10.11.2020 von Dr. Carina Kern und Prof. Dr. Hans-Joachim F. Zunft

Studienbegriffe erklärt

Nahezu täglich werden wir medial mit neuen Studien zu Ernährung und Gesundheit versorgt. Immer mehr Menschen wollen diese auch verstehen, sind aber mit wissenschaftlichen Fachbegriffen konfrontiert. Eine kurze Beschreibung ausgewählter Grundbegriffe soll im Folgenden zum besseren Verständnis beitragen.

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Absolutes Risiko (AR)

Begriff der Statistik. Das absolute Risiko ist eine Form der Risikobeschreibung (siehe: Risiko), die angibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Ereignis (z. B. eine Erkrankung und mögliche gesundheitliche Folgen) eintritt. Ausgedrückt wird das AR als Zahl zwischen 0 (tritt keinesfalls ein) und 1 (tritt bestimmt ein) oder auch als Prozentangabe zwischen 0 und 100 %. Beispielsweise drückt ein AR von 0,8 (oder 80 %) für eine Erkrankung aus, dass diese mit 80%-iger Wahrscheinlichkeit auftritt, oder anders ausgedrückt, dass 80 von 100 Personen von der Erkrankung betroffen sein werden. Eine andere Risikoangabe ist das relative Risiko (siehe: Relatives Risiko (RR)), bei dem die AR verschiedener Personengruppen miteinander verglichen werden.

Absolute Risikoreduktion (ARR)

Das ARR gibt die Wahrscheinlichkeit an, um die sich das absolute Erkrankungsrisiko durch eine Behandlung oder eine präventive Maßnahme verringert. Sie beschreibt somit die Differenz der absoluten Risiken (siehe: Absolutes Risiko (AR)), die in einer Personengruppe durch eine bestimmte Maßnahme (z. B. Behandlung/Intervention oder Verhaltensänderung) eintritt oder die zwischen zwei Populationen mit bzw. ohne diese Maßnahme vorliegt. Ändert sich beispielsweise die Sterblichkeit (siehe: Mortalität) von 2,0 % auf 1,6 %, so bedeutet das eine Verringerung des absoluten Risikos um 0,4 %-Punkte.

Assoziation

Assoziation und Korrelation (siehe: Korrelation) beschreiben einen positiven oder negativen Zusammenhang zwischen zwei oder mehr veränderlichen Größen (Variablen). Die Variablen können qualitativer (Attribut) oder quantitativer (Zahlenwert) Natur sein. Sowohl Stärke als auch Richtung der Assoziation (positiv: „je mehr A, desto mehr B“; negativ: „je mehr A, desto weniger B“) werden beschrieben durch ein Assoziationsmaß. Für kontinuierliche Variablen (mit mehr als zwei Ausprägungen und die keine Kategorien bilden, z. B.: Gewicht, Größe) wird dafür ein Korrelationskoeffizient angegeben (siehe: Korrelationskoeffizient (R)). Wird eine Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen zwei Merkmalen nachgewiesen, so liegt ein kausaler Zusammenhang nahe (siehe: Kausalität).
Obwohl sich die beiden Begriffe Assoziation und Korrelation in ihrer Herkunft (Sozialwissenschaft vs. Naturwissenschaft) unterscheiden, werden sie heute oftmals synonym gebraucht.

Beobachtungsstudien

Sind epidemiologische Studien (siehe: Epidemiologische Studien), bei denen der Untersucher keinen Einfluss auf Verhalten, Lebensweise und Behandlung der untersuchten Personen ausübt (Gegensatz: siehe: Experimentelle Studien). Verhalten und Therapie der Studienteilnehmer werden also nicht verändert, sondern lediglich „beobachtet“, d. h. es werden Daten zu Merkmalen erhoben, zwischen denen man einen Zusammenhang (siehe: Assoziation) vermutet. Beobachtungsstudien sind entweder prospektiv oder retrospektiv (siehe: Retrospektive Studie) angelegt. In einer prospektiven Studie (siehe: Kohortenstudien) erhebt man zuerst mögliche Risikofaktoren, z. B. zu Lebensstil oder Ernährung, und verfolgt über einen längeren Zeitraum das Auftreten von Krankheiten. In einer retrospektiven Studie vergleicht man Erkrankte mit Gesunden und versucht zu erheben, welche Faktoren in der Vergangenheit für das Auftreten der Erkrankung verantwortlich gewesen sein können. In Beobachtungsstudien gefundene Assoziationen zwischen Einflussfaktoren und einer Erkrankung können allerdings durch andere, nicht gemessene Einflussfaktoren vorgetäuscht werden. Kausale Zusammenhänge (siehe: Kausalität) lassen sich demnach nicht ableiten.

Bias

Bezeichnung für systematische Fehler, die zur Verzerrung von Studienergebnissen und zur Unter- bzw. Überschätzung von Wirkungen führen können. Ihr Einfluss ist zumeist schwerwiegender als der von zufälligen Fehlern, sodass sie Studienergebnisse und daraus abgeleitete Schlussfolgerungen erheblich verfälschen können. Sie lassen sich durch geeignete Maßnahmen reduzieren bzw. häufig vermeiden. Es werden verschiedene Arten unterschieden, u.a.:
•    Zuteilungsbias (engl. selection bias): ungleiche Verteilung der Probanden auf die Studiengruppen. Zwischen der Kontrollgruppe und der Interventionsgruppe bestehen bereits vor Studienbeginn Unterschiede wie ungleicher Erkrankungsfortschritt oder hohe Altersdifferenz. Differiert z. B. das Lebensalter der Studiengruppen deutlich, so wird durch altersbedingtes erhöhtes Risiko für Stoffwechselerkrankungen ein „Scheinunterschied“ hervorgerufen und die Vergleichbarkeit gefährdet. Durch eine zufällige Zuordnung (Randomisierung) der Probanden auf die Studiengruppen sollen derartige störende Einflussgrößen auf das Ergebnis weitgehend ausgeschlossen werden.

•    Behandlungsbias (engl. performance bias): Einzelne Probanden werden ungleich medizinisch behandelt oder bevorzugt betreut. Um solches Fehlverhalten zu verhindern, wird das gesamte Studienpersonal „verblindet“ (siehe: Verblindung), also im Unklaren über die Art der Therapie eines Probanden (Placebo- oder Verumbehandlung) gelassen.

•    Detektionsbias (engl. detection bias): Unterschiede in der Bewertung von Resultaten. Einzelne Probanden werden genauer als andere Probanden auf Unterschiede untersucht (z. B. durch wiederholtes Messen wesentlicher Merkmale). Diese ungleiche Bewertung der Endpunkte kann durch Verblindung des Studienpersonals verhindert werden. 

•    Publikationsbias (engl. publication bias): Es werden überwiegend positive und signifikante Ergebnisse von Studien veröffentlicht (siehe: Signifikanz). Studien, die keinen, keinen signifikanten oder gar einen entgegengesetzten Effekt einer Behandlung zeigen, werden seltener publiziert. Ein Überblick über alle veröffentlichten Studien führt deshalb zur Überbewertung eines positiven Effekts (siehe: Metaanalyse).

Empfindliche Gruppe

Gruppe von Menschen, die aufgrund körperlicher, psychischer oder sozialer Situation verletzlich (vulnerabel) sind. Beispiele hierfür sind Kinder, Ältere, schwangere Frauen und immunsupprimierte Personen.

Empirische Studien

Das Wort „Empirie“ (altgriech. „empeiria“) bedeutet „Erfahrung“ oder „Kenntnis“. Die „empirische Forschung“ ist demnach die wissenschaftliche Methode, durch welche Daten systematisch erhoben, ausgewertet und interpretiert werden. Sie unterscheidet sich von anderen wissenschaftlichen Methoden dadurch, dass empirische Sätze an der Realität überprüft werden können.

Epidemiologische Studien

Die Epidemiologie (griech. epi „auf“, demos „Volk“) ist eine wissenschaftliche Disziplin, die sich mit dem Auftreten, der Verbreitung, Prävention und Kontrolle von Krankheiten in einer Population und deren Einflussfaktoren (wie Umwelt oder Genetik) beschäftigt. Epidemiologische Studien sind entweder Beobachtungsstudien unter realen Bedingungen an Menschen, die keiner Behandlung unterzogen werden (siehe: Beobachtungsstudien), oder experimentelle Studien, in denen die bei Probanden mit bzw. ohne Behandlung auftretenden Effekte miteinander verglichen werden (siehe: Experimentelle Studien, Interventionsstudien). Es gibt fünf Haupttypen von Studien in der epidemiologischen Forschung, deren Aussagekraft unterschiedlich hoch ist (siehe: Evidenz) und in dieser Reihenfolge ansteigt:
•    Ökologische Studien (siehe: Ökologische Studien)
•    Querschnittsstudien (siehe: Querschnittsstudien)
•    Fall-Kontroll-Studien (siehe: Fall-Kontroll-Studien)
•    Kohortenstudien (siehe: Kohortenstudien)
•    Interventionsstudien (siehe: Experimentelle Studien, Interventionsstudien)

Evidenz

Bezeichnet die Überzeugungskraft eines Nachweisverfahrens, das auf einen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung hindeutet, beispielweise zwischen einer Therapie und der damit behandelten Erkrankung. Im Bereich der evidenzbasierten Medizin (engl. evidence-based medicine, EbM) bzw. der evidenzbasierten Ernährungsforschung (engl. evidence-based nutrition) wird die Evidenz herangezogen, um die Aussagekraft epidemiologischer Studien zu beurteilen. Die höchste wird Metaanalysen (siehe: Metaanalyse) und systematischen Reviews (siehe: Systematischer Review) von randomisierten kontrollierten Studien (siehe: Randomisierte kontrollierte Studie) zugeschrieben, die niedrigste Lehrbüchern und Meinungen. Diese Klassifizierung erlaubt, auch Empfehlungen zur Krankheitsprävention oder -therapie nach ihrer Zuverlässigkeit einzuteilen. Dazu werden zunächst die vorliegenden Untersuchungsergebnisse gesammelt und danach entsprechend der Evidenzklassen der zugrundeliegenden Studien angeordnet. Aus dieser Anordnung werden sodann Therapie- bzw. Präventionsempfehlungen abgeleitet und zu „Evidenzbasierten Leitlinien“ zusammengefasst. Für diese werden, abhängig vom Design der einbezogenen Studien und der Relevanz der Ergebnisse, schließlich Härtegrade (engl. grade of recommendation) der Evidenz vergeben:
•    „überzeugend“ (es liegen mind. zwei Studien höchster Aussagekraft vor; konsistente Ergebnisse aus Kohorten- und Interventionsstudien),
•    „wahrscheinlich“ („ziemlich“ konsistente Ergebnisse aus Kohorten- und Interventionsstudien),
•    „möglich“ (kaum Ergebnisse aus Kohorten- und Interventionsstudien),
•    „unzureichend“ (keine, wenige oder widersprüchliche Studienergebnisse).

Auch in der Ernährungsforschung geben die Härtegrade Auskunft darüber, wie konsistent die Datenlage ist, die zu einer Ernährungsempfehlung geführt hat. So informiert beispielweise die Leitlinie „Fettzufuhr und Prävention ausgewählter ernährungsbedingter Krankheiten“ der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) über die Einflüsse von Nahrungsfetten auf die Entwicklung u. a. von Adipositas oder Diabetes mellitus.

Experimentelle Studie

Experimentelle Studien (engl. experimental study) sind (klinische) Interventionsstudien, bei denen an freiwilligen Probanden der Einfluss unterschiedlicher Studienbedingungen oder Expositionen (siehe: Exposition) auf eine oder mehrere Zielgrößen (z. B. Erkrankungen, biochemische oder physiologische Merkmale) untersucht wird. Die Einflussgrößen werden entsprechend einem  festgelegten Studienplan bewusst variiert und kontrolliert. Verglichen werden dabei Personen mit bzw. ohne diese herbeigeführten Veränderungen (Interventions- versus Kontrollgruppe). Durch zufällige (randomisierte) Zuteilung der Probanden auf die Gruppen (siehe: Randomisierte kontrollierte Studien (RCT)) lässt sich der Einfluss von Störgrößen (Bias) minimieren. Die Untersuchungen dienen dazu, kausale Zusammenhänge (siehe: Kausalität) zwischen bestimmten Faktoren und deren Auswirkungen (Ursache-Wirkungs-Beziehung) besser zu verstehen.

Exposition

Einwirken eines Risikofaktors (siehe: Risikofaktor) auf ein Individuum oder auf eine Personengruppe.

Fallbericht

Der Fallbericht (engl. case report) ist ein Werkzeug der medizinischen Forschung und dient der Verbreitung medizinischer Einzelbeobachtungen in der Fachliteratur. Es handelt sich um ein Protokoll mit detaillierten Informationen, die üblicherweise in klinischen Studien nicht dokumentiert werden können. Er beinhaltet sämtliche Beobachtungen in der Versorgung von Probanden, die für eine spätere Beschreibung von Nebenwirkung, Diagnoseverfahren oder Therapieansätzen von wesentlicher Relevanz sein können. Fallberichte haben einen niedrigen Evidenzgrad (siehe: Evidenz), da sie ausschließlich auf Einzelpersonen bezogen sind. Sie eignen sich daher nicht für die Ableitung von Therapieempfehlungen.

Fall-Kontroll-Studien

Fall-Kontroll-Studien (engl. case-control study) folgen einem retrospektiven Studienansatz (siehe: Retrospektive Studien). Dabei wird der Zusammenhang zwischen dem früheren Kontakt mit einem möglicherweise schädigenden Auslöser und dem gegenwärtigen Vorliegen einer Erkrankung untersucht. Dazu vergleicht man erkrankte Personen (Fälle, engl. cases) mit nicht erkrankten Personen (Kontrollen, engl. controls) hinsichtlich Expositionsfaktoren (siehe: Exposition) in der Vergangenheit. Es wird ermittelt, wie viele der „cases“ und wie viele der „controls“ einem möglichen Risikofaktor ausgesetzt (exponiert) waren. Ist der Anteil der Exponierten in der Fall-Gruppe höher als in der Kontroll-Gruppe, so besteht wahrscheinlich ein Zusammenhang zwischen Exposition und Erkrankung. Aufgrund ihres Studiendesigns ist diese Studienart jedoch auf die Untersuchung jeweils einer Erkrankung beschränkt. Ein Beispiel wäre die Untersuchung möglicher ernährungsbedingter Faktoren, etwa des Alkoholkonsums, auf die Entwicklung von Leberzirrhose.

Interventionsstudie

Interventionsstudien sind experimentelle Studien, die den Einfluss einer Behandlung (Intervention, z. B. Umstellung der Ernährungsweise) unter kontrollierten und zumeist randomisierten (zufällige Gruppenzuteilung der Probanden) Bedingungen untersuchen. Sie sind am wenigstens anfällig für Verzerrungen (siehe: Bias) und besitzen deshalb stärkste Beweiskraft (siehe: Evidenz). Allerdings können sie nicht für alle Fragestellungen angewandt werden. Dies verhindern zum einen ethische Gründe, die eine schädigende Exposition von Probanden nicht erlauben. Zum andern lassen sich manche Einflussgrößen wie Lebensalter oder Geschlecht durch den Untersucher nicht manipulieren. In der ernährungsepidemiologischen Forschung ist zudem die Zeitspanne zwischen Exposition und Krankheitseintritt häufig zu groß, z. B. wenn man nach dem Zusammenhang zwischen Ballaststoffverzehr im Kindheitsalter und Darmkrebsrisiko im Erwachsenenalter fragt. Über derartige Zeiträume lässt sich keine Ernährungsintervention kontrollieren. Nach einem kausalen Zusammenhang (siehe: Kausalität) muss dann mit weniger zuverlässigen Studienformen gesucht werden.

In vitro

Der Begriff in vitro (lat. “im Glas”) bezeichnet Versuche außerhalb eines lebenden Organismus. Diese werden unter “künstlichen” Laborbedingungen vorwiegend in isoliertem Gewebematerial oder Zellen durchgeführt. Die gewonnenen Informationen dienen als Basis für weiterführende Versuche am lebenden Organismus (siehe: In vivo).

In vivo

In in vivo Studien (lat. “im Lebenden”) werden Versuche innerhalb eines lebenden Organismus unter natürlichen Bedingungen durchgeführt. Sie stellen das Gegenstück zu “künstlichen” Bedingungen dar (beispielweise das Erforschen von entnommenem Zellgewebe außerhalb des natürlichen Lebensumfeld im Labor) (siehe: In vitro).

Inzidenz

Die Inzidenz (lat. „incidere“, vorfallen/sich ereignen) beschreibt die Häufigkeit von Neuerkrankungen innerhalb eines definierten Beobachtungszeitraumes. Sie errechnet sich aus der Anzahl neu auftretender Erkrankungsfälle (z. B. Diabetes mellitus) in einer bestimmten Personengruppe der Bevölkerung (Stichprobe z. B. Jugendliche von 12 bis 16 Jahren, Personen geboren zw. 1955 bis 1990, usw.) innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne (meist ein Jahr). Laut eines im Jahr 2019 publizierten Berichts des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungen lag die Diabetesinzidenz bezogen auf die österreichische Gesamtbevölkerung jeden Alters im Jahr 2017 bei rund 0,9 %. Das entspricht etwa 40.000 Personen, die im selben Jahr neu an Diabetes erkrankt sind. Die Inzidenz unterscheidet sich von der Prävalenz. Da die Inzidenz einen Anteil aller Erkrankungsfälle darstellt, ist sie stets niedriger als die Prävalenz (siehe: Prävalenz). Allerdings sind erhobene Daten nicht immer unmittelbar miteinander vergleichbar, da bei der Datenerhebung und -auswertung unterschiedliche Stichproben, Variablen und statistische Methoden zur Anwendung kommen.

Die kumulative Inzidenz (KI) beschreibt, wie wahrscheinlich eine zufällig ausgewählte Person einer Risikopopulation innerhalb eines Zeitraumes an einer Krankheit neu erkrankt. Errechnet wird sie, indem die Zahl aller Neuerkrankungen innerhalb des Zeitraums (z. B. alle neuen Fälle von Diabetes mellitus) durch die Personenanzahl „unter Risiko“ (Anzahl aller Personen, die Diabetes entwickeln könnten) zu Beginn des Zeitraums dividiert wird. Die KI wird daher auch als Inzidenzrisiko bezeichnet.
 
Inzidenzrate (IR) und Inzidenzdichte (ID) berücksichtigen, dass die Populationsgröße nicht konstant bleibt, sondern Schwankungen unterworfen ist und sich dynamisch ändert (Menschen sterben, werden geboren oder ziehen zu oder weg). So wird für die Inzidenzrate innerhalb einer definierten Zeitspanne die Anzahl der Neuerkrankten auf die mittlere Bevölkerungszahl „unter Risiko“ (zeitliches Mittel der Populationsgröße) bezogen. Für die Inzidenzdichte dividiert man die Anzahl neu erkrankter Personen durch die Summe der individuellen Risikozeiten, jener Zeiten also, die jede der empfänglichen Personen zur exponierten Bevölkerung gehört hat, ohne die Krankheit zu erleiden (Anzahl Inzidenzfälle dividiert durch die „Summe der Personenjahre“). Angegeben wird sie meist je 1.000 bis 100.000 Einwohnern. Die Inzidenzdichte wird auch als „Krankheitsstärke“ oder „Ausbreitungsdrang“ einer Erkrankung interpretiert. Im Unterschied zur KI und der IR, eignet sich die ID zur Beschreibung des Auftretens von beispielsweise nicht-chronischer Erkrankungen von kürzerer Dauer, da in ihre Berechnung ein mehrmaliges Auftreten einer Erkrankung miteinbezogen wird. Dies ist bei den anderen Kenngrößen nicht der Fall.

Unter Mortalität (siehe: Mortalität) wird die Inzidenz von Todesfällen verstanden. Mit Hilfe der Inzidenz und Prävalenz kann der Bedarf an präventiven Maßnahmen und Behandlungen für eine bestimmte Erkrankung abgeschätzt werden.

Kausalität

Die Kausalität bezeichnet eine zwingende Ursache-Wirkungsbeziehung. In epidemiologischen Studien und im Experiment kann lediglich eine Assoziation (siehe: Assoziation) bestimmt und mit statistischen Verfahren erhärtet werden. Es gelingt jedoch auch bei sorgfältigster Beobachtung nicht, eine kausale Beziehung unwiderlegbar zu beweisen. Dies liegt an zusätzlichen äußeren Faktoren oder Variablen, die entweder unbekannt oder unbeherrschbar sind. Eine Theorie kann also durch viele Experimente mit gleichem Ergebnis nicht zwingend bewiesen werden, weil ein einziges Experiment mit gegensätzlichem Ausgang genügt, um sie zu widerlegen. Die Behauptung beispielsweise, dass Wasser stets bei 100 °C kocht, lässt sich dadurch entkräften, dass man es in größerer Höhe, also unter vermindertem Luftdruck zum Sieden bringt.

Kohortenstudien

Eine prospektive Studienform (siehe: Prospektive Studien). Eine definierte Personengruppe (eine Kohorte) wird über einen bestimmten Zeitraum beobachtet, um zu untersuchen, wie viele Personen eine gewisse Erkrankung entwickeln. Sodann wird verglichen, ob unter Personen, die einem gewissen Einflussfaktor ausgesetzt (also exponiert) waren, die Erkrankung häufiger (oder auch seltener) auftritt als in der Personengruppe ohne diese Exposition.

Konfidenzintervall

In der Statistik fußen berechnete Werte oft auf Stichproben und können daher nur als Schätzwerte angegeben werden. Die Ermittlung des „wahren Werts“ stellt eine große wissenschaftliche Herausforderung dar. Nur durch oftmaliges zufälliges Wiederholen derselben Messung kann zunehmende Sicherheit über die Zuverlässigkeit des Datenmaterials gewonnen werden. Ein Maß dieser Sicherheit ist das Konfidenzintervall (confidence interval, CI, „Vertrauensbereich“). Es grenzt einen Wertebereich zwischen einem oberen und einem unteren Grenzwert ein, innerhalb dessen der wahre Wert mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (Konfidenzniveau) liegt. Als Konfidenzniveau wird meist eine Wahrscheinlichkeit von 95 % gewählt. Schließt das CI jenen Wert ein, der die Aussage „kein Effekt“ markiert (den Wert 0 bei Differenzen, z.B. zwischen absoluten Risiken, bzw. den Wert 1 bei Quotienten wie dem Relativen Risiko), so bedeutet dies, dass zwischen der Einflussgröße und dem beobachteten Effekt kein signifikanter Zusammenhang besteht (siehe: Signifikanz). Ein Beispiel: Eine Kohortenstudie soll prüfen, ob Übergewicht das Risiko einer Krebserkrankung erhöht. Die Studie ergibt ein relatives Erkrankungsrisiko der Über- gegenüber den Normalgewichtigen von 1,1, d.h. Übergewichtige erkranken häufiger. Das Ergebnis ist aber nicht signifikant, da sein 95%-iges CI von 0,8–1,3 reicht. Der wahre Wert des relativen Risikos könnte also auch 1 betragen, was keinen Gruppenunterschied bedeuten würde. Er könnte aber sogar bei 0,9 liegen, was einem protektiven Effekt des Übergewichts entspräche. Die Studie hat demnach keine signifikante Assoziation zwischen Übergewicht und Krebserkrankung feststellen können.

Kontrollierte klinische Studien (CCT)

Unter einer kontrollierten klinischen Studie (engl. controlled clinical trial, CCT) versteht man eine experimentelle prospektive Studie (siehe: Prospektive Studien), bei der eine Stichprobe von Probanden (im klinischen Bereich häufig Patienten mit einer bestimmten Krankheit) gezogen wird. Die Probanden werden vom Untersucher in zwei oder mehrere Gruppen eingeteilt, die kontrolliert jeweils unterschiedlich behandelt werden. Eine der Gruppen erhält keine oder nur eine scheinbare Therapie (Kontrollgruppe, Placebogruppe). Beobachtet wird der Effekt auf eine Zielgröße (z.B. Nachlassen einer Erkrankung). Die Gruppeneinteilung wird zumeist durch zufällige (randomisierte) Auswahl vorgenommen.

Korrelation

Eine Korrelation ist ein Begriff der Statistik und beschreibt die Beziehung zwischen zwei oder mehreren quantitativen Merkmalen oder Ereignissen. Dabei muss die Beziehung zueinander nicht ursächlich bedingt sein. Unterschieden wird zwischen positiver und negativer Korrelation. Positiv: je mehr Variable 1, desto mehr Variable 2. Negativ: je mehr Variable 1, desto weniger Variable 2. Ein Beispiel: je älter wir werden, desto niedriger wird die durchschnittliche verbleibende Lebenserwartung – die Variablen Alter und verbleibende Lebenserwartung korrelieren negativ miteinander.
Die Stärke des statistischen Zusammenhangs wird mit dem Korrelationskoeffizienten (siehe: Korrelationskoeffizient (R)) ausgedrückt. Wird ohne weitere Angaben vom "Korrelationskoeffizienten" gesprochen, so ist immer der „klassische“ Pearson'sche Koeffizient gemeint. Deutet der Korrelationskoeffizient auf eine Korrelation hin, so ist damit lediglich ein Zusammenhang (siehe: Assoziation), keinesfalls aber eine Ursache-Wirkungsbeziehung beschrieben (siehe: Kausalität).

Korrelationskoeffizient (R)

Der Korrelationskoeffizient ist ein Maß dafür, wie stark zwei Größen miteinander zusammenhängen. Ausgedrückt wird er als Wert, der zwischen -1 und +1 liegt. Ein R von 1 beschreibt einen vollständigen (positiven) Zusammenhang. Die Stärke von Zusammenhängen nimmt ab, je weiter der Wert gegen Null geht. Liegt R also bei 0,3, ist kaum eine Korrelation vorhanden. Der Korrelationskoeffizient beschreibt lediglich die Beziehung von Variablen zueinander (siehe: Korrelation), keine Kausalität (siehe: Kausalität).

Median

Der Median ist ein statistischer Begriff für das Lagemaß und bezeichnet den zentralen Wert eines Datensatzes. Er trennt somit die oberen 50 % der Werte von den unteren 50 %. Um ihn zu erhalten, werden zunächst alle gemessenen Werte der Größe nach geordnet. Bei einer ungeraden Anzahl von Werten liegt der Median genau in der Mitte. Handelt es sich um eine gerade Anzahl, ist der Median der Durchschnittswert (siehe: Mittelwert) der beiden in der Mitte liegenden Werte.

Metaanalyse

Einzelne Studien sind oft aufgrund ihres limitierten Umfangs nicht aussagekräftig genug, um eine Forschungshypothese zuverlässig zu beantworten. Metaanalysen sind Übersichtsarbeiten, die für eine vorgegebene Hypothese nach klar definierten Kriterien sämtliche vorliegenden Studienergebnisse sammeln, beurteilen, zusammenfassen und statistisch neu auswerten. Sie dienen dem großangelegten Vergleich thematisch gleicher Studien, beispielsweise von empirischen Studien (siehe: Empirische Studien). Sie sind aber nur dann sinnvoll, wenn die einzelnen Studien in ihrem Aufbau (Studiendesign) relativ ähnlich (homogen) sind.

Mittelwert

Der Mittelwert (arithmetisches Mittel) wird im allgemeinen Sprachgebrauch als Durchschnitt bezeichnet. Er dient dazu, Daten zusammenzufassen und mit nur einem Wert zu kennzeichnen. Dabei werden alle Einzelwerte summiert und durch ihre Anzahl dividiert.

Mortalität

Der Begriff Mortalität (lat. „mors“ für Tod) ist definiert als die Anzahl von (an einer Erkrankung)  verstorbenen Personen während einer bestimmten Zeitspanne (meist ein Jahr) im Verhältnis zur gesamten risikobehafteten Population. Sie kann für die Gesamtbevölkerung, einzelne Altersklassen oder das Geschlecht angegeben werden und wird durch Sterbeziffern oder Sterberaten ausgedrückt. Sie errechnet sich aus den Sterbefällen, die durch die mittlere Personenzahl der jeweils betrachteten Population dividiert wird. Angegeben wird sie meist je 1.000 bis 100.000 Einwohnern. Die Mortalität ist eine Inzidenz (siehe: Inzidenz), denn sie beschreibt das Auftreten von Todesfällen innerhalb eines definierten Zeitraums. Nicht zu verwechseln ist die Mortalität mit der Letalität. Letztere beschreibt die Wahrscheinlichkeit, mit der eine bestimmte Erkrankung tödlichen Ausgang nimmt.

Odds Ratio (OR)

Dabei handelt es sich um ein Zusammenhangsmaß, das das Chancenverhältnis (relative Chance) bzw. die relative Zusammenhangsstärke zweier Merkmale beschreibt. Hierbei wird die Chance (Odds) definiert als die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis eintritt, dividiert durch die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht eintritt. So ist z. B. die Wahrscheinlichkeit, eine 6 zu würfeln, gleich 1/6, die Odds betragen jedoch 1/5 (1/6 dividiert durch 5/6). Die OR gibt die relative Chance an, mit der ein Fall basierend auf einer bestimmten Exposition (siehe: Exposition) eintreten wird. Relativ ist dieses Maß deshalb, weil die Auftrittswahrscheinlichkeit relativ zur Wahrscheinlichkeit ohne diese Exposition angegeben wird. Die OR wird häufig in Fall-Kontroll-Studien verwendet. Ein Wert von beispielsweise 1,5 bedeutet, dass die relative Chance für eine bestimmte Ausprägung 1,5 mal so stark ist, wenn ein bestimmter Einflussfaktor vorhanden ist, verglichen mit der basalen Chance (=1) ohne diesen Faktor.

Ökologische Studien

Ökologische Studien setzen zwei beliebige Merkmale einer Population zueinander in Beziehung. Verbreitetes Beispiel sind geographische Korrelationsstudien (siehe: Korrelation), in denen für verschiedene Länder die Häufigkeit von Krankheiten mit anderen Merkmalen (etwa dem Haushaltseinkommen, der Zufuhr eines Nährstoffs oder der Übergewichtshäufigkeit) verglichen wird. Diese Studienform ist fehleranfällig und wenig geeignet, um kausale Zusammenhänge zu erkennen. Anstelle individueller Daten zu Exposition (siehe: Exposition) und Erkrankung werden räumliche und zeitliche Daten gesammelt und auf eine Korrelation hin geprüft. Eine Kausalität (siehe: Kausalität) lässt sich daraus keinesfalls ableiten.

Prävalenz

Mit Hilfe der Prävalenz (lat. praevalere, „überwiegen“) lässt sich die Relevanz einer Erkrankung zwischen Bevölkerungsgruppen vergleichen. Sie errechnet sich aus der Gesamtanzahl von Erkrankten (oder Betroffenen mit einem bestimmten Risikofaktor) zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines festgelegten Zeitraums (meistens ein Jahr) dividiert durch die Populationsgröße. Auf diese Weise kann für jede Person der Bevölkerung die Wahrscheinlichkeit, zu einem bestimmten Zeitpunkt krank zu sein, abgeleitet werden.
Ein Beispiel: Die Diabetesprävalenz lag im Jahr 2019 in Österreich bei 6,6 % bezogen auf die Bevölkerungsgruppe der 20- bis 79-Jährigen. Dieser Wert bedeutet, dass 6,6 % dieser Altersgruppe im Jahr 2019 an Diabetes erkrankt war. Die Prävalenz gibt keinen Aufschluss darüber, wann die Erkrankung zum ersten Mal aufgetreten ist bzw. diagnostiziert wurde. Hierfür muss die Inzidenz herangezogen werden (siehe: Inzidenz).  
Mit Hilfe der Prävalenz und Inzidenz kann der Bedarf an präventiven Maßnahmen und Behandlungen für eine bestimmte Erkrankung abgeschätzt werden.

Prospektive Studien

Eine prospektive Studie ist eine Studienform, deren Beobachtungszeitraum ab Studienbeginn in die Zukunft reicht. Dabei wird eine zuvor festgelegte Hypothese im Verlauf der Studie anhand gesammelter Daten geprüft. Man erfasst in der Studiengruppe zunächst das Vorliegen möglicher Risikofaktoren (siehe: Exposition) und ermittelt die Zielgrößen (Erkrankungen oder Therapieerfolge) im Verlauf der Studie. Zu dieser Studienform zählen Interventionsstudien (siehe: Interventionsstudien) sowie Kohortenstudien (siehe: Kohortenstudien). Wird hingegen ein zurückliegender Zeitraum erfasst, spricht man von retrospektiven Studien (siehe: Retrospektive Studien).

Qualitative Studien

Qualitative Studien finden häufig in der Sozial- und Marktforschung Anwendung, und bestehen in der Sammlung von Informationen durch qualitative Erhebungsmethoden (z. B. Interviews). Sie dienen hauptsächlich der Erfassung von Motiven von Menschen.

Querschnittsstudien

In Querschnittsstudien werden die Exposition (siehe: Exposition) und die zu untersuchende Erkrankung zeitgleich ermittelt und die erhobenen Daten auf mögliche Zusammenhänge geprüft. Diese Studien sind nur bei relativ häufigen Erkrankungen sinnvoll und im Allgemeinen nur zur Formulierung von Hypothesen geeignet.

Randomisierte kontrollierte Studien (RCT)

Die randomisierte kontrollierte Studie (engl. randomized controlled trial) ist eine Form von klinischen Studien, in welcher die Effekte einer Behandlung (z. B. durch ein Medikament) auf ein bestimmtes Ereignis (z. B. Heilungsraten, Nebenwirkungen, Komplikationen oder Todesfälle) untersucht werden. Bei der Randomisierung (engl. randomization) werden die Studienteilnehmer zufällig den Studiengruppen (Behandlungs- oder Kontrollgruppe) zugeteilt. Während die Behandlungsgruppe beispielsweise das zu untersuchende Medikament bekommt, erhält die Kontrollgruppe entweder eine herkömmliche Therapie (z. B. Vergleichstherapie), ein Scheinmedikament bzw. Placebo (Placebogruppe) oder gar nichts.

Relatives Risiko (RR)

Das relative Risiko (auch Risikoverhältnis; engl. risk ratio) ist der Quotient aus zwei absoluten Risiken (siehe: Absolutes Risiko (AR)). Es vergleicht die Risiken von zwei Gruppen (z. B. Exponierten gegenüber Nicht-Exponierten; Interventions- gegenüber Kontrollgruppe) und gibt an, um wievielmal häufiger das Zielereignis (z. B. eine Erkrankung) in der einen Gruppe gegenüber der anderen auftritt. Es ist ein Maß für die Stärke eines Zusammenhangs zwischen einer Exposition (siehe: Exposition) und einem bestimmten Ereignis (z. B. Erkrankungsfall oder Tod) und spiegelt damit beispielsweise wider, um wieviel öfter Exponierte im Vergleich zu Nicht-Exponierten erkranken.

Bei einem Wert von RR=1 ist das Risiko in beiden Gruppen gleich groß. Liegt er über 1, ist das Risiko, eine Erkrankung zu bekommen, bei der risikoausgesetzten Gruppe größer als bei der Vergleichsgruppe. Ist er kleiner als 1, ist das relative Erkrankungsrisiko geringer. Ändert sich beispielsweise durch eine Intervention die Risikorate, an einer Erkrankung zu sterben, von 2,0 % auf 1,6 %, beträgt das relative Risiko für die Interventionsgruppe 0,8. Das RR errechnet sich aus dem Verhältnis der beiden: 1,6/2,0 = 0,8.

Relative Risikoreduktion (RRR)

Gibt die relative Senkung eines Risikos (siehe: Risiko) für ein bestimmtes Ereignis zwischen zwei Gruppen (z. B. Versuchs- und Kontrollgruppe) in Prozent an. Sie beschreibt beispielweise, um wie viel Prozent eine bestimmte Intervention das Risiko, eine Erkrankung zu erleiden, reduziert. Errechnet wird sie, indem das relative Risiko (siehe: Relatives Risiko (RR)) von 1 (entspricht 100 %) abgezogen wird (RRR = 1-RR). Ändert sich beispielsweise die Sterblichkeit (siehe: Mortalität) von 2 % auf 1,6 %, so bedeutet das eine Verringerung des relativen Risikos (RRR) um 20 %.

Berechnung:
RR der Therapiegruppe 1,6/2,0 = 0,8 = 80 %
RR der Kontrollgruppe: definitionsgemäß 1 = 100 %
RRR: 1-0,8 = 0,2 = 20 %

Retrospektive Studien

Eine Studienart, bei der nach den in der Vergangenheit liegenden Ursachen einer vorhandenen Erkrankung nachträglich und rückschauend (retrospektiv) gesucht wird. So vorgegangen wird beispielsweise in Fall-Kontroll-Studien (siehe: Fall-Kontroll-Studien). Reicht der Beobachtungszeitraum ab Studienbeginn hingegen in die Zukunft, spricht man von prospektiven Studien (siehe: Prospektive Studien).

Review

Es handelt sich um wissenschaftliche Überblicksarbeiten, die in Fachzeitschriften (Journalen) publiziert werden. Reviews fassen die zu diesem Zeitpunkt bereits veröffentlichten Ergebnisse zusammen und vergleichen die Originalarbeiten zu einem bestimmten Themenbereich. Die Auswahl unterliegt keinen definierten Kriterien, der Review muss aber den Anforderungen des Begutachtungsprozesses (Peer-Review) entsprechen. Da Reviews keine neuen Ergebnisse enthalten, liefern sie als sogenannte Sekundärquellen ausschließlich einen zeitgemäßen Überblick zum aktuellen Forschungsstand. Im Unterschied zu systematischen Reviews (siehe: Systematischer Review) und Metaanalysen (siehe: Metaanalysen) folgen Literaturauswahl, Aufbau und Struktur nicht standardisierten Kriterien, sondern unterliegen dem subjektiven Urteil des Autors.

Risiko

Das Risiko ist die Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestimmtes Ereignis eintritt. Umgangssprachlich wird darunter häufig ein schädigendes Ereignis verstanden. In der Medizin wird das Risiko eines gesundheitlichen Schadens (Schadenwahrscheinlichkeit) oft mit der Exposition (siehe: Exposition) verknüpft, also dem Wirken eines Risikofaktors (siehe: Risikofaktor), beispielweise durch eine aufgenommene Substanz), sowie mit dem Ausmaß der körperlichen Folgen (Schadensausmaß). Risiko ist dabei nicht gleichzusetzen mit Gefahr, denn nicht jede Gefahr ist automatisch ein Risiko für die Gesundheit. Ist man der Gefahr nicht ausgesetzt (nicht exponiert), stellt sie auch kein Risiko dar.

Risikofaktor

Merkmale in der Genetik, dem Verhalten und dem Lebensstil, der Ernährung, den sozialen Bedingungen eines Individuums, die sich auf das Auftreten, die Entwicklung und die Schwere einer Erkrankung auswirken können. Ist man einem Risikofaktor ausgesetzt, so ist man exponiert (siehe: Exposition). Beispielsweise treten Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Lungenkrebs häufiger bei Personen auf, die sich dem Risikofaktor Rauchen aussetzen.

Signifikanz

Begriff der Statistik, der aussagt, wie nahe die aus experimentellen Daten gewonnenen Parameter (Maßzahlen der Lage wie ein Mittelwert oder Maßzahlen der Streuung wie Standardfehler oder Konfidenzintervall) den jeweils wahren Werten kommen. Die statistische Signifikanz dient dazu, gemessene Ergebnisse im Kontext einer formulierten Forschungshypothese zu interpretieren und zu beurteilen. Für gewöhnlich werden erhobene Daten in der Analyse gegen ein vorher definiertes α-Niveau (alpha Niveau, Signifikanzniveau) getestet. Als Vergleichsgröße dient der sogenannte p-Wert (engl. p-value), ein numerischer Wert zwischen 0 und 1. Er gibt Auskunft darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein statistisch berechnetes Ergebnis vom erhaltenen Ergebnis unter der Annahme, dass dieses zufällig ist, abweicht. Das gängigste Niveau wird bei 5 % (p = 0,05) festgelegt. Ist ein gemessener Wert kleiner (p < 0,05), liegt die Irrtumswahrscheinlichkeit unter 5 % bzw. die Zuverlässigkeit bei 95 %. Das Ergebnis wird folglich als signifikant bezeichnet. Mit sinkender Irrtumswahrscheinlichkeit steigt die Signifikanz des getesteten Ergebnisses. Hohe Signifikanz macht zwar die Gültigkeit der geprüften Forschungshypothese wahrscheinlich, kann sie aber keinesfalls beweisen. Außerdem sagt die Signifikanz nichts über die Relevanz einer Hypothese aus, also über ihre biologische Bedeutung.

Systematischer Review

Unter einem systematischen Review (engl. systematic review) versteht man eine Übersichtsarbeit, die bereits publizierte Forschungsergebnisse nach streng definierten Kriterien und zuvor formulierten Hypothesen zusammenfasst. Im Gegensatz zur einfachen Überblicksarbeit (siehe: Review) wird eine objektive und von subjektiven Urteilen freie Bewertung der bisher vorhandenen Einzelergebnisse angestrebt. Erreicht wird dies durch möglichst vollständige Literaturrecherche in Datenbanken und anderen Quellen, strukturierte Auswahl und Auswertung der relevanten Publikationen und Beurteilung der jeweils möglichen Fehlerquellen (Bias). Für die evidenzbasierte Medizin sind sie von besonderer Bedeutung, da sie überwiegend auf Erkenntnissen aus randomisierten kontrollierten Studien (siehe: Randomisierte kontrollierte Studien (RCT)) fußen und einen hohen Evidenzgrad (siehe: Evidenz) besitzen.

Validität

Die Validität ist ein wesentliches Gütekriterium empirischer, quantitativer Forschung. Sie charakterisiert, ob und mit welcher Genauigkeit eine Vorgehensweise das abbildet, was sie abbilden soll. Die Validität kann sich also auf Studien, experimentelle Prüfungen, Messungen, Auswertungsverfahren usw. beziehen. Für eine epidemiologische Studie ist z. B. sicherzustellen, ob die verwendeten Mess- und Erhebungsinstrumente (darunter auch Fragebögen) valide sind, also wirklich die gewünschten Informationen liefern. Ist die Validität derartiger Instrumente gering, so ist das Studienergebnis wertlos.

Verblindung

Bei der Verblindung handelt es sich um ein Verfahren, das bewusste und unbewusste Verzerrungen (siehe: Bias) im Studiendesign und bei der Durchführung einer klinischen Studie verhindern soll. Einzelverblindung bedeutet, dass der Studienteilnehmer keine Information zum Expositionsstatus (siehe: Exposition) erhält (z. B. Zuweisung zur Versuchs- oder zur Kontrollgruppe). Bei "doppelt verblindeten" Studien kennt weder der Forscher noch die Versuchsperson den Expositionsstatus während des Experiments. Bei der Dreifach-Verblindung ist diese Zuordnung auch Dritten wie den untersuchenden Labors unbekannt. Die doppelte Verblindung ist daher der Mindeststandard in klinischen Studien.

Wahrscheinlichkeit

Wahrscheinlichkeit (Probabilität), dass ein bestimmtes Ereignis (z. B. Erkrankung) eintritt oder, dass ein gemessener Wert in einen bestimmten Bereich fällt.

Zielpopulation

Personengruppen aus der ein Studienkollektiv gezogen wird, die durch ein bestimmtes Alter und Geschlecht definiert ist. Schwangere und stillende Frauen stellen aufgrund ihres besonderen physiologischen Status spezifische Zielgruppen dar.


Hinweis: Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Stand: November 2020

Zitierweise:
Kern C, Zunft H-JF: Studienbegriffe erklärt. Stand: 11.2020. forum. ernährung heute (2020).

Literatur

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Öffentliches Gesundheitsportal Österreich des Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK): Lexikon. www.gesundheit.gv.at (Zugriff 28.09.2020).
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Egger M, Razum O, Rieder A: Public Health Kompakt. 3. Auflage, Walter de Gruyter Verlag, Berlin (2017).
Hedderich J, Sachs L: Angewandte Statistik: Methodensammlung mit R. 8. Auflage, Springer Spektrum, Berlin/Heidelberg (2018).
Statista: Prävalenz von Diabetes bei zwischen 20- und 79-Jährigen in ausgewählten Ländern weltweit im Jahr 2019. www.statista.com (Zugriff 17.09.2020).
Robert Koch Institut: Glossar. www.rki.de (Zugriff 16.09.2020).
Andreß H-J: Glossar zur Datenerhebung und statistischen Analyse. ww.eswf.uni-koeln.de/glossar (Zugriff: 10.11.2020).

 

 

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