Vitaminbedarf unter der Lupe
Vitamine kann der Körper nicht, oder nur unzureichend, selbst herstellen. Das heißt, dass der Mensch sie über die Nahrung aufnehmen muss. In tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln sind Vitamine in solchen Mengen vorhanden, dass man als gesunder Erwachsener den eigenen Bedarf mit einer abwechslungsreichen Mischkost grundsätzlich problemlos abdecken kann. Wichtig dabei: Die entsprechenden Mengen der einzelnen Vitamine müssen nicht täglich erreicht werden. Sie sollten lediglich über die gesamte Woche hinweg aufgenommen werden, um die Versorgung langfristig sicherzustellen. Einen erhöhten Nährstoffbedarf haben beispielsweise Schwangere, Stillende oder chronisch kranke Personen. Auch bei Sportlern, Rauchern oder durch Medikamenteneinnahme kann mehr von bestimmten Nährstoffen benötigt werden.
Wissenswert
Welche Vitamine es gibt und worin sie enthalten sind, lesen Sie HIER.
Vitaminbedarf nicht immer klar
Offizielle Empfehlungen zur Aufnahme bestimmter Nährstoffe beruhen in aller Regel auf wissenschaftlichen Daten. Diese sind allerdings nicht zu jedem Vitamin in gleichem Ausmaß vorhanden. Je nach aktuellem Wissensstand zu den einzelnen Vitaminen formulierten die Deutsche, Österreichische und Schweizerische Gesellschaft für Ernährung Referenzwerte für eine empfohlene Zufuhr oder Schätzwerte.
Der Unterschied:
- Empfohlene Zufuhr: Der durchschnittliche Bedarf an einem Nährstoff ist aus experimentellen Untersuchungen bekannt. Referenzwerte in dieser Form haben die größte Aussagekraft. Es gibt sie für den Großteil der Vitamine.
- Schätzwert: Der Bedarf kann nicht mit der wünschenswerten Genauigkeit bestimmt werden oder es liegen keine Angaben zum durchschnittlichen Bedarf vor. Die Schätzwerte geben dennoch Hinweise auf eine angemessene und gesundheitlich unbedenkliche Zufuhr. Schätzwerte werden für Vitamin D, E und K sowie Vitamin B5 und B7 angegeben.
Wissenswert
Neben Empfehlungen zur Zufuhr und Schätzwerten gibt es für andere Nährstoffe auch sogenannte Richtwerte. Sie werden für all jene formuliert, die für den Organismus nicht lebensnotwendig sind und für die daher kein Bedarf besteht. So gibt es z. B. für Wasser und Ballaststoffe eine Begrenzung nach unten sowie für Alkohol eine Begrenzung nach oben.
Fettlösliche Vitamine:
Vitamin | Referenzwert | Vitamingehalt in 100 g Lebensmittel |
---|---|---|
Vitamin A, β-Carotin | Empfohlene Zufuhr: Frauen: : 0,8 mg Schwangere ab dem 4. Monat: 1,1 mg Stillende: 1,5 mg Männer: 1,0 mg | Kalbsleber: 21,9 mg, Karotten: 1,7 mg, Tomaten: 0,11 mg. |
Vitamin D | Schätzwert angemessene Zufuhr ohne Eigensynthese: Frauen: 20 µg Männer: 20 µg | Hering (Atlantik): 25 µg, Eier: 2,9 µg, Champignons: 1,9 µg. |
Vitamin E | Schätzwert angemessene Zufuhr: Frauen: 12 mg Schwangere: 13 mg Stillende: 17 mg Männer: 14 mg | Weizenkeimöl: 185 mg, Sonnenblumenöl: 50 mg, Rapsöl: 30 mg, Haselnüsse: 26,6 mg. |
Vitamin K | Schätzwert angemessene Zufuhr: Frauen: 60 µg Männer: 70 µg | Grünkohl: 817 µg, Spinat: 381 µg, Brokkoli: 179 µg. |
Quelle: D-A-CH-Referenzwerte; Elmadfa et al.: Nährwert-Kalorien-Tabelle (2018/2019)
Wasserlösliche Vitamine:
Vitamin | Referenzwert | Vitamingehalt in 100 g Lebensmittel |
---|---|---|
Vitamin C | Empfohlene Zufuhr: Frauen: 95 mg Schwangere ab dem 4. Monat: 105 mg Stillende: 125 mg Männer: 110 mg | Johannisbeeren (schwarz): 177 mg, Paprika: 120 mg, Brokkoli: 115 mg. |
Thiamin/Vit. B1 | Empfohlene Zufuhr: Frauen: 1,0 mg Schwangere: 2. Trimester: 1,2 mg 3. Trimester: 1,3 mg Stillende: 1,3 mg Männer: 1,2 mg | Schweinefleisch (Muskel, ohne Fett): 0,9 mg, Haferflocken (Vollkorn): 0,55 mg, Bohnen (weiß, reif): 0,5 mg. |
Riboflavin/Vit. B2 | Empfohlene Zufuhr: Frauen: 1,1 mg Schwangere: 2. Trimester: 1,3 mg 3. Trimester: 1,4 mg Stillende: 1,4 mg Männer: 1,4 mg | Eier: 0,41 mg, Kalbfleisch (Muskel, ohne Fett): 0,27 mg, Joghurt (1,5 % Fett): 0,18 mg, Haferflocken (Vollkorn): 0,15 mg. |
Niacin/Vit. B3 | Empfohlene Zufuhr: Frauen: 12 mg Schwangere: 2. Trimester: 14 mg 3. Trimester: 16 mg Stillende: 16 mg Männer: 15 mg | Putenfleisch (Brust, ohne Haut): 11,3 mg, Rindfleisch (Muskel, ohne Fett): 7,5 mg, Lachs: 7,2 mg, Vollkornbrot mit Sonnenblumenkernen: 4,9 mg. |
Pantothen-säure/Vit. B5 | Schätzwert angemessene Zufuhr: Frauen: 6 mg Männer: 6 mg | Kalbsleber: 7,9 mg, Champignons: 2,1 mg, Eier: 1,6 mg, Brokkoli: 1,29 mg. |
Pyridoxin/Vit. B6 | Empfohlene Zufuhr: Frauen: 1,2 mg Schwangere ab 4. Monat: 1,9 mg Stillende: 1,9 mg Männer: 1,5 mg | Walnüsse: 0,87 mg, Schweinefleisch (Muskel, ohne Fett): 0,5 mg, Bananen: 0,37 mg. |
Biotin/Vit. B7 | Schätzwert angemessene Zufuhr: Frauen: 30-60 µg Männer: 30-60 µg | Rindsleber: 100 µg, Erdnüsse: 34 µg, Eier: 25 µg. |
Folsäure/Vit. B9 | Empfohlene Zufuhr: Frauen: 300 µg Schwangere: 550 µg Stillende: 450 µg Männer: 300 µg | Feldsalat: 145 µg, Spinat: 141 µg, Brokkoli: 39 µg, Kohlsprossen: 101 µg. |
Vitamin B12 | Empfohlene Zufuhr: Frauen: 3,0 µg Schwangere: 3,5 µg Stillende: 4,0 µg Männer: 3,0 µg | Kalbsleber: 60 µg, Hering (Atlantik): 8,5 µg, Camembert (30 % F.i.Tr.): 3,1 µg, Eier: 1,9 µg. |
Quelle: D-A-CH-Referenzwerte; Elmadfa et al.: Nährwert-Kalorien-Tabelle (2018/2019)
Wissenswert
Alle weiteren Referenzwerte können HIER nachgelesen werden.
Erkrankung durch Vitaminmangel eher selten
In westlichen Gesellschaften ist ein Vitaminmangel mittlerweile verhältnismäßig selten die Ursache einer schweren Erkrankung. Hierzulande ergeben sich Unterversorgungen hauptsächlich aus exklusiven Ernährungsweisen (z. B. Vitamin B12-Mangel bei veganer Ernährung), Lebensstil (z. B. Vitamin D-Mangel durch fehlende Sonnenexposition der Haut) oder Mehrbedarf (z. B. Folsäuremehrbedarf in Schwangerschaft). In weniger entwickelten Ländern treten Vitaminmangelkrankheiten wie Skorbut (Vitamin C-Mangel), Rachitis (Vitamin D-Mangel), Beriberi (Thiamin-Mangel) oder Erblindung durch Vitamin A-Mangel nach wie vor häufiger auf.
Nahrungsergänzung nicht generell nötig
Gesunde Erwachsene, die sich ausgewogenen ernähren, weisen nur sehr selten einen Vitaminmangel auf. Es ist daher wenig sinnvoll, Vitamin-Präparate prophylaktisch „einfach so“ einzunehmen. Denn während eine Überdosierung mit üblichen Lebensmitteln fast ausgeschlossen ist, können sich Supplemente, die ohne entsprechenden medizinischen Grund eingenommen werden, mitunter negativ auswirken. Das gilt insbesondere für die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K. Im Gegensatz zu den wasserlöslichen Vitaminen, können sie bei Überdosierung nicht einfach über die Niere ausgeschieden werden, sondern reichern sich im Körper an. So belastet eine übermäßig hohe Vitamin D-Zufuhr beispielsweise die Niere und kann schlimmstenfalls zu Nierenversagen führen. In weniger drastischen Fällen können Übelkeit, Bauchschmerzen oder Erbrechen auftreten. Eine Überdosierung wasserlöslicher Vitamine zieht dagegen in der Regel keine gesundheitlichen negativen Folgen nach sich. Die Notwendigkeit von Vitamin-Präparaten sollte im Vorfeld mit einem Arzt abgeklärt werden.
Fazit
Der Tagesbedarf einzelner Vitamine muss nicht jeden Tag erreicht werden. Um die Gesundheit aufrechtzuerhalten, ist es ausreichend, die empfohlenen Mengen innerhalb einer Woche aufzunehmen. Mit einer ausgewogenen Mischkost lassen sich bei den meisten Menschen Über- als auch Unterversorgung verhindern.
Literatur
Apotheken Umschau (Hrsg.): Sind zu viele Vitamine schädlich? www.apotheken-umschau.de (Zugriff: 16.02.2022).
Apotheken Umschau (Hrsg.): Vitaminlexikon. www.apotheken-umschau.de (Zugriff: 16.02.2022).
Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (Hrsg.): Vitamine – Deckung des Tagesbedarfs. www.gesundheit.gv.at (Zugriff: 16.02.2022).
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Ausgewählte Fragen und Antworten zu Pantothensäure (Stand 2021); Vitamin A (Stand 2020); Biotin (Stand 2020); Vitamin B6 (Stand 2019); Vitamin B12 (Stand 2018); Thiamin (Stand 2015); Niacin (Stand 2015); Riboflavin (Stand 2015); Vitamin C (Stand 2015); Folat (Stand 2018). www.dge.de (Zugriff: 16.02.2022).
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Ausgewählte Fragen und Antworten zu den Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr allgemein (Stand 2015). www.dge.de (Zugriff: 16.02.2022).
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE), Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE): D-A-CH Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. 2. Auflage, Bonn (2015).
Elmadfa I: Ernährungslehre. 4. Auflage, Stuttgart (2019).