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Stevia: alternatives Süßungsmittel
Seit über 500 Jahren süßen in Brasilien und Paraguay die Blätter des Süßkrauts (Stevia Rebaudiana Bertoni) Speisen und Getränke. Zum Süßen werden einerseits die Blätter von Stevia Rebaudania Bertoni, andererseits die aus den Blättern gewonnenen Extrakte verwendet. Diese Extrakte enthalten die süßen Glykoside Steviosid und Rebaudiosid A in großen Mengen und schmecken leicht bitter. Weitere Steviolglykoside, die in den Extrakten von Stevia-Blättern enthalten sind, sind die Glykoside Rebaudiosid C, Dulcosid A, Rubusosid, Steviolbiosid und Rebausid B. In welchem Verhältnis diese Glykoside im Extrakt zueinanderstehen, hängt von der Zusammensetzung der Blätter und dem angewandten Extraktionsverfahren ab. Dabei handelt es sich laut Deutschem Süßstoffverband um ein mehrstufiges Verfahren: Die Blätter werden getrocknet, eingeweicht, dann mittels chemischer Stoffe und Lösungsmitteln entfärbt. Letztendlich werden über Ionenaustausch und Kristallisation die Pflanzenextrakte gewonnen.
Wissenswert
Heute wird das Stevia-Kraut vor allem in China angebaut und weiterverarbeitet.
Wie viel Stevia ist unbedenklich?
In vielen asiatischen und südamerikanischen Ländern, den USA sowie in Australien und Neuseeland fanden die Steviolglykoside als Alternative zu anderen Süßstoffen und Zucker schon früh starken Anklang. Die JECFA (Joint FAO/WHO Expert Commitee on Food Additives) hat für die Verwendung von Steviolglykosiden einen ADI-Wert (acceptable daily intake) von 4 mg/kg Körpergewicht bestimmt. Das ist jene Menge, die täglich ohne Bedenken aufgenommen werden kann. Dieser Wert gilt in allen Ländern, in denen Stevia zugelassen ist. Dies entspricht bei einer 60 kg schweren Person 240 mg Steviolglykoside pro Tag. Dies entspricht laut dem Deutschen Ernährungsberatungs- und -informationsnetz (DEBInet) maximal 3 L energiereduzierten bzw. zuckerfreien aromatisierten Getränken, die ausschließlich mit Steviolglykosiden gesüßt sind. In der Praxis nimmt man im Durchschnitt deutlich weniger als diese Menge zu sich, wie Konsumdaten des Österreichischen Ernährungsberichts aus 2017 zeigen.
EU-Zulassungsprozess von Stevia
Anfang 2011 bewertete die EFSA (Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde) die Sicherheit der Steviolglykoside und bestätigte diese erneut in einem weiteren Gutachten 2021. Darin wird weiterhin ein ADI-Wert (Acceptable Daily Intake) von 4 mg/kg Körpergewicht pro Tag angegeben. Dieser Wert gibt die Menge eines Stoffes an, die über die gesamte Lebenszeit täglich verzehrt werden kann, ohne dass dadurch gesundheitliche Gefahren zu erwarten sind.
Stevia darf in bestimmten Lebensmitteln sein
Schon 2011 wurde die EU-Verordnung des Europäischen Parlaments hinsichtlich Steviolglykosiden [VO (EU) Nr. 1131/2011] veröffentlicht, mit der Stevia als Zusatzstoff in Lebensmitteln zugelassen wurde. Seit dem 2. Dezember 2011 darf das Pflanzenextrakt zum Süßen in folgenden Lebensmittelkategorien eingesetzt werden:
- Aromatisierte fermentierte Milchprodukte
- Speiseeis
- Obst und Gemüse in Essig, Öl, oder Lake
- Zubereitungen aus Obst und Gemüse (ausgenommen Kompott)
- Konfitüren und Gelees
- Marmeladen und Maronencreme
- Brotaufstriche aus Obst und Gemüse
- Kakao- und Schokoladeprodukte
- Kaugummis
- Verzierungen, Überzüge und Füllungen
- Frühstücksgetreidekost
- Feine Backwaren
- Fisch und Fischereiprodukte
- Tafelsüße
- Suppen, Brühen und Soßen
- Diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke
- Lebensmittel für eine gewichtskontrollierende Ernährung, die eine gesamte Tagesration oder eine Mahlzeit ersetzen
- Fruchtnektare
- Aromatisierte Getränke
- Bier und Malzgetränke
- Mischgetränke
- Knabbereien
- Dessertspeisen Nahrungsergänzungsmittel
Unter der Nummer „E 960" wurde „Stevia" damit in die Liste der zugelassenen Süßungsmittel aufgenommen. Zusätzlich ist in der Verordnung festgehalten, dass die Lebensmittelproduzenten und Herstellenden von Steviolglykosiden Angaben über die tatsächliche Verwendung des Zusatzstoffes E 960 den Mitgliedstaaten zugänglich machen müssen.
Wissenswert
Besonders in der Zeit unmittelbar nach der Zulassung wurde Stevia häufig als ein „natürliches“ Süßungsmittel beworben. Das Problem dabei: Steviolglykoside haben zwar einen natürlichen Ursprung, allerdings kann nach den vielen Verarbeitungsschritten nicht mehr von einem naturbelassenen Produkt gesprochen werden. Derartige Verweise werden daher sehr kritisch gesehen und können je nach Gesamtaufmachung des Produktes auch als irreführend gelten.
Kochen und backen mit Stevia
Wen der leicht bittere, lakritzähnliche Geschmack nicht stört, kann mit Stevia auch zu Hause süßen. Da Steviolglykoside gut wasserlöslich und hitzestabil sind, eignen sie sich vor allem für flüssige/cremige Süßspeisen und Getränke. Schwieriger wird es beispielsweise beim Backen. Durch die etwa 250-mal höhere Süßkraft muss das Rezept angepasst und das fehlende Volumen des Zuckers etwa mit Nüssen oder Haferflocken ersetzt werden. Auch die für viele Backwaren typische Bräunung und Kruste bildet sich ohne Zucker nicht. Während Steviolglykoside in der EU zugelassen sind, gelten die Blätter der Stevia-Pflanze grundsätzlich als Novel Food, d. h. neuartiges Lebensmittel. Diese Produkte müssen ein Sicherheitsverfahren durchlaufen und zugelassen werden, um auf den Markt gebracht und vertrieben werden zu dürfen. Eine solche Zulassung liegt für Stevia-Blätter aktuell nicht vor. Eine Ausnahme gibt es dazu allerdings. Ihre Verwendung in Tees gilt nach dem Novel Food-Katalog der EU-Kommission nicht als neuartig, weswegen Teemischungen Stevia-Blätter als Zutat enthalten dürfen.
Fazit
Nach gründlicher Sicherheitsbewertung der Steviolglykoside reiht sich das Stevia-Extrakt seit Dezember 2011 in die Liste der „E-Nummern" ein. Der leicht bittere Geschmack ist nicht jedermanns Sache, dennoch kann damit beim Kochen und Backen gesüßt werden. Die Stevia-Blätter haben keine Zulassung in der EU und dürfen durch eine Ausnahmeregelung lediglich in Tees verwendet werden.
Literatur
Bundesministerium für Gesundheit: Leitlinie über die täuschungsfreie Kennzeichnung von Lebensmitteln, die mit dem Zusatzstoff Steviolglycoside (E 960) gekennzeichnet sind (2012). Deutschen Ernährungsberatungs- und -informationsnetz (DEBInet): Steviolglycoside (E 960). www.ernaehrung.de/lexikon/ernaehrung/s/Steviolglycoside.php (Zugriff: 10.10.2024).
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Europäische Union: Verordnung (EU) Nr. 1131/2011 der Kommission vom 11. November 2011 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Steviolglycosiden (2011).
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