Das liegt daran, dass die beiden Süßstoffe die Bindung des jeweils anderen Süßstoffes am Bitterrezeptor blockieren. Dadurch wird der bittere Geschmack gemindert und die Süße verstärkt. Der lakritzartige, leicht bittere Eigengeschmack von Stevia wiederum wird häufig durch die Kombination mit Saccharose, Fruktose oder Glukosesirup kompensiert.
Zuckeralkohole mit Endung -it oder -itol
Zuckeraustauschstoffe sind Zuckeralkohole, sogenannte Polyole. Die meisten von ihnen kommen natürlicherweise in Gemüse und Obst vor, sie werden aber auch industriell durch chemische Verfahren aus Einfachzuckern hergestellt. Je nach Ausgangszucker hat ihr Name die Endung -it oder -itol. Dazu gehören Erythritol, Isomalt, Laktit, Maltit/-sirup, Mannit, Polyglycitol/-sirup, Sorbit und Xylit.
Maltit und Sorbit zeigen beim Backprozess dieselben Gäreffekte wie Haushaltszucker und können deshalb in der Erzeugung von zuckerfreien Backwaren eingesetzt werden. Typisch beim Verzehr ist das „kühlende“ Geschmackserlebnis im Mund, daher werden sie für die Produktion von Kaugummis oder Bonbons verwendet. Erythrit findet man in Light-Produkten und Fruchtjoghurts, oder Maltitsirup in Müsli und Schokoriegeln. Ihr Einsatz erfolgt nach dem Prinzip „so wenig wie möglich – so viel wie nötig“ (Quantum satis).
Wissenswert
Einer der bekanntesten Zuckeralkohole ist Xylit (auch Xylitol), das umgangssprachlich als Birkenzucker oder Holzzucker bezeichnet wird. In kleinen Mengen kommt es in Früchten, Gemüse, Getreide, Maispflanzenfasern und Holzrinden (z. B. Birke oder Buche) vor. Dazu gibt es einen ausführlichen Artikel.
Zuckeralkohole können abführend wirken
Geschmacklich kommen die Zuckeralkohole dem Haushaltszucker (Saccharose) sehr nahe. Da sie eine geringere Süßkraft als Zucker besitzen, wird für eine vergleichbare Süße eine größere Menge benötigt. Die Ausnahme bildet Xylit (Birkenzucker) mit einer leicht höheren Süßkraft. Es hat einen Brennwert von rund 2,4 kcal/g und liegt damit bei etwas mehr als der Hälfte des Haushaltszuckers. Zuckeralkohole werden ähnlich wie Fruktose insulin- unabhängig verstoffwechselt und beeinflussen den Blutglukosespiegel kaum. Die Absorption von Zuckeralkoholen passiert im Darm. In großen Mengen können sie zu starken Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall führen.
Wissenswert
Der Sicherheitsbewertung von Süßungsmitteln widmet sich der Artikel „Aspartam Sucralose Erythrit - wie sicher sind diese Süßungsmittel?“.
Süßungsmittel verursachen keine Karies
Stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln, Nudeln oder Brot sowie Zucker werden im Mund von Bakterien verstoffwechselt. Die freiwerdenden Säuren können bei schlechter Mundhygiene den Zahnschmelz angreifen und zu Karies führen. Da sämtliche Süßstoffe und Zuckeralkohole nicht im Mund abgebaut werden, wirkt der Großteil nicht kariogen. Xylit hemmt zudem die Aktivität des häufigsten Karieskeims Streptococcus mutans. Es kommt daher häufig in Kaugummi zum Einsatz.
ADI-Wert: Täglich duldbare Aufnahmemenge
Die für den täglichen Verzehr unbedenkliche Höchstmenge ist für alle zugelassenen Süßstoffe festgelegt. Die ADI-Werte (Acceptable Daily Intake; in mg/kg Körpergewicht) basieren auf Tierstudien und wurden – ebenso wie die Grenzwerte für den Einsatz in einzelnen Lebensmitteln – von der EU-Kommission und EFSA definiert.
Fazit
Süßungsmittel umfassen sowohl Süßstoffe wie Aspartam, Cyclamat, Saccharin als auch Zuckeraustauschstoffe wie Xylit und Sorbit. Sie können natürlich oder künstlichen Ursprungs sein. Während Süßstoffe kalorienfrei sind und eine hohe Süßkraft besitzen, sind Zuckeraustauschstoffe weniger süß und enthalten weniger Kalorien als Zucker. Sie können in großen Mengen abführend wirken. Süßungsmittel werden in vielen Lebensmitteln wie Getränken, Süßspeisen und Kaugummis verwendet und müssen klar mit ihrer E-Nummer oder Bezeichnung gekennzeichnet werden.
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