metabolic balance®
„Individuelle“ Lebensmittelempfehlungen nicht nachvollziehbar
In der Vorbereitungsphase werden Fragen zu den Körpermaßen (BMI, Umfang in Nabel-, Hüft- und Oberschenkelhöhe), Angaben zum Gesundheitsstatus (hoher Blutdruck, Herzleiden, Asthma, Allergien, Medikamenteneinnahme, Gelenkschmerzen, Diabetes, Schwindel, Nieren- oder Schilddrüsenbeschwerden, Hautkrankheiten, Schlafstörungen, ...), sowie zum Konsum von Fleisch, Fisch und Milchprodukten geklärt. Basierend auf diesen Angaben und den Laborwerten (36 Blutparameter werden gemessen, neben den üblichen Werten auch Eisen, Kalium, Kalzium und Natrium) wird dann im eigens entwickelten Computerprogramm eine Liste der Lebensmittel generiert, die den Stoffwechsel des Klienten optimal unterstützen sollen. So bekommt man z. B. bei hohen Harnsäurewerten Lebensmittel mit geringem Puringehalt auf den „Ernährungsfahrplan"- ein gängiges Prozedere jeder professionellen Ernährungsberatung. Was bei dem Computer generierten Ernährungsplan verloren geht, sind die individuellen Vorlieben oder Abneigungen für bestimmte Lebensmittel. Zudem ist diese „Analyse“ wie eine Blackbox: Keiner weiß, wie und auf welcher fachlichen Basis hier genau die „individuelle“ Lebensmittelauswahl vorgenommen wird.
Bevor es in die zweite Phase des Programms geht, steht das „Warming up" für den Körper am Zeitplan: Zwei Tage über wird entschlackt und abgeführt.
Strenge Umstellungsphase: Kasteien zum „definierten Wunschgewicht"
Ohne Fasten und Hungern das Gewicht regulieren – Dr. Funfacks Credo geht in diesem metabolic balance®-Abschnitt nicht vollends auf. Denn in der strengen Umstellungsphase, die 14 Tage oder länger dauert (je nachdem, wann das in der ersten Phase vom Kunden definierte Wunschgewicht erreicht ist) darf nur dreimal am Tag im Abstand von mindestens fünf Stunden gegessen werden. Zudem müssen die Mengen der erlaubten Lebensmittel strikt eingehalten werden. Auch die Grundregeln sollen befolgt werden: mindestens zwei Liter Wasser pro Tag, jede Mahlzeit mit ein, zwei Bissen Eiweiß beginnen und kein Essen nach 21 Uhr.
metabolic balance® Beispielplan:
Mahlzeiten | Vorschlag 1 | Vorschlag 2 | Vorschlag 3 |
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Frühstück | 85 g Putenbrust 100 g Gemüse | 200 g Naturjoghurt 1 Sorte Obst | 2 Eier 100 g Gemüse |
Mittagessen | 125 g Fisch 130 g Gemüse | 125 g Geflügel 130 g Gemüse | 80 g Käse 130 g Gemüse |
Abendessen | 90 g Bohnen 140 g Gemüse | 135 g Fisch 140 g Gemüse | 135 g Geflügel 140 g Gemüse |
Warum die Mahlzeitenaufnahme auf drei Mal pro Tag beschränkt ist, ist aus ernährungswissenschaftlicher Sicht nicht klar. Denn Zwischenmahlzeiten können Leistungstiefs und Heißhungerattacken vorbeugen. Zudem entspricht diese Diät nicht der empfohlenen Aufnahmemenge an Obst und Gemüse von fünf Portionen pro Tag, was mit fünf Mahlzeiten leichter zu erreichen wäre
Phase 3: Gelockerte Umstellung
Hier wird zwar der Ernährungsfahrplan der strengen Phase grundsätzlich fortgeführt, erlaubt sind aber Regelverstöße – zunächst auf eine Mahlzeit beschränkt. So genannte Schummeltage am Ende von Phase 3 sollen den Stoffwechsel wieder auf Touren bringen. Sie stehen zweitägig jeweils am Anfang und am Ende einer streng verlaufenden Diätwoche am Plan. Hier gibt es keine Verbote, weder im Hinblick auf Kalorien, noch auf Lebensmittel bezogen. Dabei ist laut Funfack ein Gewichtsanstieg durchaus gewollt, damit sich in den folgenden fünf strengen Diättagen das Gewicht besonders schnell und leicht wieder abbaut. Für dieses „Körperschockprogramm" gibt es keinen wissenschaftlichen Hintergrund.
Phase 4: Erhaltungsphase
In der letzten Phase soll der neu erlernte Essensrhythmus beibehalten werden, der laut metabolic balance® GmbH leicht ein Leben lang verfolgt werden kann. In der Erhaltungsphase gibt es keine Empfehlungen für die Kalorienmenge und die Nahrungsmittelauswahl. Was vom metabolic balance®-Programm bestehen bleibt, ist die Mahlzeitenfrequenz – drei Mal am Tag, dazwischen darf nur Wasser getrunken werden. Weiters wird empfohlen, bei jeder Mahlzeit nach wie vor genügend Eiweiß aufzunehmen. Dabei vertraut Funfack darauf, dass der „natürliche" Hunger fortan die Essensaufnahme bestimmen soll. Dass es auch zum bekannten Jojo-Effekt kommen kann, wird nicht angesprochen.
Evaluierung
Laut einer von der metabolic balance® GmbH in Auftrag gegebenen Evaluationsstudie mit überwiegend weiblichen Teilnehmern (84 %) ist der Erfolg des Programmes v. a. auf dessen konsequente Einhaltung zurückzuführen, die wohl an der persönlichen Beratung und Motivation liegt. Der durchschnittliche Gewichtsverlust nach einem Jahr lag bei 6,8 Kilogramm. Drei Monate nach Studienbeginn betrug der mittlere Gewichtsverlust noch 8,4 kg, die Teilnehmer nehmen offenbar nach anfänglichen Erfolgen wieder zu. Von den 851 Personen, die zu Beginn der Studie das Programm gestartet haben, konnten am Ende nur noch die Daten von 524 ausgewertet werden. Die Hälfte jener Personen, die das Programm nicht bis zum Studienende durchgehalten hatten, gab als Grund an, dass das Programm nicht mit ihrem Berufsalltag oder ihren familiären Verpflichtungen vereinbar war.
Oft unzureichende Betreuung
Laut Tests des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) zu metabolic balance® wurden die Testpersonen zum Großteil nicht nach bestehenden Beschwerden und Krankheiten befragt. Zudem wurden sie kaum über die gesundheitlichen Risiken, die mit einer Gewichtsabnahme verbunden sind, informiert. Die Diät ist für Diabetiker, Gicht- und Nierenpatienten sowie Patienten mit Gallensteinen mit einem gewissen Risiko behaftet. Auch Schwangeren und Stillenden wird im Kleingedruckten abgeraten. Dies könnte auch daran liegen, dass der Großteil der Berater kein Fachpersonal wie Ärzte, Ernährungswissenschafter und Diätologen ist. In vielen Fällen handelt es sich um Ernährungs- und Fitnesscoaches mit einer Kurzausbildung im Wellnessbereich.
Die Kosten für dieses Programm belaufen sich zwischen 300 Euro und 600 Euro, je nachdem, ob es sich um eine Fern-, Gruppen- oder Einzelbetreuung handelt.
PLUS
- auf Genießen und natürliches Geschmacksempfinden wird Wert gelegt.
MINUS
- Lebensmittel werden vorgeschrieben, ohne auf die Vorlieben der Kunden einzugehen
- Ernährungsberatung in vielen Fällen nicht durch fachkundiges Personal (Ernährungswissenschafter, Diätologen)
- Bewegung kein essenzieller Bestandteil
- Speisenzubereitung oft kompliziert und zeitaufwendig
Literatur
Meffert C, Gerdes N: Program Adherence and Effectivenes of a Commercial Program: The Metabolic Balance Study. Journal of Nutrition and Metabolism 2010, Article ID 197656
Zellhofer N: „Metabolic Balance-Programm“: Schlagseite statt Balance für die Gewichtsregulierung. Ernährung aktuell 1/2009, S. 7–8.
Verein für Konsumenteninformation (VKI): Diät: metabolic balance. Konsument 1/2010.
Kreissl A, Widhalm K: Bewertung von Metabolic Balance. Österreichische Ärztezeitung vom 10.2.2009.