28.06.2016

Makrobiotik

Der aus dem Griechischen stammende Begriff „Makrobiotik“ bedeutet "Großes, langes Leben" und meint ein Leben im Gleichgewicht von körperlicher und geistiger Energie, eine Ausgewogenheit von "Yin" („ausdehnend“) und "Yang" („zusammenziehend“). Bereits Herodot, Hippokrates und Aristoteles beschreiben diese Ernährungsphilosophie. Die moderne Makrobiotik wurde vom Japaner Georges Ohsawa begründet und fußt, ähnlich der Fünf-Elemente-Ernährung, auf taoistischen Lehren und asiatischen Traditionen, wie dem Zen-Buddhismus.

Die Makrobiotik wurde auf dem Verständnis von Yin und Yang entsprechend der energetischen Wirkung von Lebensmitteln auf Körper und Geist entwickelt. Zuteilungskriterien der Lebensmittel zur Yin- oder Yang-Seite sind z. B. der Wassergehalt, das Kalium-Natrium-Verhältnis, die Farbe oder Wachstumsfaktoren wie Form, Geschwindigkeit oder Standort.

Yin und Yang

Die „ausdehnende Energietendenz“ (Yin) meint Pflanzen die größer, weicher, lockerer, leichter, wasserhältiger, länglicher, schneller und nach oben wachsend, ölhaltiger, eher kalium- als natriumhältig, eher im wärmeren Klima gedeihend, vom Geschmack her eher süß, sauer und scharf sind. Die „zusammenziehende Energietendenz“ (Yang) äußert sich in kleineren, härteren, dichteren, schwereren, trockeneren, rundlicheren, langsamer und nach unten wachsenden, weniger ölhaltigen, eher natrium- als kaliumhaltigen, eher im kühleren Klima gedeihenden und vom geschmacklich eher salzigen und bitteren Pflanzen.

Wesentlichste Nahrungsgrundlage in der Makrobiotik ist das Vollgetreide, es gilt als ausgleichend. Zwar entspricht Getreide generell eher Yang, aber auch dort gibt es eher Yang-betonte Arten wie Hirse und eher Yin-betonte wie Mais.

Radikale Makrobiotik nach Oshawa

Der japanische Naturphilosoph Oshawa bemühte sich im 20. Jahrhundert um die Vertiefung und Verbreitung der Makrobiotik. Sein Ernährungskonzept ist allerdings sehr radikal. Es beinhaltet v. a. Naturreis, etwas gekochtes Gemüse und Hülsenfrüchte, Meeresalgen, viel Kochsalz und nur ein Minimum an Flüssigkeit. Rohkost, Früchte, Kräuter, Kaffee, Zucker und Milchprodukte lehnte er ab. Er teilte die Makrobiotik auf einer Zehn-Stufen-Skala ein, an deren Ende ausschließliche Getreidekost steht.

Nr.GetreideGemüseSuppeTierischesObst/SalatNachtischGetränke
7100sparsam
69010sparsam
58020sparsam
4702010sparsam
3603010sparsam
250301010sparsam
140301020sparsam
-13030102010sparsam
-220301025105sparsam
-310301030155sparsam

 Mittlerweile hat sich die Makrobiotik weiterentwickelt, kam von der Stufeneinteilung ab und empfiehlt „nur“ mehr einen Getreideanteil von 50–60 %. Schonend erhitztes Gemüse steht an zweiter Stelle, Hülsenfrüchte und Soja werden fast täglich gegessen. Mit Ölen wird ebenso wie mit Würzmitteln sparsam umgegangen. Extreme sollen vermieden werden, wobei ein natürliches Gespür bei der Mahlzeitenauswahl wichtiger ist als genaues Rechnen. Obwohl sie immer noch das Image der "Alternativen" hat, steht in der makrobiotischen Ernährung heutzutage nicht nur Getreide auf dem Speiseplan. Auch Obst und Gemüse haben ihren Platz. Nur eine kleine Minderheit der Makrobioten ist auch heute noch bestrebt, möglichst nahe an die höchste, der von Oshawa propagierten Stufen von 100 Prozent Getreideanteil im Speiseplan zu kommen.

Moderne Makrobiotik

Obwohl der Hauptteil aus pflanzlicher Kost besteht, wird kein genereller Vegetarismus gepredigt. Dennoch wird von Fleisch eher abgeraten, weil es als schwer verdaulich betrachtet wird und im Darm zu Fäulnis führen soll. Milch sieht man in der Makrobiotik sehr kritisch, sie gilt als "verschleimend" und verantwortlich für Allergien. Lediglich gesäuerte Milchprodukte werden toleriert. Obst wird nur als „willkommene Abwechslung“ beschrieben. Raffinierter Zucker wird als "Hauptverursacher der schwerwiegendsten Zivilisationserkrankungen" angesehen. Die Einschränkung der Flüssigkeitsaufnahme wurde glücklicherweise gelockert, und es sollte nach Durstempfinden getrunken werden.
Generell abgelehnt werden in der Makobiotik Kaffee, Schwarztee, anregende Kräutertees, scharfe Gewürze, Alkohol, Süßstoff, Lebensmittel mit Zusatzstoffen, Konserven und Tiefkühlkost. Ansonsten sollte auf biologische, regionale und saisonale Lebensmittelauswahl geachtet werden. 

Gesund nur bei genauer Kenntnis

In Summe ergibt sich aus den makrobiotischen Empfehlungen eine weitgehend vegane Ernährung, in der kleine Mengen Fisch und gesäuerte Milchprodukte möglich sind. Aufgrund der eingeschränkten Lebensmittelauswahl ist die Makrobiotik nach Oshawa die umstrittenste alternative Ernährungsform und ernährungsphysiologisch problematisch. Aufgrund der geringen Trinkmenge oder bei ausschließlicher Getreidekost sind schwerwiegende Mangelerscheinungen zu erwarten.

Bei der neueren Variante ergeben sich besonders in der Kinderernährung Probleme. Makrobiotisch ernährte Kinder haben im Vergleich zu Gleichaltrigen ein verzögertes Wachstum. Der Milchverzicht kann zu Mangelerscheinungen führen, weil tierisches Eiweiß, Kalzium, Vitamin B12 (kann durch Algen ersetzt werden) und fettlösliche Vitamine fehlen.

Wird Makrobiotik jedoch mit dem richtigen Augenmaß praktiziert, hat sie gegenüber der üblichen Kost doch einige Vorteile wie eine hohe Ballaststoffzufuhr, Einschränkung von Fett und Zucker, Verzicht auf Alkohol. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit der gesamten Philosophie ist in jedem Fall unumgänglich. Für Risikogruppen wie Schwangere, Stillende, Kinder und alte Menschen ist sie dennoch nicht empfehlenswert.

PLUS

  • pflanzenbetonte Kost, die schonend zubereitet wird
  • Bevorzugung biologischer, regionaler und saisonaler Lebensmittel

MINUS

  • radikale Ansätze in älteren Auslegungen
  • Verzicht auf Milch und Milchprodukte kann zur Unterversorgung mit Kalzium und Vitamin B2 führen
  • geringe Flüssigkeitszufuhr
  • viele traditionelle Lebensmittel stammen aus Asien und sind bei uns schwer erhältlich

Literatur

Leitzmann C, Keller M, Hahn A: Alternative Ernährungsformen. Hippokrates Verlag, Stuttgart (1999)

 

 

 

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