03.11.2022 von Redaktion (aktualisiert)

Hülsenfrüchte - eine kulinarische Bereicherung

Hülsenfrüchte tragen weltweit wesentlich zur Eiweißversorgung bei. Das einstige „Arme-Leute-Essen" wird nun auch bei uns wieder entdeckt. Die vielen gesundheitlichen Pluspunkte und der Nachhaltigkeitsaspekt verleihen Bohnen, Linsen und Co. ein neues Image...

Zu selten am Teller sind sie zumindest hierzulande: die Hülsenfrüchte. Laut dem österreichischen Ernährungsbericht 2017 konsumieren Erwachsene (21–51 Jahre) täglich 9 g Hülsenfrüchte. Das entspricht etwa einem Zehntel der Empfehlung von 75–100 g in trockenem Zustand. Ein Manko - wie Ernährungswissenschaftler betonen, denn Hülsenfrüchte sind Grundlage einer wertvollen Ernährung und sollten im Interesse der eigenen Gesundheit häufiger verzehrt werden. Dagegen zählen die genügsamen Samen in Ländern des mittleren Ostens, Mittel- und Südamerika, Afrika, Asien und in China zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln, vor allem weil mit einem Minimum an Ressourcen ein Maximum an eiweißreicher Nahrung produziert wird.

Vielfältig und köstlich zubereitet

Es gibt nahezu 20 000 Arten von Leguminosen, deren Samen die Hülsenfrüchte sind. Zu den bei uns gängigsten Sorten zählen Linsen, Bohnen, Erbsen, Kichererbsen und Sojabohnen. Viele der heutigen Spezialitäten wie Steirischer Käferbohnensalat, Burgenländisches Bohnengulasch oder das Kärntner Ritschert (Eintopf mit Rollgerste, Bohnen und Schweinefleisch) haben ihre Wurzeln in der „Arme-Leute-Küche" der Nachkriegszeit. Das Image der Hülsenfrüchte hat sich in den letzten Jahren auch durch die Reiselust der Österreicher verbessert, die im Ausland auf den Geschmack von Falafeln, indischem Linsencurry oder südamerikanischer Bohnenpaste gekommen sind.

Pflanzliche Eiweißquelle

Einer der wesentlichen Pluspunkte der Hülsenfrüchte ist der hohe Eiweißgehalt. Nur bei den essenziellen Aminosäuren Methionin und Cystin wird etwas gegeizt, was die gesamte Qualität des Hülsenfrüchte-Eiweißes herabsetzt. Um das Eiweiß aus Hülsenfrüchten dennoch gut verwerten zu können, isst man sie am besten mit Getreideprodukten oder Kartoffeln. Die Zusammensetzung der Aminosäuren ergänzt sich optimal und erhöht so die biologische Wertigkeit des Eiweißes der Mahlzeit. Ein Linsencurry mit Reis oder ein Bohnensalat mit Vollkornbrot sind in puncto Eiweißgehalt ideale Kombinationen.

Regulieren Cholesterin und Blutzucker

Ein weiterer Vorteil der Hülsenfrüchte ist ihr hoher Ballaststoffanteil. Mit Ausnahme von Kleieprodukten gehören sie zu den Spitzenlieferanten. Lösliche Ballaststoffe sind eine besonders wertvolle Gruppe von Ballaststoffen, die nur in einigen Lebensmitteln in größeren Mengen enthalten sind, so z. B. in Bohnen und Erbsen. Sie regulieren die Verdauungstätigkeit und verringern die körpereigene Cholesterinproduktion. Dadurch bewirken sie eine Senkung der Blutfette. Für Diabetiker ist interessant, dass Hülsenfrüchte auch bei der Blutzuckerregulation helfen, da sie den Blutzuckeranstieg verzögern und für eine länger anhaltende Sättigung sorgen. Für diese positiven Effekte der Hülsenfrüchte sind außer den Ballaststoffen auch die Phytinsäure und Saponine sowie Isoflavone verantwortlich. Lediglich Gichtkranke sollten beim Verzehr von Hülsenfrüchten vorsichtig sein, da vor allem die Kichererbsen relativ viele Purine enthalten, die die Harnsäurewerte erhöhen können.

Ladung an Mikronährstoffen

Hülsenfrüchte tragen weiters zur Versorgung mit Mineralstoffen und Vitaminen bei. Sie enthalten Kalium, Phosphor und haben im Vergleich zu anderen pflanzlichen Lebensmitteln auch größere Mengen an Kalzium. Insbesondere Linsen und Feuerbohnen enthalten Eisen und Zink. Vitamine des B-Komplexes – insbesondere Vitamin B1 und B2 sowie Folsäure – runden das Angebot ab. Immer wiederkehrende Gerüchte, nach denen Hülsenfrüchte Dickmacher sein sollen, sind wie bei der Kartoffel nachweislich falsch. Mit Ausnahme der Sojabohne ist der Fettanteil bei Hülsenfrüchten gering. Zudem haben die enthaltenen Fette mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren ein günstiges Fettsäureprofil.

Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen

Die Inhaltstoffe der Hülsenfrüchte mögen noch so viel gepriesen werden – viele Menschen scheuen den Verzehr aus Sorge vor möglichen Blähungen. Zu verdanken sind diese Effekte den langkettigen Kohlenhydraten wie Raffinose, Stachyose oder Verbascose. Sie gelangen unverdaut bis ans Ende des Verdauungstraktes, wo sie von Bakterien zersetzt werden und dabei eine Menge von Gasen entwickeln. Durch einen regelmäßigen Genuss von Hülsenfrüchten gewöhnt sich der Organismus jedoch daran. Am besten ist es, mit kleinen Portionen zu starten und diese langsam zu steigern. Wer Blähungen vorbeugen möchte, sollte das Einweichwasser weggießen und die Hülsenfrüchte gründlich spülen. Blähungen werden auch durch die Zugabe von z. B. Kümmel, Kreuzkümmel, Bohnenkraut, Majoran, Anis, Fenchel, Ingwer, Thymian oder Pfefferminze gemildert.

Kein roher Genuss

Viele Pflanzen schützen sich vor dem Gefressenwerden oder vor Krankheiten mit natürlichen Giftstoffen. Hülsenfrüchte weisen ein ganzes Arsenal davon auf. Für den Menschen sind einige von gesundheitlichem Nutzen (z. B. krebsvorbeugend), andere wiederum giftig. Lektine heften sich beispielsweise an die roten Blutkörperchen und verklumpen sie, Protease-Inhibitoren wirken sich negativ auf die Eiweißverdauung aus und cyanogene Glykoside enthalten sogar Blausäure. Trotzdem steht dem Genuss von Hülsenfrüchten nichts im Wege, da alle diese Stoffe durch Erhitzen unschädlich gemacht werden. Rohe Hülsenfrüchte sollten mit Ausnahme von Zuckererbsen jedoch nicht verzehrt werden. Manche Hülsenfrüchte kann man auch als Keimlinge oder Sprossen essen. Da beim Keimen die gesundheitsschädlichen Substanzen aber nicht völlig abgebaut werden, sollten die Sprossen vor dem Verzehr kurz blanchiert werden. Bei der Zubereitung von Hülsenfrüchten zahlt es sich also aus, einige Grundregeln bei der Zubereitung zu beachten.

Tipps zur Zubereitung

  • Beim Einkauf darauf achten, dass keine angetrockneten Stellen und schwarze Flecken an der Schale sind. Das sind Anzeichen von Pilzen und Schimmel.
  • Nur wenn Hülsenfrüchte (in einer Packung) die gleiche Größe haben, haben sie auch den gleichen Reifestatus. Bei unterschiedlicher Größe werden sie beim Kochen nicht gleichzeitig gar.
  • Getrocknete Hülsenfrüchte in einem fest verschlossenen Behälter an einem kühlen, trockenen und lichtgeschützten Ort aufbewahren. Vor Feuchtigkeit schützen, da sie sonst aufquellen und schnell verderben. Ungeschälte Hülsenfrüchte sind mind. ein Jahr, geschälte ca. sechs Monate haltbar.
  • Vor der Zubereitung sollten Hülsenfrüchte entsprechend der Packungsanleitung eingeweicht werden (Ausnahme: Linsen).
  • Vor dem Kochen Hülsenfrüchte in kaltes und möglichst kalkarmes Wasser geben und erst dann erhitzen.
  • Muss während des Kochens nachgegossen werden, sollte heißes Wasser genommen werden, da kaltes Wasser die Samen abschrecken würde und sie sich nicht mehr weichkochen ließen.
  • Salz sollte erst nach Ende der Garzeit zugefügt werden, da sich sonst die Garzeit verlängert.
  • Bei besonders sensiblen Verdauungsorganen empfiehlt es sich, die Hülsenfrüchte nach dem Garprozess noch ein bis zwei Stunden ohne direkte Hitzezufuhr nachquellen zu lassen.
  • Gegarte Hülsenfrüchte bleiben im Kühlschrank gut verschlossen ca. fünf Tage frisch. Tiefgefroren sind gegarte Hülsenfrüchte ca. drei Monate haltbar.

Fazit

Hülsenfrüchte sind es wert, wieder viel öfter in den Speiseplan aufgenommen zu werden. Bohnen, Linsen und Co. überzeugen nicht nur nach Gesundheits- und Nachhaltigkeitsaspekten, sondern sind auch kulinarisch ein Genuss.

Magazin-Tipp

Hülsenfrüchte als Fokusthema in der ernährung heute 3/2022 - Klein, aber oho!

Literatur

Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): Warum darf man Bohnen nicht roh essen? www.bzfe.de (Zugriff: 03.11.2022).

Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): Hülsenfrüchte: Zubereitung und Lagerung. www.bzfe.de (Zugriff: 03.11.2022).

Cakir O et al.: Nutritional and Health Benefits of Legumes and Their Distinctive Genomic Properties. Food Science and Technology (Campinas) 39 (1): 1–12 (2019).

EAT-Lancet Commission: Food, Planet, Health. Healthy Diets From Sustainable Food Systems. Summary Report (2019).

Hosseinpour-Niazi S et al.: Effect of Legumes in Energy Reduced Dietary Approaches to Stop Hypertension (DASH) Diet on Blood Pressure Among Overweight and Obese Type 2 Diabetic Patients: A Randomized Controlled Trial. Diabetol Metab Syndr 14, 72 (2022).

Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn): Hülsenfrüchte: Kleine Kraftpakete – vielfältig und zeitgemäß. www.kern.bayern.de (Zugriff: 03.11.2022).

Rust P et al.: Österreichischer Ernährungsbericht 2017. Universität Wien und Bundesministerium für Frauen und Gesundheit (Hrsg.), Wien (2017).

Schmandke H: Blutglukose- und -lipidsenkende Wirkung von Phytinsäure. Ernährungs Umschau 5: 254-257 (2007).

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