Trennkostdiäten

Die Trennkost wurde Anfang des 20. Jahrhunderts vom amerikanischen Arzt William Howard Hay entwickelt. Entsprechende Diätkonzepte gehen davon aus, dass der Körper eiweiß- und kohlenhydratreiche Lebensmittel nicht gleichzeitig verdauen kann. Es wird argumentiert, dass die beteiligten Verdauungsenzyme dadurch nicht optimal arbeiten und es zu Gärungsvorgängen im Darm und zu einer Übersäuerung (Azidose) komme.

Veraltete Thesen

Hays Thesen stammen aus einer Zeit, als die konkreten Abläufe der Verdauung und die Wirkungsweise der einzelnen Verdauungssäfte und –enzyme noch nicht bekannt waren. Heute weiß man, dass das Enzymsystem des menschlichen Magen-Darm-Trakts auf eine gleichzeitige Verdauung unterschiedlicher Nährstoffe ausgerichtet ist. Das beste Beispiel ist die Muttermilch. Sie ist das einzige Lebensmittel, das alle für den neugeborenen Körper notwendigen Nährstoffe gleichzeitig enthält – Eiweiß, Kohlenhydrate, Fette, Vitamine und Mineralstoffe. Und selbst der noch unausgereifte Verdauungstrakt des Säuglings kann die Muttermilch problemlos verdauen. Würde das Trennkostprinzip stimmen, wäre das natürlichste aller Lebensmittel, die Muttermilch, für Säuglinge gänzlich ungeeignet. Oft sorgt gerade die Kombination bestimmter Nahrungsmittel für einen Mehrwert. So wird durch den gleichzeitigen Genuss von Kartoffeln und Eiern oder Milch und Getreide die biologische Wertigkeit des zugeführten Eiweißes erhöht. Klar wird der in der Diätform enthaltene Fehlschluss auch, wenn man bedenkt, dass zahlreiche Kohlenhydratlieferanten gleichzeitig hochwertige Eiweißquellen darstellen, wie bei Hülsenfrüchten und Getreide. Die zeitliche Trennung des Verzehrs von kohlenhydrat- und eiweißreichen Lebensmitteln bringt somit keinerlei gesundheitliche Vorteile.

Übersäuerung nicht zu befürchten

Das Trennkostprinzip sieht u. a. vor, dass der Großteil der Lebensmittel sogenannte „Basenbildner“ wie Obst, Gemüse und Vollkorngetreide sein sollen und „Säurebildner“ wie Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Weißmehl und Zucker einen geringeren Teil der Nahrung ausmachen sollen. Die Trennkost wird in der Fachliteratur auch als „vorwiegend lakto-vegetabile“ Kostform eingeordnet. Dadurch soll eine Übersäuerung des Körpers verhindert werden. Allerdings sind die Puffersysteme im menschlichen Körper so ausgelegt, dass sie den Säure-Basen-Spiegel im Organismus konstant halten. Mehr zum Thema gibt es HIER.

Fazit

Trennkostfans argumentieren, dass das Prinzip funktionieren müsse, weil damit immer wieder Gewichtsreduktionserfolge erzielt werden. Diese treten jedoch meist deshalb ein, weil der Großteil der „basenbildenden“ Lebensmittel wie Gemüse, Obst und Vollkornprodukte von Natur aus kalorienarm ist. Viele Menschen, die Trennkostdiäten durchführen, essen dadurch plötzlich deutlich weniger kalorien- und fettreiche Speisen. Die Grundideen hinter dem Konzept sind nach aktuellem Wissensstand nicht mehr haltbar.

 

Literatur

Leitzmann C, Keller M, Hahn A: Alternative Ernährungsformen. 2. Auflage, Hippokrates Verlag, Stuttgart (2005).

Leitzmann C et al.: Ernährung in Prävention und Therapie. 3. Auflage, Hippokrates Verlag, Stuttgart (2009).

Verbraucherzentrale (Hrsg.): Von Stoffwechsel-Diäten bis Trennkost: Erfolgsaussichten und Gefahren. www.verbraucherzentrale.de (Zugriff: 30.03.2023).

Widhalm K, Gatternig K: Diäten. Österreichische Ärztezeitung 5 (2016).

 

 

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