20.03.2023

Hülsenfrüchte: Gut für Körper und Planet

Experten betonen bei f.eh live im Talk positive Effekte eines höheren Anteils pflanzlicher Proteine in der Ernährung auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt.

Einst wurden in Österreich und Europa viele Hülsenfrüchte gegessen, weil sie in der Landwirtschaft eine wichtige Stickstoffquelle für nachfolgende Kulturen und eine wesentliche Eiweißquelle für die Bevölkerung waren. Mit der synthetischen Erzeugung von Düngemitteln hat sich das verändert. Zudem haben Bohnen in der Ernährung an Bedeutung verloren, weil Fleisch vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Zeichen für Wohlstand wurde, während Hülsenfrüchte ein Sinnbild für kostensparendes Essen waren. Das ändert sich nun langsam, sagen die Experten beim f.eh live im Talk zum Thema „Bohnen, Linsen und Co. – warum mehr Hülsenfrüchte?“. Matthias Krön, Präsident beim Verein Donau Soja, und Christine Pall, Vizepräsidentin des Verbands der Diätologen Österreichs. Sie betonen zudem im Gespräch mit Elisabeth Sperr, wissenschaftliche Mitarbeiterin im forum. ernährung heute (f.eh), dass in Österreich 500 g Hülsenfrüchte und 70 kg Fleisch pro Jahr gegessen werden. Die Lancet-Commission, die eine planetenfreundliche Ernährung zum Ziel hat, empfiehlt die zehnfache Menge an Hülsenfrüchten, dagegen nur halb so viel Fleisch. Denn ein höherer Anteil pflanzlichen Eiweißes würde der Umwelt und der Gesundheit der Menschen zugutekommen. Das Webinar kann auf der Seite forum-ernaehrung.at/live-im-talk nachgesehen werden.

Österreich kann seinen Bedarf an Hülsenfrüchten derzeit nicht decken. Aufgrund des hohen Fleischkonsums und dem damit verbundenen Futtermittelbedarf sind wir auf den Import angewiesen. Würden wir hierzulande mehr Hülsenfrüchte und weniger Fleisch essen, wie von den Ernährungsgesellschaften empfohlen, wäre das ökologisch und ökonomisch sinnvoll, so die Experten: Die Landwirtschaft wäre global betrachtet ausgewogener, die CO2-Emissionen könnten reduziert werden und auch für den Körper hätte es positive Effekte.

Über Genuss und Convenience gewinnen

Doch bis dahin ist es ein weiter Weg, auch wenn das Image von Hülsenfrüchten wieder deutlich besser ist – vor allem bei jüngeren Menschen. Sie ernähren sich oft vegan, vegetarisch oder flexitarisch. Weil Hülsenfrüchte aber oftmals vor dem Kochen eingeweicht werden müssen, würde ein breiteres Angebot an vorgekochten Varianten und Convenience-Produkten den Konsum erhöhen.

Zudem liegt es auch am eigenen Know-how zu Produkten und Rezepten, wie sich der Anteil pflanzlicher Eiweiße steigern lässt. Als Beispiele sind etwa Nudeln und Pizzateig aus Hülsenfruchtmehl, Aufstriche wie Hummus, Aquafaba (Wasser von Kichererbsen-Dosen) als Eiersatz, das Ergänzen von Süßspeisen oder Salaten mit Leguminosen sowie Pflanzendrinks als Milchalternative zu nennen. Auch ein verstärktes Angebot von Hülsenfrüchten in der Gastronomie könnte die Menschen zu mehr Bohnen, Linsen, Erbsen und Co. motivieren. Schließlich ist der Außer-Haus-Konsum oftmals Impulsgeber für Lebensmittelwahl und Zubereitung in der eigenen Küche. Gelänge es, über die gesamte Wertschöpfungskette einen höheren Anteil an pflanzlichen Eiweißen durchzusetzen, könnte man etwas Druck aus den Ökosystemen in Übersee nehmen.

Wahrhaft nahrhaft

Ein höherer Anteil von Hülsenfrüchten an der Ernährung hätte aufgrund der enthaltenen Nährstoffe auch positive gesundheitliche Effekte: Sie sind die wichtigste pflanzliche Eiweißquelle mit einem Anteil von 5 bis 10 Prozent Eiweiß bzw. bis zu 40 Prozent bei der Sojabohne. Die Kohlenhydrate nehmen bis zu 55 Prozent ein, wobei 30 bis 40 Prozent unverdaulich sind und als resistente Stärke vorliegen. Sie gelangen unverdaut vom Dünn- in den Dickdarm und sind so Futter für das Mikrobiom. Abgebaut zu kurzkettigen Fettsäuren stärken sie die Darmbarriere und die Immunabwehr.

Eiweiß und Kohlenhydrate gemeinsam sorgen wiederum für eine gute Sättigung und einen geringen Blutzuckeranstieg, was Diabetikern entgegenkommt. Auch der glykämische Index ist sehr niedrig, weshalb Diabetikern beispielsweise geraten wird, Reis mit Bohnen oder Linsen zu kombinieren. Enthalten sind zudem viele bioaktive Substanzen wie Phytoöstrogene, Tannine und Saponine, die eine antioxidative Wirkung haben und das Lipidprofil verbessern, sowie die Vitamine B und C, Calcium und Magnesium. In Kombination mit Getreide werden zudem die essenziellen Aminosäuren Methionin und Cystin gut ergänzt, was die biologische Wertigkeit des Eiweißes der Mahlzeit erhöht, so Pall.

Zukunftsweisend

Aber nicht nur bei der Ernährung, sondern entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Züchtung von Sorten, über die Ausbildung und Beratung von Landwirten bis hin zur Ernährungswirtschaft und dem Handel – bedarf es eines Umdenkens, unterstreicht Krön. Soja kann hier Vorbild für andere Hülsenfrüchte sein: Über einen systematischen Ansatz ist Soja hierzulande bereits zur viertwichtigsten Kultur geworden und Österreich bei der Produktion von Lebensmittelsoja in Europas Spitzenfeld. Nun gilt es, diese Erfahrungen auf den Anbau und Konsum unterschiedlicher Bohnen und Linsen zu übertragen. Erbsen, Favabohnen, Lupinen und Kichererbsen gewinnen aktuell langsam an Bedeutung.

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