22.01.2018 von Dr. Elisabeth Rudolph

Schritt für Schritt durch den Tag

Zu Fuß gehen hat viele Vorteile: Es ist praktisch, es kostet nichts und hält trotzdem fit. Gehen stärkt die Muskeln, bei gleichzeitig schonender Bewegung, es baut Stress ab, sorgt für gute Stimmung und erhöht den Grundumsatz. Wer viel geht, ist seltener übergewichtig und stärkt Herz und Kreislauf. Ein kleines Plädoyer für die natürlichste Form der Fortbewegung.

Drei von vier Österreichern bewegen sich zu wenig. Die Gründe dafür sind unzählig und gleichzeitig banal: moderne Infrastruktur, überwiegend sitzende Tätigkeit, Bequemlichkeit, etc. Um Schritt für Schritt gesund zu bleiben oder fit zu werden, empfiehlt die WHO
ca. 10 000 Schritte pro Tag. Das sind zwischen sechs und sieben Kilometer, je nach Schrittlänge. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten wir tagein tagaus mindestens eine Stunde marschieren. Hand aufs Herz – wer schafft das? Wir sind definitiv gehfaul, statt per pedes Strecken zurückzulegen, nehmen wir das Auto, die Rolltreppe oder den Lift. Die modernisierte und technisierte Umgebung lädt uns dazu ein, uns weniger zu bewegen, mit allen Konsequenzen. Denn Bewegungsarmut schadet Körper und Geist.

Weltweit zu wenig Schritte

Eine Bewegungsstudie hat genau das unter die Lupe genommen, was durch Smartphones automatisch aufgezeichnet wird: die täglichen Schritte und das Aktivitätsprotokoll. Daten von 700 000 Menschen aus 111 Ländern wurden über 95 Tage gesammelt und ausgewertet. Sie alle hatten etwas gemeinsam: ein Smartphone und die darauf installierte App Azumio. Diese zählt die täglichen Schritte und liefert darüber hinaus Informationen zum Alter, dem Gewicht, der Körpergröße und dem Geschlecht. Die Auswertung der Bewegungsdaten überrascht ein wenig: Im weltweiten Durchschnitt gehen die Menschen nur etwa 5000 Schritte. Das entspricht der Hälfte der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Anzahl. Spitzenreiter ist Hong Kong, dort gehen die Menschen ca. 6880 Schritte, gefolgt von China (6189) und der Ukraine (6107). Schlusslicht sind Indonesien, Saudi Arabien und Malaysia, sie kommen auf rund 3500 Schritte. Österreicher liegen übrigens im Mittel, also bei knapp 5000 Schritten täglich.

Wer viel geht ist schlanker

„Gehen ist des Menschen beste Medizin“, das hat bereits Hippokrates festgehalten. In der Tat hilft uns zu Fuß gehen chronische Krankheiten wie Bluthochdruck, Herz-Kreislauferkrankungen oder Übergewicht in den Griff zu bekommen. Das belegt auch die genannte Bewegungsstudie, denn Menschen sind in jenen Ländern schlanker, in denen mehr gegangen wird. Die Anzahl der Schritte wirkt sich also auf den BMI aus. Ausschlaggebend ist auch, wie groß der Unterschied zwischen wenig und viel Gehern in einem Land ist, d.h. wie ungleich die Aktivitätsverteilung ist. Studienautor Scott Delp schlussfolgert: „Bewegt sich ein Teil der Bevölkerung extrem viel und der andere extrem wenig, ist das ein starker Indikator für Fettleibigkeit in diesem Land.“
Gehen ist vor allem für Unsportliche oder Übergewichtige eine gute Möglichkeit gesünder zu werden, denn je unfitter man ist, desto mehr profitiert man: Die Ausdauer wird auf niedrigem Niveau trainiert, die Leistungsfähigkeit erhöht und das gelenkschonend. Immerhin werden beim Gehen rund 70 % der Körpermuskulatur bewegt.

Wissenswert

Die WHO stuft Bewegungsarmut mittlerweile als viertgrößten Risikofaktor für die Sterberate ein. Ein Plus an 2000 Schritten pro Tag senkt das Herzinfarktrisiko bereits um 14 %. Kurze Bewegungsphasen kurbeln aber auch den Energieverbrauch an. Lesen Sie hier mehr darüber.

Fördernde Umgebung

Wie groß unsere Bereitschaft zu spazieren ist, hängt auch von unserer Umgebung ab. Denn wie gut Geschäfte, Schulen oder Arbeitsplatz zu Fuß zu erreichen sind, wirkt sich sehr stark auf die Motivation zu gehen aus. Als Gründe für weniger Schritte werden schlechte Straßenbeleuchtung, zu viel Verkehr, qualitativ schlechte Gehsteige oder zu wenig Übergänge genannt.

In dieser genannten Bewegungsstudie wurde auch die fußgängerfreundliche Umgebung beleuchtet und dabei stellten die Wissenschaftler folgendes fest: Je gehfreundlicher eine Stadt ist, desto mehr bewegen sich die Menschen jeden Alters. Das wirkt sich positiv auf das Körpergewicht aus. Diese Schlussfolgerung wird anhand zweier benachbarter amerikanischer Großstädte deutlich. San Francisco lädt zum Flanieren und Spazieren ein, dort leben demnach auch wenig Dickleibige. Das benachbarte Freemont ist nicht so fußgängerfreundlich, dort leben auch mehr Übergewichtige. Die Infrastruktur ist also ausschlaggebend dafür, wie viel und vor allem wie gerne wir zu Fuß gehen.

Um fußgängerfreundliche Städte zu schaffen, arbeitet eine weltweit tätige Organisation – Walk21– daran, Stadtverwaltungen, Bürger und Gemeinden zu vernetzen und eine gehfreundliche Atmosphäre zu schaffen. Mit dem „Making Walking Count“ Projekt wird anhand verschiedener Indikatoren gemessen, wie sehr eine Stadt zum Flanieren einlädt. Bisher haben einige Großstädte daran teilgenommen, unter ihnen ist Kopenhagen die aktivste Stadt. Hier spazieren die Menschen knapp 52 Minuten täglich durch die City.

Wissenswert

Smartphones sind mit einem kleinen Sender, dem sogenannten Accelerometer, ausgestattet. Mit Hilfe dieses Beschleunigungssensors wird aufgezeichnet, wie viel und wann man sich bewegt. Diese Daten werden gespeichert. Mit Hilfe gängiger Apps können diese Aufzeichnungen detaillierter angesehen werden. Es braucht also keine teuren Schrittzähler um zu wissen, ob man das Schritte-Ziel schon erreicht hat, denn das Smartphone ist ohnehin immer und überall dabei.

Tipps für mehr Schritte im Alltag

Das Übliche:

  • Treppensteigen und auf Lift oder Rolltreppe verzichten.
  • Kurze Strecken statt mit dem Auto zu Fuß oder auf dem Fahrrad bewältigen.
  • Eine Station früher aussteigen und den Rest zu Fuß gehen.
  • Das Auto weiter weg parken.
  • Kleinere Einkäufe zu Fuß oder mit dem Rad erledigen.
  • Bürokollegen besuchen statt anzurufen oder ein Mail zu schicken.


Fazit

Das tägliche Gehpensum kann mit einfachen Maßnahmen gesteigert oder sogar verdoppelt werden. Dann profitieren wir nicht nur von einem höheren Grundumsatz, mehr Muskelaktivität und guter Laune, wir erreichen auch die von der WHO empfohlenen 10 000 Schritte. Und gehen ist immer noch die natürlichste Form der Fortbewegung, bei der man eigentlich nichts falsch machen kann.

Mehr zum Thema Bewegen:
ernährung heute 3_2012 „Zum Bewegen bewegen“
Bewegung als Antidepressivum
Lesen Sie mehr über die Initiative Walk21.

Literatur

NN: Weltweiter Vergleich der Fußgängerfreundlichkeit in Städten: http://thisbigcity.net/de/weltweiter-vergleich-der-fusgangerfreundlichkeit-in-stadten/ (Zugriff am 15.01.2018)

Althoff T, Sosic R et al.: Large-sacle physical activity data reveal worldwide activity inequality. Nature Letter 000: 1-16 (2017)

 

 

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