28.10.2022 von Redaktion (aktualisiert)

Von Pflaumen und Zwetschken

„Das ist der Daumen, der schüttelt die Pflaumen…“. So heißt es in einem bekannten Kinderreim. Müsste es nicht eigentlich Zwetschke heißen? In der Praxis werden die beiden Fruchtsorten oft verwechselt. Aber gibt es überhaupt Unterschiede? Ein Porträt sorgt für Aufklärung.

Bäckereien warten mit köstlichem Zwetschkenkuchen auf, in den Obst- und Gemüseabteilungen oder direkt beim Bauern haben die blauen Früchte seit Ende Juli Saison. Aus heimischem Anbau sind sie bis Ende Oktober erhältlich. Verwirrung herrscht allerdings oftmals um die Namensgebung. Dazu sollte man eines wissen: Zwetschge ist Zwetschke, aber nicht Pflaume.
Pflaumenbäume zählen zur Gattung Prunus und gehören zur Familie der Rosengewächse. Pflaumen selbst sind namensgebend für die Obstart, sind aber auch Oberbegriff für verwandte Sorten. Zu diesen zählen: echte Pflaume, Zwetschke, Mirabelle, Ringlotte und die Japanische Pflaume. Die einzelnen Früchte unterscheiden sich in Größe, Farbe, Form, Konsistenz, Aroma, Steinlösbarkeit und Reifezeit voneinander. Was bei den gelben Mirabellen und den grünen Ringlotten noch einfach ist, ist bei Pflaumen und Zwetschken nicht immer so leicht.

Kleine, aber feine Unterschiede

Farblich sind sich Zwetschke und Pflaume sehr ähnlich und werden deshalb häufig verwechselt. Unterscheiden kann man sie am besten anhand des Fruchtfleisches, des Geschmacks und der Form. Pflaumen sind eiförmig, mit einem weichen Fruchtfleisch. Das führt dazu, dass sich der Stein meist schlecht lösen lässt. Die Hauptfarbe ist blau bis violett, vereinzelt gibt es auch rote und gelbe Sorten. Zwetschken sind länglich, tiefblau und herrlich duftend. Charakteristisch ist ihre längsseitige Bauchnaht. Das Fruchtfleisch ist besonders aromatisch und vor allem fest. Dadurch löst sich der Stein leichter. Für die weitere Verarbeitung sind sie deshalb auch sehr beliebt.

Von Pflaumen und Zwetschken lassen sich Ringlotten und Mirabellen leichter unterscheiden. Ringlotten sind mittelgroße runde Früchte mit Bauchnaht und saftig-süßem Aroma. Ihr Farbsprektrum reicht von grüngelb bis rot. Die Mirabellen ähneln in Farbe und Form, sind aber die kleinsten Vertreter unter den Pflaumen. Im Handel spielen beide Arten heutzutage eine untergeordnete Rolle. Der Grund dafür ist die empfindliche Haut, die die Früchte rasch verderben lässt. Die Japanische Pflaume ist bei uns hauptsächlich im Winterhalbjahr als Importware erhältlich. Die Früchte sind so groß wie Marillen und ihr Fruchtfleisch ist intensiv gefärbt.

Wissenswert

Je nach geographischer Lage bezeichnet man das Obst anders: Am Rhein sagt man Quetsche, in Süddeutschland Zwetschge und in Österreich Zwetschke. Auch der Name Zwetsche wird öfters gebraucht. Pflaume bleibt Pflaume. Die Ringlotte, auch Reineclaude oder Reneklode genannt, verdankt ihren Namen einer französischen Königin, der „Reine Claude“, die diese Frucht besonders schätzte und deshalb anbauen ließ.

Bekannte Sorten:

PflaumenartEigenschaften
Zwetschke
Bühler ZwetschgeFrühsorte; das Fruchtfleisch ist saftig und mittelfest
Damas de TourMittelspäte Sorte; eher kleinfrüchtig, intensiv gelbes Fruchtfleisch
Ersinger Frühzwetschge Weiches Fruchtfleisch, sehr saftig
HauszwetscheSpätsorte; leicht herber Geschmack, aromatisch
OrtenauerSpätsorte; mittelgroß, sehr süß, weniger Aroma
PresidentAlte Spätsorte, große Früchte, säuerlich, gut haltbar
StanleyMittelspäte Züchtung aus den USA, große Früchte; würzig, süß
Pflaume
OpalMittelfrühe Sorte; feste, mild-aromatisches Fruchtfleisch
ShiroGelbe, sehr süße Sorte
Japanische Pflaume
Black StarFrühe Sorte, süß-säuerlich
Santa RosaRote Früchte, mittelgroß, herb
MirabelleGelbgrün, gelbes, saftiges Fruchtfleisch, sehr süß
Große grüne ReneklodeAlte Sorte, mittelfest, saftig und sehr süß

Frisch geerntet, schmeckt’s am besten

Am besten ist es, die frisch geernteten Früchte möglichst rasch zu verzehren. Reif sind sie, wenn sie bei sanftem Druck nachgeben. Die schützende Wachsschicht muss intakt sein. Frische Früchte leuchten in ihrer ausgeprägten, sortentypischen Färbung vom Baum. Pflückt man das Steinobst direkt, bleibt oft ein mehliger Rückstand auf den Fingern. Was im ersten Moment unangenehm oder unansehnlich sein kann, hat seine guten Gründe. Die Früchte sind nämlich naturgemäß von einer weißlichen wachsartigen Schicht bedeckt. Dabei handelt es sich um Rückstände von verdunstetem Kondenswasser, das sich auf dem Obst niedergeschlagen hat. Der Belag wird als Duftfilm oder Reif bezeichnet und schützt die Frucht davor, zu schnell auszutrocknen. Die Früchte können daher bedenkenlos direkt vom Baum genascht werden. Es reicht den Belag abzuwischen oder mit Wasser abzuspülen.

Wissenswert

Pflaumen reifen bei Zimmertemperatur nach und sind deshalb nur bedingt haltbar. Je nach Sorte halten sich die Früchte nur wenige Tage, am besten an einem kühlen Ort. Frische Früchte lassen sich am besten verarbeiten, wenn sie frisch vom Baum kommen. Man sollte jedoch darauf achten, dass sie wirklich reif sind, denn dann haben sie das beste Aroma. Sie lassen sich entsteint gut einfrieren. Auch die sonst so empfindlichen Mirabellen und Ringlotten lassen sich gut konservieren.

Von der Frucht zum Functional Food

Bereits im alten Griechenland schätzte man die leicht abführende Wirkung getrockneter Pflaumen. Heute weiß man, dass das auf den höheren Sorbitgehalt zurückzuführen ist. Sorbit ist ein Zuckeralkohol und in Pflaumen, genauso wie in Äpfeln und Marillen natürlich enthalten. Trockenfrüchte enthalten besonders viel davon. Dörrpflaumen sind deshalb ein alt bewährtes Hausmittel gegen einen trägen Darm. Isst man zuviel davon, kann es zu Durchfall kommen. Mehr über Pflaumen als Functional Food lesen Sie hier.

„Des is ma Powidl…“

…heißt auf gut wienerisch: “Das ist mir egal“. Egal ist es nicht, wenn man Powidl aufgrund seiner Konsistenz und seines Aussehens den Marmeladen zuordnet. Powidl ist nicht nur Bestandteil der böhmisch-österreichischen Mehlspeisküche,  früher zählte auch die Herstellung zu einem wichtigen gesellschaftlichen Ereignis. Da das ständige Rühren der zähen Masse anstrengend ist, teilte man sich die Muskelarbeit. Nach altem Rezept wird Powidl ohne weitere Zugabe von Zucker und Geliermittel hergestellt und muss stundenlang gekocht werden. Dadurch entsteht ein stark eingedicktes Mus. Je dicker, desto besser haltbar. Für 100 g Mus werden etwa  500 g Früchte verwendet. Schleckermäuler kommen also voll und ganz auf ihre Rechnung. Übrigens: Seit dem EU-Beitritt dürfen die Begriffe Pflaumenmus und Powidl parallel verwendet werden.

Tipps für große Ernten:

  • Pflaumen eignen sich ideal zum Trocknen und werden dadurch lange haltbar. Am besten eignen sich reife Früchte, idealerweise kräuselt sich die Haut bereits am Stiel. Im Dörrapparat müssen die entsteinten Früchte etwa zwölf Stunden getrocknet werden. Vorteilhaft ist hier der gleichmäßige Luftaustausch. Hat man keinen Dörrapparat, klappt es auch im Backrohr, es dauert nur länger. Die Ofentür sollte einen Spalt offen bleiben, damit die Feuchtigkeit abziehen kann. Die Dörrpflaumen sind fertig, wenn das Fruchtfleisch noch weich ist.
  • Zwetschken verarbeitet man am besten zu  Röster, Mus, Powidl, Knödel oder Kuchen.

Literatur

Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): Pflaumen, Zwetschken und Co. Opens external link in new windowwww.bzfe.de (Zugriff am 28.10.2022).
Das große Lexikon der Lebensmittel. Südwest Verlag. 196-198 (1998).
FOOD – Die ganze Welt der Lebensmittel. Teubner Verlag, München (2011).
food-monitor: Die Zwetschen sind reif. Opens external link in new windowwww.food-monitor.de (Zugriff am 28.10.2022).
food-monitor: Pflaumen und Zwetschgen: Steinobst mit Power. Opens external link in new windowwww.food-monitor.de (Zugriff am 28.10.2022).
food-monitor: Pflaumen schmecken: ob frisch vom Baum in den Mund oder auf Kuchen, als Mus, Kompott oder Marmelade. Opens external link in new windowwww.food-monitor.de (Zugriff am 28.10.2022).
Lobner K: Getrocknete Pflaumen als Functional Food. ernährung heute 1: 13 (2010).

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