Stillen ist nicht nur für das Neugeborene gesund, sondern senkt das Risiko für die Mutter, nach der Geburt an Diabetes zu erkranken. Das fanden nun deutsche Wissenschafter anhand einer Langzeitstudie heraus. Vor allem Frauen, die ihr Kind länger als drei Monate stillen, profitieren von dem präventiven Langzeiteffekt.
Ungefähr vier Prozent der werdenden Mütter entwickeln einen Schwangerschaftsdiabetes. Bei den meisten Frauen bildet sich die Stoffwechselstörung zurück, sobald das Baby auf der Welt ist. Das Diabetesrisiko bleibt jedoch zeitlebens erhöht. In manchen Fällen sind die Mütter auch noch nach der Geburt davon betroffen oder der Diabetes entwickelt sich erst Jahre nach der Entbindung. Wissenschafter des Instituts für Diabetesforschung am deutschen Helmholtz Zentrum in München warten nun mit guten Nachrichten auf: Stillen verringert für Gestationsdiabetikerinnen das Risiko, in späteren Jahren an Diabetes zu erkranken. Inwiefern sich das Stillen und die Stilldauer auf das Diabetes-Risiko auswirken, untersucht das Forscherteam seit 19 Jahren im Rahmen der Gestationsdiabetes-Langzeitstudie.
Analysen der Studie des Helmholtz Zentrums in München zeigen, dass für Frauen mit Gestationsdiabetes das spätere Diabetes-Risiko bei ca. 63 % liegt. Die größte Erkrankungswahrscheinlichkeit zeigt sich bei Frauen, die während der Schwangerschaft mit Insulin behandelt wurden: Ca. zwei Drittel der Betroffenen wurden innerhalb von drei Jahren nach der Geburt zuckerkrank. Im Laufe von 15 Jahren stieg die Zahl auf 90 %. Größeren präventiven Erfolg konnten Mütter verzeichnen, die den Diabetes in der Schwangerschaft durch eine Diät behandeln konnten. Bei ihnen betrug das 15-Jahres-Risiko nur knapp 29 %.
Stillen beeinflusst den mütterlichen Stoffwechsel positiv. Während der Stillphase weisen Frauen einen besseren Glukose - und Fettstoffwechsel sowie einen niedrigeren Östrogenspiegel auf. Laut Wisschenschaftern ist die niedrige Konzentration des Hormones Östrogen an dem protektiven Effekt des Stillens beteiligt, denn Östrogen fördert in der Regel den Blutzuckeranstieg im Serum.
Bei Diabetes Typ 2 in der Schwangerschaft wird bei Bedarf auch auf Insulin-Injektionen zurückgegriffen. Insulin ist jedoch lediglich in 20 von 100 Fällen von Gestationsdiabetes notwendig. Meistens kann die Zuckerkrankheit bei werdenden Müttern durch Ernährungsumstellung und ausreichend Bewegung gut therapiert werden.
Nicht nur ob, sondern auch wie lange eine Frau stillt, wirkt sich auf das Diabetes-Risiko aus. Nur wer seinem Neugeborenen länger als drei Monate die Brust gab, verringerte sein 15-Jahres-Risiko für Diabetes um 21 %. Wurde in dieser Zeit das Baby ausschließlich mit Muttermilch ernährt, sank das 15-Jahres-Risiko sogar um 28 %. Bei Müttern, die ihre Kinder weniger als drei Monate oder gar nicht stillten, betrug das Erkrankungsrisiko hingegen 72 %.
Lebensstil als wichtiger Präventionsfaktor Einer der häufigsten Risikofaktoren für (Schwangerschafts-)Diabetes ist ein Mix aus Übergewicht durch energiereiche Nahrung und zu wenig körperlicher Bewegung. „Daher ist insbesondere übergewichtigen Frauen zu empfehlen, ihrem Kind mindestens drei Monate die Brust zu geben", erklärt Professor Anette-Gabriele Ziegler, Direktorin des Instituts für Diabetesforschung am Helmholtz Zentrum. Erkrankt die werdende Mutter in der Schwangerschaft an Diabetes Typ 2, steigt das Risiko für Bluthochdruck , Harnweginfekte, Schwangerschaftsvergiftungen sowie Frühgeburten. Auch in späteren Jahren kann Diabetes zu schweren Folgeerkrankungen wie Herzinfarkten, Arteriosklerose, Nerven- und Gefäßschäden führen. In der Prävention sind die Lebensstilfaktoren Ernährung und Bewegung die wichtigsten Hebel, an denen hierbei angesetzt werden muss. Die Leitlinie „Schwangerschaftsdiabetes" der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) empfiehlt neben einer Ernährungstherapie ein moderates Ausdauer- und Krafttraining für Schwangere zur Vorbeugung und Behandlung von Diabetes. Ein flotter Spaziergang dreimal in der Woche (á 30 Minuten) trägt beispielsweise dazu bei, die Blutzuckerwerte nach den Mahlzeiten zu reduzieren und eine Insulintherapie zu vermeiden oder deren tägliche Dosis zu reduzieren.
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Stillen hat nicht nur positive Effekte für den Säugling, sondern senkt auch das Langzeitrisiko der Mutter, an Diabetes Typ 2 zu erkranken. Dabei ist die Stilldauer ausschlaggebend: Geben Mütter dem Neugeborenen länger als drei Monate die Brust, sinkt das Risiko für eine spätere Zuckerkrankheit deutlich.
Die Weltstillwoche findet von 01.-07.2017 statt. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Website des Verbandes der Still- und Laktationsberater .
Ziegler A et al.: Long-Term Protective Effect of Lactation on the Development of Type 2 Diabetes in Women with Recent Gestational Diabetes Mellitus . Diabetes Oct (2012). Schwangerschaftsdiabetes: Stillen verringert späteres Diabetes-Typ-2-Risiko. Presseinformation des Helmholtz Zentrums, München Die neue Leitlinie Schwangerschaftsdiabetes. DGE info 11: 166-169 (2011).