09.12.2021 von Redaktion

Zimt in der Weihnachtsbäckerei

Ob Lebkuchen, Milchreis, Lamm, Punsch oder Tee: Weihnachtsduft liegt in der Luft. In der Adventzeit verleihen traditionelle Gewürze wie Zimt diesen Naschereien und pikanten Speisen eine besondere Note. Doch hohe Cumaringehalte in Zimtgebäck und Co bringen Unruhe in die besinnliche Zeit. Müssen wir uns von lieb gewonnenen Traditionen verabschieden?

Zimt, Lavendel und Datteln haben etwas gemeinsam: Sie enthalten, wie viele andere Pflanzen, Cumarin. Das ist ein natürlicher Aroma- und Duftstoff, der gefäßerweiternd, krampflösend und beruhigend wirkt. Nimmt man viel davon auf, führt das zu Kopfschmerzen, Übelkeit und Schäden an der Leber. Gerade bei Zimt können die Grenzen für Kinder schnell erreicht sein. Welche Mengen sind verträglich und worauf ist zu achten?

Eine Frage der Herkunft

Zimt zählt zu den ältesten Gewürzen und war lange Zeit beliebte und kostbare Handelsware. Er wird aus der getrockneten Rinde der Zimtbäume gewonnen. Obwohl es zahlreiche Vertreter gibt, werden nur zwei Sorten für Kochen, Braten und Backen verwendet: Ceylon Zimt oder Cassia Zimt. Ceylon wird als echter Zimt bezeichnet und stammt aus Sri Lanka, dem früheren Ceylon.  Er ist feinwürzig, aromatisch, hochwertig und cumarinarm. Chinesischer oder Cassia Zimt ist hauptsächlich im Südosten Chinas heimisch. Obwohl der Baum optisch dem echten Zimtbaum ähnelt, sind markante Unterschiede bemerkbar. Die Rinde ist dicker und enthält mehr Gerbstoffe. Diese machen den herben Geschmack aus. Cassia Zimt enthält deutlich mehr Cumarin als Ceylon Zimt.

Unterschiede nur schwer erkennbar

In den Geschäften oder auf den Märkten erhält man Zimt meist geschält, getrocknet in Form von Zimtstangen oder zu Pulver gemahlen. Cassia und Ceylon Pulver voneinander zu unterscheiden, ist nahezu unmöglich. Beide haben ein ähnliches Aroma. Kauft man verpackten Zimt, hilft die Kennzeichnung weiter, denn Ceylon Zimt ist kostbarer und wird deshalb meist gekennzeichnet. Wer ganze Zimtstangen kauft und damit Speisen verfeinern möchte, sollte auf die Rindenschicht achten. Bei Cassia Zimt rollt sich die trockene Rinde zu dicken, rotbraunen Stangen zusammen, die auch als solche verkauft werden. Beim Ceylon Zimt werden die inneren Rindenstücke der Borke des Zimtbaums gerollt und ineinandergeschoben. Die schlanken und feinen Stangen werden in Stücke geschnitten und kommen so auf den Markt. Die übrig gebliebenen kleineren Stücke werden zu Pulver gemahlen.

Wissenswert

Die Zimtqualität des Ceylon Zimts unterscheidet sich anhand der Dicke der Stangen, den Quills. Sind sie dünn, haben sie das feinste Aroma und somit die beste Qualität. Die Stangen bewahren das Aroma solange sie unzerbrochen sind. Gemahlener Zimt verliert es schnell und sollte deshalb nur in kleinen Mengen gekauft werden. Die Rinde des Cassia Zimtbaums ist dicker, sehr hart und lässt sich deshalb selbst nur schwer mahlen.

Probleminhaltsstoff Cumarin

Bei empfindlichen Personen löst das im Zimt enthaltene Cumarin bereits in geringen Mengen gesundheitliche Probleme aus. Es führt schnell zu Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. In schweren Fällen erhöhen sich die Leberenzyme im Blut, in weiterer Folge entzündet sich die Leber und führt zu Gelbsucht. Diese Schäden sind jedoch umkehrbar, sobald weniger Cumarin aufgenommen wird.

Wissenswert

Cumarin wird nicht nur über Nahrungsmittel aufgenommen. Es wird in der Medizin zur Behandlung von Ödemen oder in kosmetischen Produkten eingesetzt. Nahrungsergänzungsmittel auf Zimtbasis sind oft cumarinreich. Sie sollen vor allem bei Diabetikern den Blutzuckerspiegel senken. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt aufgrund der mitunter hohen Gehalte an Cumarin vor solchen Mitteln.

Wieviel darf drin sein?

In der europäischen Aromenverordnung sind Höchstgehalte für zimthaltige Nahrungsmittel festgelegt. Früher gab es einen einheitlichen Grenzwert, seit 2011 gelten in der Europäischen Union neue Höchstgehalte für Lebensmittel, die Cumarin enthalten.

Tab. 1: Cumarin-Höchstgehalte in Nahrungsmitteln

LebensmittelHöchstgehalte für Cumarin (mg/kg)
Traditionelle und saisonale Backwaren, bei denen Zimt in der Kennzeichnung angegeben ist50
Frühstücksgetreideerzeugnisse, inkl. Müsli20
Feine Backwaren (außer traditionelle und saisonale Backwaren), bei denen Zimt in der Kennzeichnung angegeben ist15
Dessertspeisen (z.B. Milchreis mit Zimt)5

Zimtsterne ade?

Zimtsterne, Lebkuchen und Co prägen die vorweihnachtliche Zeit. Immer wieder liest man von gesundheitlichen Risiken, die diese Naschereien mit sich bringen. Sollten wir besser darauf verzichten? Das Bundesinstitut für Risikoforschung in Deutschland (BfR) klärt auf und empfiehlt, zimthaltige Kekse in Maßen zu genießen. Die tolerierbare tägliche Aufnahme (TDI, Tolerable Daily Intake) liegt bei 0,1 mg/kg Körpergewicht. Kinder sind besonders gefährdet, da sie nicht so schwer sind und ein Grenzwert somit leichter überschritten wird.

Aus Sicht der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) besteht keine Gefahr den Grenzwert zu überschreiten, solange man in Maßen zimthaltige Nahrungsmittel konsumiert. Um gerade in der Adventzeit auf Nummer sicher zu gehen, kann man sich an den maximalen Verzehrsmengen für Kinder bis 15 kg und Erwachsene orientieren. Ein Beispiel: Bei Kindern wäre der TDI-Wert bei 30 g Zimtsternen (ca. 6 kleine Zimtsterne) oder 100 g Lebkuchen täglich ausgeschöpft, wenn kein Cumarin aus anderen Quellen hinzukommt. Bei Erwachsenen mit 60 kg Körpergewicht sind das mehr als 120 g Zimtsterne (ca. 24 kleine Zimtsterne) täglich. Wer in der Küche häufig große Mengen Zimt als Gewürz verwendet, zum Beispiel für Milchreis mit Zucker und Zimt, sollte den cumarinarmen Ceylon-Zimt verwenden.

Fazit

Zimthaltige Leckereien versüßen die Adventzeit und verleihen ihr einen besonderen Charme. Das darf auch weiterhin so sein. Man sollte jedoch die Verzehrsmengen im Auge behalten, vor allem bei Kindern. Zimthaltige Tees sollten in Maßen getrunken werden. Bäckt man die zimthaltigen Naschereien selber, kann man bereits beim Einkauf auf das cumarinarme Ceylon Zimtpulver achten.

Literatur

Bundeszentrum für Risikobewertung (BfR): Cassia-Zimt mit hohen Cumaringehalten nur maßvoll verzehren. Stellungnahme vom 27.09.2012. www.bfr.bund.de (Zugriff: 01.12.2012).
Bundeszentrum für Risikobewertung (BfR): Zimt und Cumarin: eine Klarstellung aus wissenschaftlich-behördlicher Sicht. www.bfr.bund.de (Zugriff: 02.12.2016).
European Food Safety Authority (EFSA): Coumarin in flavourings and other food ingredients with flavouring properties - Scientific Opinion of the Panel on Food Additives, Flavourings, Processing Aids and Materials in Contact with Food (AFC). EFSA Journal 6(10): 793 (2008).
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Cumarin in Zimt und zimthaltigen Lebensmitteln. www.lgl.bayern.de (Zugriff: 01.12.2016).
Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit (AGES): Cumarin. www.ages.at (Zugriff: 09.12.2021).
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Fragen und Antworten zu Cumarin in Zimt und anderen Lebensmitteln. www.bfr.bund.de (Zugriff: 01.12.2016).
Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Zimt. www.gesundheit.gv.at (Zugriff: 14.12.2020).
Das große Buch der Lebensmittel. DK Verlag. 340-341 (2011).
N. N: Cumarin in Nahrungsergänzungsmitteln. www.verbraucherzentrale.de (Zugriff: 09.12.2021).

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