18.01.2022 von Redaktion (aktualisiert)

Gesundheits-Check: Vegane Ernährung

Wie die Schwammerl sprießen vegane Restaurants, Supermärkte oder Eisdielen aus dem Boden. Von den Kochbüchern gar nicht erst zu sprechen. Doch lebt man vegan tatsächlich gesünder? Und worauf ist zu achten?

Veganer essen nur pflanzliche Nahrungsmittel. Damit folgen sie nicht nur einer momentanen Strömung, sondern wählen oft ganz bewusst einen Lebensstil frei von tierischen Produkten. Bei vielen Veganern beginnt der Verzicht am Teller und reicht bis zu Produkten, die aus tierischen Materialien hergestellt werden. So verzichten sie nicht nur auf Fleisch, Fisch, Eier, Milch und daraus hergestellte Nahrungsmittel sowie Honig und Honigprodukte, sondern auch auf Leder, Wolle und Seide.

Wie gesund ist vegane Ernährung?

Pauschal lässt sich nicht sagen, ob es gesund ist, sich vegan zu ernähren. Isst man einseitig, ist es sehr wahrscheinlich, dass man mit einigen Nährstoffen unterversorgt ist. Das gilt aber nicht nur für die vegane Ernährung, sondern grundsätzlich für jede einseitige Kostform. Bereits 2016 veröffentlichte die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ein Positionspapier zur veganen Ernährung, dem 2020 eine Ergänzung für Bevölkerungsgruppen mit besonderem Bedarf an die Nährstoffversorgung (Schwangere, Stillende, Kinder und Jugendliche) sowie ein Antwortenkatalog auf die häufigsten Fragen beigefügt wurde. Darin rät die DGE Veganern, nährstoffangereicherte Nahrungsmittel zu essen und sich durch geschulte Fachkräfte beraten zu lassen. Vor allem bei Vitamin B12 (Cobalamin) empfiehlt die Gesellschaft ein Supplement einzunehmen. Die Erklärung dafür ist einfach: Das Vitamin wird ausschließlich von Bakterien hergestellt und kommt hauptsächlich in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch oder Eiern vor. Pflanzliche Lebensmittel wie Sauerkraut, Shiitake Pilze und Spirulina-Algen enthalten zwar Spuren an Vitamin B12, unklar ist jedoch, ob diese Form vom Menschen überhaupt verwertet werden kann.

Wissenswert

Ist man schlecht mit Vitamin B12 versorgt, wirkt sich das zuerst auf die roten Blutkörperchen aus. Sie sind dann in zu geringer Anzahl im Blut vorhanden, zu groß und tragen zu viel roten Farbstoff in sich. Ein schwerer Mangel äußert sich in Nervenschäden und gestörter Zellteilung. Das Gute ist, dass sich ein B12-Mangel erst nach Jahren bemerkbar macht, da der Körper, vor allem die Leber, viel von diesem Vitamin speichert. Veganern wird deshalb empfohlen, den Gehalt an Vitamin B12 im Blut regelmäßig überprüfen zu lassen. Sind sie unterversorgt, helfen Vitamin B12-Präparate.

Zu den oftmals kritischen Nährstoffen zählen laut DGE: Eiweiß, langkettige Omega-3-Fettsäuren, Kalzium, Eisen, Jod, Zink und Selen. Wählt man die Nahrungsmittel geschickt aus, werden diese Nährstoffe ausreichend aufgenommen (siehe Tipps unten). Zusätzlich sind viele vegane Produkte bereits mit diesen Nährstoffen angereichert.

Veganismus versus Mischkost: Was punktet?

Studien zeigen, dass Veganer (und auch Vegetarier) meist ein geringeres Körpergewicht haben als Mischköstler. Das liegt daran, dass sie sich generell mehr mit Ernährung auseinandersetzen, sich mehr bewegen und mehr sporteln. Zusätzlich rauchen sie seltener und trinken weniger Alkohol. Vegan zu leben, bedeutet somit meist grundsätzlich einen gesünderen Lebensstil zu pflegen. Der äußert sich auch in einem niedrigeren Cholesterinspiegel und Blutdruck. Dadurch leiden Veganer seltener an Herz-Kreislauferkrankungen. Ob die besseren Gesundheitsparameter jedoch eher auf die Ernährungsweise oder auf den generell gesünderen Lebensstil zurückzuführen sind, geht aus den Studien nicht hervor.

Tipps  für eine ausreichende Nährstoffzufuhr bei veganer Kost:

Kalzium:  Kohl, Brokkoli, Hülsenfrüchte und mit Kalziumsulfat geronnener Tofu sind gute Quellen. Das enthaltene Kalzium wird vom Körper gut aufgenommen und verwertet. Zusätzlich werden kalziumreiche Mineralwässer empfohlen, um den Bedarf zu decken.

Zink: Vor allem in Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten Nüssen und Weizenkeimen enthalten.
Eisen: Stammt das Eisen aus pflanzlichen Quellen, wird es generell schlechter vom Körper verwertet als aus Fleisch. Kombiniert man Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide oder grünes Blattgemüse mit Vitamin C-reichen Nahrungsmitteln, nimmt der Körper es besser auf. Vorsicht bei Tee und Kaffee: die enthaltenen Substanzen verschlechtern die Eisenaufnahme.
Jod: Jodiertes Speisesalz, wie allgemein empfohlen, sollte verwendet werden. Vorsicht ist bei getrockneten Algenblättern geboten. Sie enthalten sehr große Mengen an Jod und werden deshalb als gesundheitsschädlich eingestuft.
Selen: Gute Quellen sind Brokkoli, Kohlgemüse , Pilze, Spargel oder Hülsenfrüchte. Der Selengehalt in pflanzlichen Lebensmitteln ist je nach Anbaugebiet unterschiedlich. Er hängt sehr stark mit dem Selengehalt im Boden zusammen.
Langkettige Omega-3-Fettsäuren: Leinöl, Rapsöl, Soja oder Walnüsse sind gute Lieferanten. 
Vitamin B12: Vegane Ernährung enthält so gut wie kein verwertbares Vitamin B12. Es sollte deshalb auf ein Nährstoffpräparat zurückgegriffen werden, oder mit B12 angereicherte Nahrungsmittel gegessen werden. Dazu gehören Müsli, Cornflakes oder Sojaprodukte.
Vitamin D: Pflanzliche Alternativen zu finden ist nahezu unmöglich, da dieses Vitamin hauptsächlich in fettreichen Fischen, Eigelb und Lebertran enthalten ist. Der Körper kann das Vitamin jedoch selbst herstellen. Alles was er dazu benötigt ist ausreichend Sonnenlicht, deshalb: raus an die Sonne, mindestens 20 Minuten sollten es sein.

Wissenswert

Wie sich „vegan“ nährstoffdeckend in die Praxis umsetzen lässt, zeigt ausführlich die Gießener Lebensmittelpyramide HIER.

Vegan – gut für alle?

Für sensible Personengruppen eignet sich die vegane Ernährung nur bedingt. Dazu gehören vor allem Kinder und Jugendliche. Da sie noch wachsen, benötigen sie ausreichend Nährstoffe, vor allem essenzielle Aminosäuren. Das sind Eiweißbausteine, die der Körper nicht selber herstellen kann, für das Wachstum jedoch dringend benötigt. Bei Kindern und Jugendlichen, die sich vegan ernähren, muss also besonders darauf geachtet werden, dass der Nährstoffbedarf gedeckt ist. Das gilt auch für Schwangere und Stillende, weil sie nicht nur sich selbst, sondern auch das Kind zusätzlich versorgen müssen. Der dadurch entstehende Mehrbedarf kann mit einer veganen Ernährung nicht immer gedeckt werden. Wegen der nach wie vor unzureichenden Datenlage kann laut DGE jedoch weder zu Zufuhr und Versorgungsstatus noch zu günstigen/ungünstigen gesundheitlichen Effekten einer veganen Ernährung bei diesen speziellen Bevölkerungsgruppen eine zufriedenstellende Einschätzung vorgenommen werden. Die DGE empfiehlt daher, Kinder generell nicht vegan zu ernähren und rät auch in der Schwangerschaft und Stillzeit davon ab. Wollen sich diese sensiblen Personengruppen dennoch ausschließlich pflanzlich ernähren, sollten sie besonders auf eine gezielte Lebensmittelauswahl achten, zu angereicherten Nahrungsmitteln greifen und sich gegebenenfalls zusätzlich beraten lassen, so die Empfehlung. Die Ernährungskommission der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde hat 2018 ebenfalls ein Konsensuspapier zu Sicherheit und Risiken von vegetarischer und veganer Ernährung in Schwangerschaft, Stillzeit und ersten Lebensjahren veröffentlicht. Darin sind auch konkrete Zufuhrempfehlungen enthalten. Das Dokument kann HIER heruntergeladen werden.

Wissenswert

Wir haben in unserer Webinar-Reihe f.eh live im Talk das Thema „Herausforderung: vegane Kinderernährung“ mit Mag. Katharina Petter von der Veganen Gesellschaft Österreich und Prim. Univ.-Prof. Dr. Karl Zwiauer vom Landesklinikum St. Pölten diskutiert. HIER geht es zum Video.

Von rot bis weiß: Wein und Gemüse im Einklang

Ratgeber zur hochprozentigen Begleitung bei Fleisch und Fisch sind Usus. Vegetarische und vegane Speisen werden allerdings noch immer stiefmütterlich behandelt. Welcher Rot- und Weißwein passt am besten zu fleischlosen Gerichten? Das verrät das aktuelle Buch „Wein & Gemüse“.


Rüther M, Bordthäuser S: Wein & Gemüse.   
Edition Fackelträger (2017), 
240 Seiten, gebunden,
ISBN: 978-3-771-64-6875,-   
Preis: € 30,00

Fazit

Sich vegan zu ernähren, bedeutet weder von vornherein gesund zu essen noch automatisch unterversorgt zu sein. Worauf es bei dieser Ernährungsform speziell ankommt, ist Lebensmittel geschickt auszuwählen sowie angereicherte Produkte und bei Bedarf Nährstoffpräparate zu integrieren. Dann können auch Veganer gut und ausreichend versorgt sein. Vorsicht ist bei Vitamin B12 geboten. Veganer sollten regelmäßig den Gehalt im Blut überprüfen lassen. Schwangeren, Stillenden, Kindern und Jugendlichen rät die DGE von einer rein pflanzlichen Kost ab.

 

Literatur

Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE): Ausgewählte Fragen und Antworten zur Position der DGE zu veganer Ernährung (September 2020). www.dge.de/fileadmin/public/doc/ws/faq/FAQ-Vegane_Ernaehrung.pdf (Zugriff: 13.01.2022).

Ernährungskommission der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde: Sicherheit und Risiken vegetarischer und veganer Ernährung in Schwangerschaft, Stillzeit und den ersten Lebensjahren. paediatrie.at/images/Referatsleiter/Referat_Ernaehrungskommission/plank2018_article_sicherheitundrisikenvegetarisc.pdf (Zugriff: 13.01.2022).

Richter M et al.: Ergänzung der Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. zur veganen Ernährung hinsichtlich Bevölkerungsgruppen mit besonderem Anspruch an die Nährstoffversorgung. Ernährungs Umschau 5, Sonderheft (2020).

Richter M, et al.: Vegane Ernährung – Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Ernährungs Umschau 4 (2016).

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