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Experten fordern: Verpackung vermeiden, vermindern, aber vor allem verwerten
Bei einer Umfrage im Jahr 2019 gaben 45 Prozent der Befragten an, dass sie Probleme haben, weniger Kunststoff zu verwenden. Gleichzeitig wächst das ökologische Bewusstsein stetig an. Beim f.eh live im Talk zum Thema „Sinn und Zukunft von Verpackung“ betonten die Experten, dass es bei der Verpackung zahlreiche Parameter gibt, die es zu berücksichtigen gilt. Plastikverzicht ist dabei nicht automatisch die beste Wahl, da auch die Eigenschaften der Lebensmittel zu berücksichtigen sind. FH-Prof. DI DI Dr. Victoria Krauter von der fh campus Wien und Daniel Steinitz vom Kompost & Biogas Verband Österreich wünschten sich zudem auch beim Recycling-Kreislauf mehr Regionalität und einen weiteren Ausbau der Mehrwegsysteme. Im Gespräch mit Elisabeth Sperr, MSc., wissenschaftliche Mitarbeiterin beim forum. ernährung heute, zeigten die beiden Experten zudem Optimierungspotenziale durch neue, innovative Verpackungen auf und gaben Tipps für das richtige Mülltrennen. Die Veranstaltung kann ab Montag auf der Seite forum-ernaehrung.at/live-im-talk nachgesehen werden.
Verpackungen erfüllen einen wichtigen Zweck und können daher nicht – wie oftmals gefordert – ausgespart werden. Vielmehr sollten Optimierungspotenziale gefunden werden, ohne die essenzielle Aufgabe von Verpackung aus den Augen zu verlieren, nämlich, dass sie Lebensmittel vor äußeren Einflüssen schützt und konserviert. Diese Barrierefunktion muss an das Lebensmittel angepasst sein. So bieten konventionelle Kunststoffe meist eine gute, Bio-Kunststoffe eine schwächere Barriere, weshalb frisches Obst und Gemüse darin länger haltbar bleibt. Die richtige Verpackung trägt damit zur Lebensmittelsicherheit, zum Kampf gegen Foodwaste und zur schonenden Nutzung von Ressourcen bei.
Als Beispiel führt Krauter die Gurke und deren Lebensmittelzyklus an: Da Gurken innerhalb weniger Tage weich werden und Geschmack verlieren, benötigt insbesondere importierte Ware eine konservierende Verpackung, während dies bei regionalen Produkten nicht nötig ist. Bei einer saisonalen und regionalen Ernährungsweise kann tendenziell eher auf Verpackung verzichtet werden. Weitere Aufgaben von Verpackung sind das Aufbewahren und transportfähig Machen, die Möglichkeit der Kommunikation und Information sowie eine leichte Handhabung durch entsprechende Gestaltung.
Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff
Bei den Verpackungsmaterialien unterscheidet man vier Gruppen: Kunststoff, Metall, Glas sowie Papier und Karton, die mit 35 Prozent den größten Anteil haben, dicht gefolgt von flexiblen Verpackungen aus Verbundstoffen wie Getränkekartons. Die Kunststoffe wiederum unterteilt Daniel Steinitz neben den konventionellen anhand deren Rohstoffe in drei weitere Gruppen:
• nicht biologisch abbaubare, die biogener Herkunft sind
• biogene und abbaubare
• fossile, die biologisch abbaubar sind
Ob die Verpackungen aus biogenen Rohstoffen tatsächlich nachhaltiger sind, hängt dabei ebenfalls von deren Herkunft ab. Steinitz ortet hier noch enormes Optimierungspotenzial, auch wenn Bio-Kunststoffe aufgrund ihres geringen Marktanteils bislang nur einen geringen Flächenverbrauch mit sich bringen. Zudem gibt es auch Rohstoffe aus dem Labor sowie aus Reststoffen und Abfällen.
Für alle Kunststoff-Verpackungen gilt: Sie sollten nicht über den Biomüll entsorgt werden, da sie als Störstoff ein Problem darstellen. Das gilt auch für abbaubare Stoffe. Sie weisen nämlich eine andere Abbaudauer als Kompost auf. Das Ziel muss sein, Alternativen zu Kunststoff zu finden, die dieselben Eigenschaften aufweisen, aber kompostierbar sind. Als Beispiel führt Steinitz das „Bio-Kreislauf-Sackerl“ an, ein Knotenbeutel wie die bekannten Obst- und Gemüsesackerln. Es ist zertifiziert biologisch abbaubar und trägt zur Erkennung ein Keimlingssymbol sowie das „OK Compost“-Zeichen vom TÜV Austria. Mit diesem und anderen derart zertifizierten Sackerln können auch Lebensmittel frisch gehalten und kompostierbare Abfälle entsorgt werden. Diese Sackerl dürfen auch in den Biomüll.
Richtig verwerten – aber wie?
Generell ist Österreich beim Recycling auf einem guten Weg, wie die Experten betonen. Insbesondere bei Metall, Glas und Papier werden in Österreich bereits nahezu 90 Prozent des aufkommenden Mülls recycelt. Bei Glas ist dabei generell ein Trend zu Mehrweg zu bemerken. Wird eine Flasche nicht der Sammlung zugeführt, hat Mehrweg- ebenso wie Einwegglas aber einen großen CO2-Fußabdruck. Zudem sollten die Flaschen und Gläser analog zum Bierflaschen-System möglichst standardisiert sein. Je kleiner das Gebinde und je mehr Einweg bei Glas, desto eher wäre Kunststoff zu bevorzugen, weil das Material leichter ist und beim Transport zum Abfüller unter geringerem Volumensverlust transportiert werden kann.
Bei Kunststoffen mit nur 25 Prozent Recyclingrate bedarf es jedoch weiterer Maßnahmen. Wie die Konsumenten dazu animiert werden können, ist Gegenstand der Forschung, ebenso, wie man die Wertschätzung für Kunststoffe aber auch Bioabfall generell erhöhen kann, da es sich letzten Endes um Wertstoffe handelt. Daher betonen Krauter und Steinitz, dass der Müll unbedingt getrennt werden soll, damit Stoffe in den Kreislauf zurückgeführt werden können.
Verpackung der Zukunft
Die Aufgaben der Verpackung bleiben auch künftig unverändert bestehen. Potenziale gibt es vor allem durch Optimierung, Reduktion der Verpackungsmenge oder Substitution, wobei das oberste Ziel sein muss, die Effektivität der Verpackung zu erhalten, so die Experten. Geforscht wird dazu etwa bei aktiver Verpackung, die antimikrobiell sein kann oder die Produktqualität verbessert, oder bei intelligenten Verpackungen, die z. B. die Einhaltung der Kühlkette dokumentieren.