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Kulinarische Integration – der Teller spricht viele Sprachen
„Ohne Zweifel bilden Migration und Globalisierung große Herausforderungen. Sie zeigen aber auch durchaus positive Seiten, etwa mit einem Blick auf die Kulinarik. Denn seit Jahrhunderten bringen Zuwanderung und Welthandel Vielfalt auf unsere Teller, und auch bei den aktuellen Bewegungen ist damit zu rechnen, dass sie längerfristig unsere Speisekarte bereichern“, sagt Marlies Gruber, Geschäftsführerin des forum. ernährung heute.
Einmal um die Welt im Supermarkt
Heute werden im Handel unzählige Lebensmittel angeboten. Viele haben ihre Wurzeln in fernen Ländern – auch elementare Nahrungsmittel wie die Kartoffel, Kakao oder Gewürze. Ihr Einzug in die heimische Küche ist laut Martin Trenk, Food-Ethnologe an der Universität Frankfurt, vor allem drei großen Globalisierungswellen zu verdanken: Der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus, der Kolonialisierung und seit den 1960er Jahren dem Zuzug von Gastarbeitern.
Jedes Mal hat sich unsere Esskultur gewandelt – oft dauerte der Wandel allerdings mehrere Generationen oder sogar Jahrhunderte, wie der schwierige Start der Kartoffelpflanze zeigt. Von Kolumbus nach Europa gebracht, fand sie erst im 18. Jahrhundert bedingt durch Weizenmissernten ihren Siegeszug in die heimische Küche. Heute essen Frau und Herr Österreicher rund 49 kg Kartoffeln pro Jahr.
Ein anderes Beispiel kulinarischer Integration sind Gewürze aus dem Orient. Sie sind aus der österreichischen Küche nicht mehr wegzudenken. Auf den Gewürzrouten von Indien bis in den europäischen Mittelmeerraum fanden Kostbarkeiten wie Zimt, Nelke, Pfeffer oder Muskat im Zuge der Kolonialisierung ihren Weg nach Europa. Seit dem verstärkten Zuzug von Gastarbeitern aus Südosteuropa vor mehr als 50 Jahren bereichern auch italienische oder griechische Restaurants und Speisen unser Nahrungsangebot. Und gerade die asiatische Küche beweist, dass Kreativität und Flexibilität genutzt wird, sobald Exotisches an den lokalen Gaumen angepasst wird. Asiatische Gerichte werden hierzulande weniger scharf zubereitet und exotische Bestandteile von Tieren wie Füße, Augen oder Hoden sind Tabu. Im Ursprungsland hingegen ist ihre Verwendung ganz normal.
Der Trend: Was gestern noch als Ethno-Food, also als neu und fremd galt, kann morgen fest im Essalltag verankert sein. Bei Gulasch, Pizza, Falafel oder Döner ist das längst der Fall. Darüber hinaus nimmt die Verschmelzung von regionaler und exotischer Küche – die Fusionsküche – zunehmend ihren fixen Platz in der Kulinarik ein. Man darf darum gespannt sein, wie sich die aktuellen Migrationsbewegungen auf den künftigen Essalltag auswirken. Fest steht jedenfalls: Ohne Migration und Globalisierung gäbe es viele beliebte Lebensmittel und köstliche Speisen bei uns nicht. Und wer fremde Küchen probiert und erkennt, dass sie schmecken, macht bereits am Esstisch Integrationserfahrungen.
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