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Nahrungsergänzungsmittel – oft am Bedarf vorbei
Die häufigsten Gründe für die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) sind körperliche Gesunderhaltung, Stärkung des Immunsystems und das Vorbeugen von Erkältungen. Daher erfährt der Absatz von Nahrungsergänzungsmitteln im Herbst/Winter ein deutliches Hoch. Auf den ersten Plätzen rangieren Vitamin C und Kalzium, bei Frauen zusätzlich Magnesium, bei Männern Vitamin E. Die Aufnahme muss allerdings auf die tatsächlichen Bedürfnisse hin hinterfragt werden. „Mit Ausnahme von Kalzium werden häufig Mikronährstoffe supplementiert, mit denen die Österreicher ohnehin ausreichend versorgt sind", so Mag. Marlies Gruber, wissenschaftliche Leiterin des forum. ernährung heute.
„Hilft's nicht, so schadet‘s nicht" gilt nicht bei NEM
Eine übermäßige Einnahme von gewissen Nahrungsergänzungsmitteln kann auch mit negativen Auswirkungen verbunden sein. So zeigen aktuelle Auswertungen der EPIC-Studie, dass beispielsweise die Rolle von Kalziumsupplementen in der Osteoporose-Prävention neu zu beurteilen ist: Den Daten zufolge ist eine regelmäßige Aufnahme von Kalziumsupplementen mit einem höheren Herzinfarktrisiko assoziiert [1]. Zu empfehlen ist daher eine ausreichende Zufuhr über Lebensmittel.
Auch die Bewertung von supplementiertem Vitamin A (sowie dessen Vorstufe ß-Carotin) und E ist ernüchternd: Die beiden antioxidativen Vitamine zeigen in groß angelegten Studien keine positiven Effekte auf die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen - im Gegenteil: Es erweist sich, dass eine hohe Supplementierung von Vitamin E (> 400 IU/d) mit einer verkürzten Lebensdauer verbunden ist [2]. Eine zusätzliche Einnahme dieser antioxidativen Vitamine ist in den meisten Fällen auch nicht nötig.
Dagegen sind 40 % der Österreicher mit Vitamin D unterversorgt. Der Bedarf wird vorrangig über die körpereigene Produktion bei Sonnenexposition gedeckt. „Wer im Sommer zu wenig Sonne getankt und somit nur einen kleinen Vitamin-D-Vorrat für die Wintermonate angelegt hat, kann in der kalten Jahreszeit von Vitamin-D-Präparaten profitieren. Das betrifft vor allem oft ältere, wenig mobile Personen", so Marlies Gruber.
Gut versorgt aus der Natur:
- Idealerweise fünf Portionen Obst und Gemüse über den Tag verteilt.
- Über den ganzen Tag verteilt viel Flüssigkeit trinken (1,5 bis 2 l).
- Eine abwechslungsreiche Auswahl bietet dem Körper immunstimulierende Nährstoffe wie Vitamin A, C, E und B6: eine Kiwi und eine Portion Brokkoli decken den täglichen Durchschnittsbedarf an Vitamin C.
- Lebensmittel aus tierischer Herkunft, wie Fisch, Leber, Milch, Butter, Käse und sind die besten Vitamin A-Lieferanten. ß-Carotin findet sich z.B. in Karotten, Spinat, Grünkohl.
- Vitamin B6 ist in höherer Konzentration in Fisch, Hühner- und Schweinefleisch, Linsen, grünen Bohnen, Bananen und Vollkornprodukten zu finden.
- Vitamin E findet sich in Weizenkeime, Pflanzenöle, Vollkorngetreide, Nüsse und Soja.
- Den Tagesbedarf an Kalzium decken z. B. ein Becher Joghurt + ein Latte Macchiato (mit 200 ml Milch) + eine Scheibe Emmentaler + 200 g Brokkoli oder einem Liter Mineralwasser (mit ca. 150 mg Kalzium/l).
- Vitamin D enthalten vor allem Fettfische (z. B. Hering), Leber, Margarine (mit Vitamin D angereichert), Eigelb und einige Speisepilze. Der Bedarf kann über die Ernährung allein nicht gedeckt werden. Daher gilt auch im Winter: Wenn möglich, Sonne tanken!
„In besonderen Lebensphasen wie bei Kinderwunsch, während der Schwangerschaft oder Stillzeit, im hohen Alter, bei Hochleistungssport oder bei vorliegenden Erkrankungen kann die temporäre Einnahme von Supplementen zweckbringend sein. Nahrungsergänzungsmittel können jedoch eine generell einseitige Ernährungsweise nie ausgleichen", so das Fazit von Marlies Gruber.
Literatur
[1] Li K, Kaaks R, Linseisen J, Rohrmann S: Associations of dietary calcium intake and calcium supplementation with myocardial infarction and stroke risk and overall cardiovascular mortality in the Heidelberg cohort of the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC-Heidelberg). Heart 98:920-925 (2012).
[2] Miller et al.: Meta-Analysis: High-Dosage Vitamin E Supplementation May Increase All-cause Mortality. Ann Intern Med. 142: 37-46 (2005).