19.07.2023 von Evelyn Matousch, BSc

Grillen: Nichts verkohlen lassen

Das unvergleichliche Röstaroma von Gegrilltem entsteht durch heiße Temperaturen. Ein bitterer Beigeschmack: Auch krebsauslösende Stoffe werden dabei produziert. Wer bestimmte Regeln beachtet, kann dem entgegenwirken.

Wenn im Sommer Fleisch auf dem Grillrost liegt, beginnt bei vielen das Wasser im Mund schnell zu fließen. Denn das typische Röstaroma, das bei 250 °C auf offener Glut entsteht, lässt niemanden kalt. Auch die Haptik ist unvergleichlich: Durch die hohen Temperaturen auf dem Rost entsteht eine aromatische Kruste, die das Fleisch im Inneren zart und saftig hält.

Wissenswert

Die intensiven Aromen beim Grillen entstehen durch eine chemische Reaktion (Maillard-Reaktion) zwischen Bestandteilen von Eiweißen und bestimmten Zuckern wie Glukose und Fruktose. Im Endstadium bilden sich Melanoidine, die für die bräunliche Verfärbung verantwortlich sind.

Gesundheitsschädliche Stoffe

Beim Grillen gibt es aber nicht nur kulinarische Vorteile: Auch krebserregende Stoffe können sich formieren. Zum einen bilden sich polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), wenn aus dem Grillgut ausgetretenes Fett, Fleischsaft oder ölhaltige Marinade in die Glut tropft und verbrennt. Mit dem aufsteigenden Rauch gelangen sie dann ins Fleisch. PAK entstehen nicht nur beim Grillen, sondern auch beim Rösten, Braten und Backen, beim Darren und Trocknen im direkten Kontakt mit offener Flamme oder Rauchgasen. Der bekannteste Vertreter von PAK ist Benzpyren. Für ihn gilt bei zum Verkauf angebotenen Räucherwaren eine Höchstmenge von 1 μg pro kg Fleisch. Bei über Holzkohle gegrilltem Fleisch entsteht in der äußeren Schicht die zehnfache Menge, beim Rösten über Holzfeuer sogar die 200-fache Menge an Benzpyren.

Zum anderen bilden sich Heterozyklische Aromatische Amine (HAA), auch sie zählen zu den krebserregenden Stoffen. Sie entstehen hauptsächlich aus proteinreichen Lebensmitteln bei jeglicher Form des Erhitzens wie dem Grillen von Fleisch und Fisch bei Temperaturen über 200 °C. Beim Kochen, Dünsten oder bei der Zubereitung in der Mikrowelle bewegen sich die Temperaturen im Bereich um die 100 °C. Ab 220 °C, bei Grill-Temperatur, steigt der HAA-Wert sprunghaft an: In Versuchen wurde gezeigt, dass bei einer Temperatur von 220 °C dreimal so viele HAAs gebildet wurden als bei einer Temperatur von 170 °C.

Beide Stoffgruppen werden in unserem Körper während der Verdauung so umgebaut, dass sie in die Darmzellen aufgenommen werden können. Dort lagern sie sich an die DNA an und können Veränderungen im Erbgut verursachen, die sich wiederum zu bösartigen Tumoren ausbilden können.

Wenig Fett und nicht gepökelt

Fettreiche Fleischarten sind besonders ungünstig, da viel Fett aus dem Grillgut austreten und in der Glut verbrennen kann. Auch Pökelfleischwaren, wie Wurst, Schinken, Speck oder Bockwürste sind unvorteilhaft. Sie enthalten Nitritpökelsalz, woraus sich bei hohen Temperaturen Nitrosamine bilden. Diese werden in Tierversuchen ebenfalls als krebserregend eingestuft. Über Lebensmittel aufgenommenes Nitrit bzw. Nitrat führt zur Bildung von Nitrosaminen im menschlichen Organismus. In welchem Ausmaß dieser Vorgang stattfindet, ist jedoch noch nicht geklärt. Die körpereigene Bildung der krebserregenden Stoffe unterliegt vielen förderlichen und hemmenden Einflussfaktoren. Dadurch kann das Krebsrisiko aktuell noch nicht vollumfänglich beurteilt werden.

Generell gilt: PAK können durch die Vermeidung von abtropfendem Fett reduziert werden, HAA dagegen nur durch eine schonende Zubereitung bei niedrigeren Temperaturen. Für beide Stoffe können jedoch keine sicheren Aufnahmemengen bestimmt werden. Somit ist unklar, ab wann ein gesundheitliches Risiko besteht. Wer sicher gehen möchte, verwendet mageres bzw. fettärmeres Fleisch für den Grillspaß.

Unabhängig davon welches Fleisch oder welche Würstel zum Grillen verwendet werden, auf die Menge und Häufigkeit kommt es an. Eine Erhebung zum Grillverhalten der Menschen in Österreich aus 2022 ergab, dass 88 % der Bevölkerung in den Monaten April bis September mindestens einmal im Monat grillen. Im Durchschnitt wird in diesem Zeitraum in den österreichischen Haushalten dreimal pro Monat der Griller angezündet. Etwa ein Drittel grillt sogar einmal pro Woche. Obwohl dadurch möglicherweise krebserregende Stoffe gebildet werden, besteht aufgrund der geringen Häufigkeit des Grillens insgesamt keine große Gesundheitsgefährdung. Ernährungsfachgesellschaften empfehlen zudem max. 3 Portionen Fleisch und Wurstwaren pro Woche à 100 – 150 g. Es ist daher möglich, dass auch Personen, die wöchentlich grillen nicht mehr als 450 g Fleisch pro Woche konsumieren, sofern abwechslungsreich gegessen wird. Außerdem lohnt es sich auf vegetarische oder vegane Alternativen, Fisch und Gemüse zurückzugreifen. Wie diese am besten zubereitet werden, erfahren Sie hier.

Tipps für's Grillen

  • Mageres Fleisch grillen, z. B. Schnitzel und Kotelett vom Schwein, Geflügelschnitzel oder Steak vom Rind.
  • Gepökelte Fleisch- und Wurstwaren sollten nicht auf den Grill. Greifen Sie lieber zu Ungepökeltem.
  • Alternativ eignet sich auch Fisch, besonders Forelle, Lachs, Seezunge und Heilbutt.
  • Auch Gemüse wie Zucchini, Auberginen, Tomaten, Paprika und Pilze können auf den Grill geworfen werden.
  • Das Grillgut sollte nicht zu dunkel werden: In der Regel nimmt mit zunehmender Dunkelfärbung auch der Gehalt an unerwünschten Begleitstoffen zu.
  • Grillgut nicht verkohlen lassen: Verbrannte Stellen nicht essen, sondern großzügig wegschneiden.
  • Beim Grillen Öl nur sparsam verwenden bzw. sorgfältiges Abtupfen der ölhaltigen Marinade, damit Fett vom Grillgut nicht auf die heiße Glut tropft und verbrennt.
  • Den Rost immer mit Alu-Folie abdecken oder Alu-Grillschalen verwenden. So kann abtropfendes Fett nicht in die Glut gelangen.
  • Empfehlenswert sind auch Elektro- und Gasgrillgeräte oder Holzkohlengrills mit seitlicher Feuerstelle.
  • Beim offenen Standgrill sollten nur Holzkohle und Holzkohlebriketts verwendet werden, die zunächst 30 bis 60 Minuten durchgeglüht werden.
  • Wenn die Kohle zu brennen beginnt, weil Fett hineintropft: den Rost vom Feuer nehmen oder höher hängen. Nie mit Bier oder anderen alkoholischen Getränken ablöschen, denn dabei entsteht Rauch, der sich am Fleisch niederschlagen kann.

Fazit

Um der Bildung von krebserregenden Stoffen vorzubeugen sind ungepökeltes Grillgut und fettarmes Fleisch die günstigere Wahl. Das Vermeiden von angebrannten Stellen und die Verwendung von Grillschalen, kann zusätzlich helfen.

Literatur

Bayrisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Amine - eine wichtige Stoffklasse in der amtlichen Lebensmittelüberwachung. www.lgl.bayern.de (Zugriff: 12.06.2023).

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV): PAK. www.bmuv.de (Zugriff: 05.06.2023).

Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): Gesund und sicher grillen. www.bzfe.de (Zugriff: 05.06.2023).

Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Vollwertig Grillen mit italienischer Note. DGE aktuell 13 (2009).

Deutsche Krebsgesellschaft: Beim Grillen nichts verkohlen lassen. www.krebsgesellschaft.de (Zugriff: 05.06.2023).

Ernährungsumschau: Gesundheit: Mit guten Gewissen grillen. www.ernaehrungs-umschau.de (Zugriff: 05.06.2023).

Gibis M: Effect of oil marinades with garlic, onion, and lemon juice on the formation of heterocyclic aromatic amines in fried beef patties. J Agrc Food Chem 55(25): 10240-10247 (2007).

Hahne D: Rosmarin und Salbei senken den Gehalt krebsauslösende Stoffe in der Fleischkruste. aid Infodienst 23 (2009).

Jira W: Grillsaison - Tipps für die Fleischzubereitung am Rost. Ernährungs Umschau 55: B25-28 (2008).

Śnieżek E et al.: The effect of onion and garlic on non-polar heterocyclic aromatic amines (α-, β-, γ- and δ-carbolines) formation in pan-fried meat and gravy. Food Addit Contam Part A Chem Anal Control Expo Risk Assess 39 (1): 35-51 (2022).

Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES): Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). www.ages.at (Zugriff: 12.06.2023).

Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES): Nitrat, Nitrit und Nitrosamine. www.ages.at (Zugriff: 12.06.2023),

Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Essen & trinken bei Hitze. www.gesundheit.gv.at (Zugriff: 05.06.2023).

Mautner Markhof Feinkost GmbH: Der Grillreport 2022. So grillt Österreich. Der Grillreport 2022. (Zugriff: 30.06.2023).

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