23.07.2009 von Dr. Marlies Gruber

"Genussregeln" im Bild

„Essen ist ein Bedürfnis, Genießen ist eine Kunst" - das wusste schon der Schriftsteller La Rochefoucauld. Aber welche Faktoren spielen zusammen, um genießen zu können? Der f.eh-Genusskreis veranschaulicht nun die Regeln der kleinen Schule des Genießens.

Wer richtig genießt, der lebt auch gesünder. Wie das? Der Begriff Gesundheit impliziert nicht nur körperliches, sondern auch seelisches und soziales Wohlbefinden. Dabei spielt das Genießen-Können eine zentrale Rolle. Denn Genießen hebt die Stimmung, erhöht die Wahrnehmung und die Produktivität. Dadurch schafft sich der Genießer mehr gesundheitsbezogene Lebensqualität - er ist emotional ausgeglichener, leistungsstärker und stressresistenter. Ein Ergebnis des Ersten Österreichischen Genussbarometers zeigt auch, dass Genuss und gesunde Ernährung eine fruchtvolle Symbiose miteinander eingehen: Genießer fühlen sich nicht nur gesünder, sie sind auch größere Obst- und Gemüseliebhaber als Genusszweifler und Genussunfähige.

„Anleitung zum Genießen"

Die Fähigkeit, richtig zu genießen, ist jedoch nicht selbstverständlich. Davon ist Rainer Lutz überzeugt. Der Psychologe an der Universität Marburg beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Thema Genuss. Aus seinen Erfahrungen mit Personen, die u. a. an Essstörungen und Depressionen litten, entwickelte er sieben Genussregeln. Sie waren und sind erfolgreiche Wegweiser zu einem genussvolleren und erfüllteren Leben für seine Patienten - und Basis für die Entwicklung des Genusskreises.

Genusskreis: eine runde Sache

Der Genusskreis veranschaulicht nun die wesentlichen Faktoren fürs Genießen. Er zeigt, dass die einzelnen „Genussregeln" miteinander verkettet sind und auf einer Ebene stehen, also auch gleichwertig sind. Ziel war es, die Auseinandersetzung mit dem Thema Genießen-Lernen zu erleichtern und die „Genussregeln" bewusster zu machen.

Regeln der kleinen Schule des Genießens

    • Genuss braucht Zeit - Schneller Genuss ist ein Widerspruch in sich. Genuss kann sich nur entwickeln, wenn in einer aktuellen Situation auch Zeit zur Verfügung steht. Zudem braucht der Mensch (Lebens-)Zeit, um Genussfähigkeit zu erwerben, aber auch um persönliche Genüsse entdecken und erfahren zu können. Schaffen Sie sich in Ihrem Tagesablauf "Genussinseln"!
    • Genuss muss erlaubt sein - In einer Erziehung und gesellschaftlichen Haltung, die Genuss tabuisieren oder bestrafen, kann sich keine Genusskompetenz entwickeln. Hemmungen, Angst- oder Schuldgefühle werden durch Erlauben und Tun korrigiert. Genuss kann dann auf gesunde Art und Weise erlebt werden. Gönnen Sie sich Genusserlebnisse!
    • Genießen geht nicht nebenbei - Um genießen zu können, muss man sich auf den genuss-fördernden Reiz konzentrieren und eine genussstörende Umwelt ausblenden können. Gleichzeitig essen und fernsehen oder lesen schmälert das Genusserlebnis. Schenken Sie dem Genuss Aufmerksamkeit!
    • Genuss ist individuell - Menschen haben verschiedenen Vorlieben und Abneigungen, die sich auch im Laufe des Lebens verändern können. Genuss ist immer personenspezifisch. Jeder Einzelne sollte daher seine eigenen Präferenzen kennen und wissen, was einem gut tut. Hören Sie auf Ihren Körper!
    • Weniger ist mehr - Es liegt in der Natur der Sache, dass wir über Dinge, die uns gefallen, möglichst unbegrenzt verfügen wollen. Konsum schließt aber Genuss aus. Quantität schlägt nicht in Qualität um: Besteht ein Überangebot an Genussreizen, wird es immer schwieriger, Genuss zu erleben. Eine gewisse Askese ist daher Genuss steigernd. Beschränken Sie sich zeitweilig in Ihrem Genusserleben!
    • Genuss ist alltäglich - Um zu genießen, bedarf es keiner außerordentlichen Anlässe. Genussreize können auch und gerade im Alltag auftreten und müssen „nur" entsprechend wahrgenommen, kategorisiert und verarbeitet werden - z. B. ein Kaffee, ein Lächeln, ein Lied, ein gutes Gespräch ... Warten Sie nicht auf einen besonderen Moment, genießen Sie im Jetzt!
    • Genuss braucht Erfahrung - Genuss will erlernt sein. Denn Genusserlebnisse einordnen, bewerten und differenziert wahrnehmen zu können, befähigt einen, genau zu wissen, was man will und gezielt Geschmacksnuancen hervorzurufen. Erleben Sie bewusst mit allen Sinnen und halten Sie das Genusserlebnis in Erinnerung!

 

 

Literatur

Lutz R, Sundheim D: Das Euthyme Konzept: Genuss zum Wohle der Gesundheit - Psychologische Aspekte gesundheitsfördernder Ernährung. Internationaler Arbeitskreis für Kulturforschung des Essens - Mittelungen 9: 14-24 (2002).

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