Stellungnahme des f.eh

Replik auf den Beitrag: „WIE LEBENSMITTELKONZERNE IN ÖSTERREICH POLITISCHE ENTSCHEIDUNGSPROZESSE BEEINFLUSSEN: DAS BEISPIEL FORUM. ERNÄHRUNG HEUTE“

Das forum. ernährung heute (f.eh) hat sich in den vergangenen Jahren als Kompetenzzentrum zu den Themen Ernährung, Bewegung und Lebensstil etabliert. Es ist dabei unser Selbstverständnis, transparent und offen über unsere Mitglieder, unseren Auftrag sowie unsere Arbeitsweise zu informieren. Es geht uns dabei darum, einen Beitrag zu leisten, Menschen zu einem gesunden, genussvollen und nachhaltigen Lebensstil in Eigenverantwortung zu motivieren. Unsere Arbeit richtet sich dabei am Ideal des mündigen Bürgers in einer offenen Gesellschaft aus. Fundierte Information sowie Wissen und Bildung sollen den Einzelnen in ihren gesellschaftlichen Umfeldern verantwortungsbewusste Essentscheidungen ermöglichen. Wesentliche Ziele des f.eh sind daher die Etablierung einer umfassenden Ernährungs- und Verbraucherbildung in Österreich sowie ein ent-emotionalisierter und evidenzbasierter Ernährungsdiskurs.

Dazu kooperiert das f.eh mit einem Netzwerk von Organisationen, Unternehmen, Forschern und Fachkräften und arbeitet mit einem unabhängigen wissenschaftlichen Beirat zusammen, der das f.eh als Dialogpartner und Expertisengeber in Ernährungsfragen unterstützt.

Vor diesem Hintergrund geht der Vorwurf mangelnder Unabhängigkeit ins Leere, zumal daraus keine Aussagen über die wissenschaftliche Qualität unserer Arbeit abgeleitet werden können. Die Wissenschaft dient einzig und allein der Wissensgenerierung und folgt dabei wissenschaftlichen Prinzipien, die von internationalen Organisationen festgelegt wurden und werden. Das generierte Wissen fließt anschließend in den gesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess ein. Das f.eh agiert dabei als Mediator in der oft emotionsgeladenen Ernährungsdiskussion und bemüht sich um eine Versachlichung der Debatte, indem Dialog und Verstehen zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien gefördert werden, um gute und breit akzeptierte Lösungen für die Praxis zu ermöglichen. In dieser Rolle versteht das f.eh auch seine Mitarbeit in der Nationalen Ernährungskommission (NEK).

Auch die im Beitrag kritisierten Standpunkte sind tatsächlich wissenschaftlich begründet und durch Studien belegt. Diese Studien widersprechen etwa einem monokausalen Zusammenhang zwischen Zuckeraufnahme und Adipositas und zeigen auf, dass bei Übergewicht, Adipositas und Diabetes Typ II der Lebensstil wesentlich und dementsprechend eine integrierte Sichtweise zielführender ist.

Das f.eh sensibilisiert darüber hinaus zu einem gesunden Lebensstil mit einer ausgewogenen Ernährung. Dazu bringt das f.eh auch regelmäßig die österreichische Ernährungspyramide in den Diskurs ein, die die optimalen Mengenverhältnisse unterschiedlicher Nahrungsmittelgruppen an der Gesamternährung vermittelt. Stark zucker- und fetthaltige Produkte stehen an der Spitze der Pyramide und sollen dementsprechend den geringsten Anteil an der Ernährung haben. Das stellt das f.eh auch wiederholt klar.

Der Text enthält zudem eine Reihe irreführender bzw. falscher Behauptungen, von denen das f.eh im Folgenden einige richtigstellt:

  • „In Österreich steht immer wieder das „forum. ernährung heute“ als Lobbying-Plattform der Nahrungsmittelindustrie in der Kritik.“: Das forum. ernährung heute betreibt kein Lobbying und ist dementsprechend auch nicht im Lobbyingregister eingetragen.
  • „Institutionen wie ‚forum. ernährung heute‘ widersprechen dem breiten wissenschaftlichen Konsens und streuen Desinformation, welche das Vertrauen in öffentliche Institutionen, wie der WHO unterminiert.“: Informationen des f.eh gründen auf wissenschaftlicher Evidenz. Der wissenschaftliche Diskurs ist jedoch weniger eine demokratische Entscheidung als vielmehr ein falsifizierbarer Prozess der Erkenntnisgewinnung. So ist auch die Behauptung, das f.eh würde die WHO unterminieren, falsch. Vielmehr orientiert sich das f.eh strategisch an der WHO-Global Strategy on Diet, Physical Activity and Health (2004, samt einschlägigen Folgedokumenten) und richtet seine Maßnahmen danach aus.
  • „Dennoch verfolgen die Lobbyisten der Lebensmittelunternehmen privatwirtschaftliche for-profit Unternehmen, die nicht unbedingt mit öffentlichen Interessen im Einklang stehen“: Die Produktion von Nahrungsmitteln und das Sicherstellen der Versorgung mit Lebensmitteln ist ganz klar im öffentlichen Interesse.
  • „Da keines der Partnerunternehmen des Forum (siehe Abbildung 1) für seine gesunden Produkte bekannt ist“: Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es keine gesunden und ungesunden Lebensmittel gibt und die Einteilung in eine der Kategorien fachlich nicht zielführend ist. Problematisch kann demgegenüber eine regelmäßig einseitige Ernährung sein. Wichtiger als einzelne Nahrungsmittel sind Essmuster, Kombinationen, Zubereitung und Portionsgrößen. Von einer Zuordnung in gesunde oder ungesunde Lebensmittel nimmt eine Reihe von Fachgesellschaften Abstand, darunter: die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE), die Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE), das deutsche Bundeszentrum für Ernährung (BZfE), das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) sowie die beiden Berufsverbände in Deutschland und Österreich, der Verband der Oecotrophologen (VDOE) und der Verband der Ernährungswissenschafter Österreichs (VEÖ).
  • „In den veröffentlichten Statements des Forums wird jedoch die mangelnde Bewegung für diese Krankheiten verantwortlich gemacht und die Verantwortung an die Konsument/innen abgeschoben“: Es ist richtig, dass der selbstbestimmt entscheidende und wählende Bürger im Fokus unserer Arbeit steht. Neben der Ernährungsweise spielen in der Tat eine Reihe von Faktoren für Übergewicht und Adipositas eine Rolle. So beeinflussen neben der Genetik, psycho-soziale Faktoren, Stress und Schlafverhalten sowie das Ausmaß an körperlicher Aktivität das Körpergewicht. Das f.eh steht für eine integrierte Sichtweise und warnt vor monokausalen, zu simplen und zu kurz greifenden Erklärungsversuchen für ein komplexes Thema. Zugleich verweist das f.eh auf die Balance zwischen Eigenverantwortung des Individuums und Solidarverantwortung, die von Unternehmen ebenso wie der Politik und verschiedenen Berufsgruppen wahrzunehmen ist.
  • Im Hinblick auf die Position in der NEK wird FH-Prof. Mag. Gabriele Karner, MBA als Mitglied des Beirats genannt. Frau Karner ist seit Anfang 2022 nicht mehr im Beirat tätig und scheint auch nicht mehr auf der Website auf.
  • „Darüber hinaus finden sich auf ihrer Website Aussagen wie die folgende: ‚Breite Hüften und ein runder Bauch haben wenig mit zu viel Zucker oder Fett im Essen zu tun - im Gegenteil, nur bei Erwachsenen wurde ein wahrscheinlicher - und kein überzeugender - Zusammenhang zwischen dem erhöhten Konsum zuckergesüßter Getränke und Adipositas festgestellt.‘ (forum. ernährung heute, 2020)“: Das Zitat ist aus zwei verschiedenen Presseaussendungen aus den Jahren 2014 und 2015 zusammengefügt und in beiden Fällen aus dem Kontext gerissen. So folgt der erste Teil Daten aus dem Wiener und Österreichischen Ernährungsbericht, wonach die Kalorienaufnahme stagniert, während die körperliche Aktivität abnimmt und die Zahl übergewichtiger Menschen steigt. Der zweite Teil stammt aus einer Aussendung aus dem Jahr 2015. Der Absatz lautet vollständig: „Andere Studien** eruierten dezidiert den Einfluss von zuckergesüßten Getränken auf das Körpergewicht. Sie beobachteten bei gleicher Energieaufnahme, aber unterschiedlichen Trinkmustern keine Unterschiede im Körpergewicht. Heiner Boeing, Epidemiologe am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE), konstatiert auf Basis der evidenzbasierten Leitlinie zur Kohlenhydratzufuhr und Prävention der Deutschen Gesellschaft für Ernährung aus 2011: ‚Der Kohlenhydratanteil in der Ernährung - und dazu zählen auch Zucker - zeigt keinen Zusammenhang mit der Entstehung von Diabetes mellitus Typ II. Zucker macht nicht zuckerkrank!‘. Nur bei Erwachsenen wurde ein wahrscheinlicher - und kein überzeugender - Zusammenhang zwischen dem erhöhten Konsum zuckergesüßter Getränke und Adipositas festgestellt.“

Festzuhalten möchten wir zudem, dass zum Zeitpunkt der Stellungnahme Frau Ass. Prof. Dr. Claudia Angele nicht mehr im Beirat des f.eh vertreten ist.

Das f.eh wird sich weiterhin jeder inhaltlichen und wissenschaftlichen Debatte stellen und sich mit begründeten Argumenten auseinandersetzen. Oberflächliche Polemik weisen wir demgegenüber zurück. Vor diesem Hintergrund stehen wir der Autorin des Blog-Eintrages selbstverständlich für ein Gespräch zur Verfügung.

[Wien, 09.11.2022]

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