09.04.2021

Front of Pack-Labels: Kompetenz der Verbraucher in den Vordergrund rücken

Konsumenten zu einem gesunden und genussvollen Lebensstil zu motivieren, das ist das Ziel der erweiterten Nährwertkennzeichnung. Zusätzlich zum Wissen über Nährwerte braucht es aber Maßnahmen zum Kompetenzaufbau. 

Front of Pack-Labels (FOPL) vereinfachen die Auswahl von Lebensmitteln, indem sie den Vergleich von Produkten innerhalb einer Gruppe ermöglichen. Damit sie von den Konsumenten optimal genützt werden, braucht es jedoch ergänzende Maßnahmen, so das forum. ernährung heute (f.eh). „Konsumenten zu einem gesunden, genussvollen und nachhaltigen Lebensstil zu motivieren, wird immer bedeutsamer. Hier spielt das Wissen über Nährwerte eine Rolle und für das braucht es Strategien, die die Kompetenz in den Vordergrund rücken“, so Marlies Gruber, Geschäftsführerin und Ernährungswissenschafterin im f.eh. „Um bei den Verbrauchern die notwendige Kompetenz im Umgang mit Front of Pack-Labels aufzubauen, bedarf es unabhängig vom entsprechenden System begleitender Informationskampagnen, in denen auch das Zustandekommen der Einordnung – also der Farbe oder Graduierung – vermittelt wird. Einzelne Aspekte sollten zudem digital umfassender erklärt werden – z. B. mit einem QR-Code. Denn gerade Vielfalt, Ausgewogenheit oder das Aufwerten von Speisen als essenzielle Bausteine einer gesunden Ernährung können nicht über Labels transportiert werden.“

Seit der Ankündigung der EU-Kommission in der Farm to Fork-Strategie, bis Ende 2022 einen Regelungsvorschlag für eine harmonisierte und verpflichtende Kennzeichnung auf der Packungsvorderseite von Lebensmitteln vorzulegen, stehen FOPL in der Diskussion. Die Kennzeichnung soll dabei auf verschiedenen Ebenen wirken und den Konsumenten eine einfache und schnelle Information über die ernährungsphysiologische Qualität von Produkten ermöglichen. Aktuell werden die unterschiedlichen Systeme von der EU-Kommission evaluiert und hinsichtlich der Akzeptanz der Konsumenten geprüft.

Derzeit sind die Labels freiwillig und einzelne EU-Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Formen der Berechnung, der Gestaltung und der Aussage umgesetzt. So gibt es rein informative, nährstoffbasierte Labels wie Guideline Daily Amounts und NutrInform Battery, die interpretierende, aber auch nährstoffbasierte Ampel sowie summarische, interpretierende Labels wie Nutri Score und Keyhole. Für die Konsumenten soll die zusätzliche Kennzeichnung eine ausgewogene Ernährung und einen gesunden Lebensstil erleichtern und damit Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht und Adipositas eindämmen.

Viele Faktoren zu berücksichtigen

Ob die Front of Pack-Labels von den Konsumenten angenommen und genützt werden, ist dabei von mehreren Faktoren abhängig: Damit ein anderes Produkt präferiert wird, müssen Labels zuallererst einen Mehrwert aufzeigen, in dem sie aufklären und tiefergehend kommunizieren. Generell sprechen Nährwerttabellen und -kennzeichnungen vor allem Personen an, die bereits über umfassenderes Ernährungswissen verfügen, sich intensiver mit Lebensmitteln auseinandersetzen und sich bei der Produktwahl auch an Nährwerttabellen orientieren. „Konsumenten, die über wenig Ernährungswissen und -kompetenz verfügen, wünschen sich eher farbliche Systeme. Denn die Bedeutung der Ampelfarben ist jedem bekannt und vertraut und sie erlauben eine schnelle Einordnung, ohne sich tiefergehend damit auseinandersetzen zu müssen“, betont Marlies Gruber. Dabei wird die Akzeptanz der Verbraucher auch davon abhängen, ob die als grün klassifizierten Produkte die Erwartungen erfüllen, schließlich entscheidet letztlich der Geschmack.

Gerade ein unreflektierter Umgang mit FOPL birgt aber auch ein Risiko für Rückkopplungseffekte wie das Auslösen von Ambivalenzen und restriktives Essen, so Marlies Gruber: „Lebensmittel werden bereits jetzt von vielen Menschen nach einzelnen Inhalts- und Nährstoffen und damit in Gut und Schlecht unterschieden. Diese Klassifizierung führt zu einem verkopften und häufig restriktiven Essverhalten sowie zu kognitiven Dissonanzen. Für eine profund ausgebildete Ernährungskompetenz ist es aber wichtig, von der Klassifizierung weg zu kommen und zu vermitteln, wie man einen Speiseplan ausgewogen gestalten kann. Dafür ist auch ein Verständnis für adäquate Portionsgrößen relevant – vor allem bei Lebensmitteln, die in geringeren Mengen gegessen werden sollen.“

Unabhängig davon, welches System umgesetzt wird, ist also in erster Linie entscheidend, dass die Konsumenten wissen, was es aussagt und was nicht. Das beugt auch dem Risiko vor, falsche Hoffnungen zu wecken. „Es ist eine ernährungsphysiologische Einzelbewertung und kein Hinweis auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung. Dementsprechend braucht es die Ausbildung einer Ernährungskompetenz für den richtigen Umgang mit Front of Pack-Labels und das Wissen über die Wirkungen einzelner Inhaltsstoffe auf den Körper. Das ist die Grundlage für eine ausgewogene und gesunde Ernährung“, sagt Marlies Gruber.

Experten unterstreichen Forderungen des f.eh

Bei f.eh live im Talk zum Thema „Was können Nutri-Score und Co.?“ diskutierte das f.eh gemeinsam mit RA Peter Loosen, LL.M., vom Lebensmittelverband Deutschland, und Ernährungspsychologin Mag. Cornelia Fiechtl Chancen und notwendige Begleitmaßnahmen bei FOPL. Auch sie plädieren für eine umfassende Ernährungsbildung und die Vermittlung eines tiefergehenden Wissens, um mehr Bezug zum Essen zu ermöglichen. Demnach soll Kindern und Jugendlichen das ABC des Essens und Kochens vermittelt werden. Das leistet einen wichtigen Beitrag zu einer vielfältigen, ausgewogenen und individuellen Ernährung. Sind die Konsumenten mit einer entsprechenden Ernährungskompetenz ausgestattet, fördert das auch den richtigen Umgang mit Labels, so die Experten. Die Veranstaltung kann unter forum-ernaehrung.at/live-im-talk nachgesehen werden.

Das f.eh hat einen Überblick und Vergleich der unterschiedlichen Systeme erstellt. „Front of Pack-Labels kompakt: Überblick zur wissenschaftlichen Evidenz“ kann hier heruntergeladen werden.

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