06.03.2023

Allergien: Wenn der Körper gegen Windmühlen kämpft

Experten raten bei f.eh live im Talk, bei Allergie-Verdachtsfällen fachlichen Rat einzuholen, um die auslösenden Allergene zu erkennen sowie einen langen Leidensweg und Mangelerscheinungen durch einseitige Ernährung zu vermeiden.

Das Frühjahr naht und damit auch die Hauptleidenszeit für Allergiker. Ihr Immunsystem kann einzelne, eigentlich harmlose Substanzen nicht von gefährlichen unterscheiden. Es löst dann zum Teil heftige bis hin zu lebensbedrohlichen Reaktionen aus. Da einige aber nicht unmittelbar, sondern verzögert passieren, und viele Faktoren mitwirken, ist eine Eingrenzung der Allergene oft schwierig und langwierig. Gerade für pollenallergische Menschen kann diese Zeit zur Doppelbelastung werden, weil sie auch auf bestimmte Obst- und Gemüsesorten allergisch reagieren können. Das sagen die Expertinnen beim f.eh live im Talk zum Thema „Allergie oder Unverträglichkeit“. Prim. Dr. Andrea Zleptnig vom Allergieambulatorium Innere Stadt und Dr. Karin Buchart vom Europäischen Institut für Angewandte Pflanzenheilkunde raten daher, fachlichen Rat einzuholen. Denn oftmals kommt es bei Betroffenen vor, dass die Ungewissheit psychische Probleme verursacht oder durch einen eingeschränkten Speiseplan Mangelerscheinungen auftreten. Sie betonen im Gespräch mit Elisabeth Sperr, MSc, wissenschaftliche Mitarbeiterin im forum. ernährung heute (f.eh), dass eine umfassende Anamnese das Erkennen der entsprechenden Allergene erst ermöglicht. Das Webinar kann auf der Seite forum-ernaehrung.at/live-im-talk nachgesehen werden.

Das Immunsystem des Körpers hat die Aufgabe, körperfremde Stoffe (Antigene) mit Antikörpern (Immunglobuline) unschädlich zu machen und so vor Krankheitserregern zu schützen. Leidet man an einer Allergie, reagiert das Immunsystem auf bestimmte, eigentlich ungefährliche Stoffe wie Lebensmittel oder Pollen. Das führt zu Entzündungsprozessen vor allem in den Schleimhäuten von Augen, Nase, Bronchien und Darm sowie bei Nahrungsmittelallergien auch zu Reaktionen auf der Haut. Die Allergene werden dabei über die Atmung, die Haut, Nahrungs- und Arzneimittel, Insektenstiche oder Injektionen aufgenommen. Unterschieden wird die angeborene, unspezifische Immunabwehr, die aus Barrieren wie Haut, Schleimhäuten und Körperflüssigkeiten besteht, von der erlernten, spezifischen. Diese ist sehr effektiv und bildet Antikörper gegen Bakterien und Viren.

Ähnliche Eiweiße als Ursache für Kreuzallergien

Bei den Nahrungsmittelallergien unterscheidet man in primäre und sekundäre bzw. Kreuzallergien. Primäre Nahrungsmittelallergien sind bei Kleinkindern häufig gegen Grundnahrungsmittel wie Weizen oder Milch und verschwinden oft im Laufe des Lebens wieder, wenn die Verdauung reifer wird. Sie hängt vor allem mit der Magensäure zusammen, die bei Kleinkindern oder bei Erwachsenen mitunter durch Medikamente oder Alkohol- und Koffeinkonsum nicht stark genug ist, wodurch Eiweiße weniger stark zerkleinert werden. Im Darm werden diese Eiweiße dann als körperfremd erkannt und in der Folge wird eine Immunreaktion ausgelöst.

Bestimmte Eiweißbausteine (Epitope) sind auch Ursache für Kreuzallergien etwa bei Birkenpollenallergikern, bei denen es beim Verzehr von rohen Äpfeln, Karotten, Haselnüssen oder Walnüssen zu Beschwerden wie geschwollenen Lippen kommen kann. Die Epitope im Lebensmittel sind Eiweißteilen der Pollen ähnlich, weshalb der Körper eine Immunreaktion einleitet. Durch Erhitzen oder bei bestimmten Sorten kommt es jedoch meist zu keinen Symptomen. Bei Beifußallergien ist es schwieriger, die Ursache zu erkennen, da manchmal einzelne Gewürze Auslöser sind.

Im Gegensatz zu Allergien gelten Lebensmittelunverträglichkeiten grundsätzlich als weniger gefährlich und verursachen eher Symptome wie Kopfschmerzen und Durchfall. Sie können aufgrund der unterschiedlichen Reaktionen aber mitunter verwirrend und schwer feststellbar sein.

Konsultation bei Allergien empfohlen

Die Wissenschaft hat vier Allergietypen definiert: Am häufigsten kommt der IgE-vermittelte Soforttyp vor, bei dem sich die Symptome innerhalb weniger Minuten bis zu zwei Stunden zeigen. Solch schnelle Reaktionen sind leichter mit dem Auslöser – etwa einer Reihe von Lebensmitteln – in Verbindung zu bringen und mit Lanzettentests (Pricktests), Bluttests und/oder Oralen Provokationstests feststellbar. Schwieriger wird es bei verzögerten Allergietypen und hier z. B. bei Allergenen wie Kasein in der Kuhmilch.

Daher empfehlen die Expertinnen generell eine medizinische oder diätologische Beratung, um Allergene systematisch auszutesten. Die Therapie beginnt meist mit einer allergenarmen Grunddiät, bis Betroffene symptomfrei sind. Danach werden sukzessive weitere Lebensmittel in den Speiseplan integriert. Je genauer die Anamnese und Informationen, desto schneller können die entsprechenden Allergene in der Regel festgemacht werden. Andrea Zleptnig und Karin Buchart betonen zudem, dass Allergien komplex und multifaktoriell verursacht sind. Im Rahmen des Austestens sollten daher auch Triggerfaktoren wie Alkohol, Stress, Sport und mögliche Umweltfaktoren betrachtet werden. Diese können die Beschwerden zusätzlich beeinflussen und verstärken.

Zu besonderer Vorsicht raten Andrea Zleptnig und Karin Buchart bei Nussallergien, die sich bereits in frühem Kindesalter manifestieren. Hier lösen hitzebeständige Speicherproteine zum Teil heftige Immunreaktionen aus, die bis zum anaphylaktischen Schock reichen können. Und das vereinzelt mitunter bereits bei geringsten Spuren, etwa durch Einatmen von Erdnussstaub oder wenn Lebensmittel in Gefäßen verarbeitet und gelagert werden, in denen vorher Nüsse enthalten waren. Bei starken Allergien sollte jedenfalls das gesamte Umfeld geschult und sensibilisiert sowie jederzeit ein Notfallset mitgeführt werden.

Wie man den Windmühlen den Wind nimmt

Um die Beschwerden vor allem bei sekundären Allergien zu lindern, gibt es ein paar Möglichkeiten durch Verarbeitung der Lebensmittel:

• Schälen von Obst entfernt bereits einen Großteil der Allergene, wodurch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass das Lebensmittel keine Beschwerden verursacht.

• Besser verträglich ist das jeweilige Obst auch, wenn es länger gelagert wird, weil sich dabei die Struktur der Proteine verändert und die allergene Wirkung sinkt.

• Durch Erhitzen (z. B. Apfelkompott), Raspeln oder Kleinschneiden werden die Proteine ebenfalls denaturiert, wodurch das Obst beschwerdefrei zu genießen ist.

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