Wechseljahre – Umbruch mit gesundheitlichem Potenzial
Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Schlafschwierigkeiten sind nur einige der am meisten beschriebenen Symptome der Wechseljahre in den westlichen Ländern. Zu den körperlichen Beschwerden kommt oft auch die seelische Belastung des Alterns dazu. Das Ende der Menstruation und damit das Ende der Fortpflanzungsfähigkeit ist jedoch nicht in allen Kulturen so negativ besetzt. Besonders in asiatischen Kulturen, in denen der soziale Status der Frau mit zunehmendem Alter steigt, erleben Frauen deutlich weniger psychische Beschwerden im Wechsel.
Zeit für mehr Aufmerksamkeit
Viele Frauen nutzen die Zeit des Wechsels und räumen ihr Leben auf. Was nicht mehr passt, wird über Bord geworfen, oft werden lang gehägte Pläne realisiert. Manche Frauen verändern sich beruflich oder machen sich selbständig, andere entfalten ihre kreative Seite, dritte wagen die Trennung vom Partner und beginnen ein neues selbständiges Leben. Aus gesundheitlicher Sicht sind die Wechseljahre ein guter Zeitpunkt, sich für einen bewußteren Lebensstil zu entscheiden. Mit dem Rückgang des Östrogens geht nämlich auch der weibliche Gesundheitsschutz zurück.
Wenig Östrogen - schlecht fürs Herz
Der Mangel an Östrogen hat ernst zu nehmende Folgen für den weiblichen Stoffwechsel. Beispielsweise erhöht sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Von den typischen „Männerkrankheiten" wie Schlaganfall oder Herzinfarkt sind statistisch gesehen Frauen häufiger betroffen, allerdings im Durchschnitt zehn Jahre später. Durch die Hormonumstellung nach der Menopause sinkt die Konzentration des schützenden HDL-Cholesterins im Blut, während das LDL-Cholesterin steigt. Bei vielen Frauen kommt es nach der Menopause zusätzlich zu einer Gewichtszunahme und Fettumverteilung von der Hüfte zum Bauch. Dies bedeutet weitere gesundheitliche Nachteile für das Herz-Kreislauf-System, da das Bauchfettgewebe unter anderem entzündungsfördernde Botenstoffe freisetzt.
Zeit für herzschonende Ernährung
Ernährung spielt neben Bewegung und Stressbewältigung eine der Hauptrollen bei der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Spätestens ab der Menopause tun Frauen gut daran, auch ihren Speiseplan zu überdenken. Im Mittelpunkt steht eine fettbewußte Ernährung, bei der vor allem die Fettqualität von großer Bedeutung ist. Hochwertige Öle wie Raps- oder Walnussöl sind gute Lieferanten an den herzschützenden Omega-3-Fettsäuren und ungesättigten Fettsäuren. Aber auch der regelmäßige Konsum von fettreichen Fischarten wie Makrele, Hering und Lachs liefern dem Körper die wichtigen Omega-3-Fettsäuren. Weiters sollten cholesterinsenkende Ballaststoffe in Form von Obst, Gemüse und Vollkornprodukten vermehrt genossen werden.
Tabelle 1: Beispiel für 30 g Ballaststoffe (empfohlene Tagesmenge)
Lebensmittel | Menge |
---|---|
1 Portion Haferflocken (30 g) | 3,0 g |
2 Scheiben Weizenvollkornbrot (100 g) | 7,4 g |
3 mittlere Kartoffeln (180 g) | 3,5 g |
1 Apfel (150 g) | 3,0 g |
1 Portion Erdbeeren (100 g) | 1,6 g |
1 Portion Karottenrohkost (200 g) | 7,2 g |
1 Portion Brokkoli (200 g) | 5,4 g |
1 handvoll Mandeln (25 g) | 3,4 g |
Summe | 34,5 g |
Quelle: UGB-Forum 3/2011
Stabile Knochen durch Kalzium und Bewegung
Das in den Wechseljahren schwindende Sexualhormon Östrogen spielt auch im Knochenstoffwechsel eine Rolle, da es den Knochenabbau verzögert und den Aufbau fördert. Frauen haben schon von Geburt an eine geringere Knochenmasse als Männer. Spätestens ab dem 30. Lebensjahr schwindet die Knochensubstanz um durchschnittlich rund 1 % pro Jahr. Nach der Menopause kann bei Frauen aufgrund des abfallenden Östrogenspiegels der Verlust der Knochenmasse deutlich ansteigen und in Folge zu Osteoporose führen. Besonders groß ist der Verlust fünf Jahre vor und nach der Menopause. Der Grundstock für feste Knochen wird zwar schon im Kindes- und Jugendalter gelegt, bewusste Ernährung und viel Bewegung können jedoch die Abbauprozesse verlangsamen und auch im Alter noch für stabile und feste Knochen sorgen. Da Kalzium der wichtigste Baustoff für das Knochengewebe ist, ist eine optimale Kalziumzufuhr entscheidend. 1000 mg pro Tag sind laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ausreichend für stabile Knochen. Dies kann leicht mit drei Portionen Milch oder Milchprodukten umgesetzt werden. Fettarme Milchprodukte enthalten übrigens genau so viel Kalzium wie fettreiche. Besonders leicht deckt man den Kalziumbedarf mit Hartkäsesorten wie Emmentaler und Bergkäse, aber auch kalziumreiches Mineralwasser (mindestens 150 mg Kalzium pro Liter) liefert einen wichtigen Beitrag zur Knochengesundheit. Wer es verträgt, kann den nächtlichen Knochenverlust durch eine kalziumhaltige Spätmahlzeit, wie etwa ein Glas Milch, verringern.
Sonne tanken und Knochen stärken
Ebenso wichtig für die Knochendichte wie Kalzium ist das Vitamin D. Es fördert die Aufnahme des Kalziums aus der Nahrung und seinen Einbau in die Knochen. Seine Vorstufe kann der Körper mit Hilfe der UVB-Strahlen des Sonnenlichts in der Haut selbst zu Vitamin D umwandeln. Diese Fähigkeit lässt jedoch mit zunehmendem Alter nach. Spätestens ab dem Ende der Wechseljahre empfiehlt die DGE, Vitamin D vermehrt über Lebensmittel zuzuführen. Reich an Vitamin D sind Fische wie Hering, Makrele und Lachs, Leber, Eier und Pilze. Studien weisen außerdem darauf hin, dass Vitamin D nicht nur die Knochen stärkt, sondern auch das Sturzrisiko verringert, und zwar aufgrund seiner Bedeutung für die Muskelfunktion. Die Empfehlung, sich mindestens 30 Minuten an der frischen Luft zu bewegen, macht für die Knochengesundheit daher in mehrerer Hinsicht Sinn.
Tabelle 2: Ein Beispiel für 1000 mg Kalzium am Tag
Mahlzeit | Produkt | Enthaltene Menge Kalzium |
---|---|---|
Frühstück | 1 Scheibe Hartkäse (30 g) | 320 mg |
2. Frühstück | 1 Milchkaffee mit 200 ml Milch | 240 mg |
Mittagessen | 1 Portion Brokkoli (200 g) | 120 mg |
Nachmittag | 25 g Haselnüsse | 56 mg |
Abendessen | 2 Esslöffel Topfen (60 g) | 51 mg |
Spätmahlzeit | 1 Becher Joghurt (150 g) | 180 mg |
über den Tag verteilt | 1 l Mineralwasser | 150 mg |
Summe | 1 117 mg Kalzium |
Quelle: UGB-Forum 3/11
Den Wechsel gut verdauen
Wenn die Verdauung in den Wechseljahren nicht mehr so gut funktioniert wie sonst, ist meist auch der sinkende Östrogenspiegel daran schuld. Ein weiterer Grund für einen trägen Darm können auch Medikamente wie Antidepressiva sein, die von Frauen im Wechsel häufiger konsumiert werden. Abhilfe schaffen können eine ausreichende Ballaststoff- sowie Flüssigkeitszufuhr (siehe Tabelle 1) sowie regelmäßige Bewegung. Ballaststoffe vergrößern das Stuhlvolumen und weichen den Darminhalt auf. Den Darm in Schwung halten können auch milchsäurehältige Lebensmittel wie Sauermilch und Sauerkraut.
Viel Hitze, wenig Schlaf
Mehr als 50 % der Frauen im Wechsel leiden unter Hitzewallungen und Schweißausbrüchen. Besonders häufig treten sie in der Nacht auf oder wenn der Blutzuckerspiegel zwischen den Mahlzeiten zu stark abfällt. Deshalb sollten die Mahlzeiten auf mehrere kleinere Portionen aufgeteilt werden. Auch Alkohol und Kaffee können Hitzewallungen verstärken und sollten bei Beschwerden ausgelassen werden. Bei Schlafstörungen sollte man auf anregende Getränke verzichten und die Abendmahlzeit besonders leicht gestalten sowie früher einnehmen.
Phytoöstrogene à la carte
Phytoöstrogene sind sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die eine ähnliche Struktur wie das weibliche Sexualhormon Östrogen aufweisen, jedoch sehr schwach wirksam sind. Zu den besonders gut untersuchten Phytoöstrogenen zählen Isoflavone und Lignane. Lignane kommen vermehrt in Ölsamen, Vollkornprodukten, Gemüse und Früchten vor. Die Vertreter der Isoflavone, Genistein und Daidzein, sind hingegen nicht so weit verbreitet. In großen Mengen kommen sie jedoch in Sojabohnen, Erbsen und Klee vor. In asiatischen Ländern, in denen Soja und Sojaprodukte Bestandteil der traditionellen Nahrung sind, leiden weit weniger Frauen unter den bei uns bekannten Wechseljahrbeschwerden. Auch hormonabhängige Krebsarten wie Brustkrebs treten in asiatischen Ländern seltener auf als in westlichen Industrieländern. Inwieweit die Wirkung den einzelnen Soja-Inhaltsstoffen wie den Phytoöstrogenen zugeschrieben werden kann, ist noch fraglich. Als „europäische Alternative" zu Sojaprodukten rücken die phytoöstrogenreichen Produkte wie Leinsamen, Leinöl und Leinmehl immer mehr in den Fokus.
Zur Linderung der vielfältigen Beschwerden in den Wechseljahren werden auch Präparate aus Soja- oder Rotkleeextrakt angepriesen, da sie einen hohen östrogen-ähnlichen Anteil besitzen. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe kommt jedoch in ihrer aktuellen Leitlinie zu dem Schluss, dass isoflavonhaltige Nahrungsergänzungsmittel keine oder nur eine marginale Wirkung bei Hitzewallungen haben. Isoflavone können außerdem in isolierter Form und hoher Dosierung die Funktion der Schilddrüse beeinträchtigen und das Brustdrüsengewebe verändern. Dabei ist nicht auszuschließen, dass die Entstehung von Brustkrebs gefördert wird. Von der Einnahme isolierter Präparate ist daher abzuraten.
Fazit
In den Wechseljahren ändern sich oftmals die Bedürnisse des Organismus an den Lebensstil. In der zweiten Lebenshälfte, in der die Regenerationskräfte nachlassen, ist eine abwechslungsreiche und genussvolle Ernährung, Zeit für sportliche Aktivitäten und ein achtsamer Umgang mit sich selbst besonders hilfreich. Wer es schafft, die Zeit der Veränderung positiv für seine Gesundheit zu nutzen, kommt leichter durch die Wechseljahre und kann auch dem Alter mit mehr Vitalität und weniger Beschwerden entgegen sehen.
Literatur
Groenewald M: Zeit für bewusste Ernährung. UGB-Forum, 3/11, S 117-120.
Österreichischer Osteoporosebericht 2007. www.alternmitzukunft.at/upload/3685_6354%20AMZ_OSTEOBericht_internet.pdf (Zugriff am 19.11.2011).
Till S, Gussner G: Tofu. Kochen und genießen. Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten (2003).