Jod: unterschätzter Nährstoff mit großer Wirkung
Aktuelle Daten aus dem Jodmonitoring zeigen, dass 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen sowie 32 Prozent der Erwachsenen in Deutschland die empfohlene Jodzufuhr nicht erreichen. Auch in Österreich sind laut einer aktuellen Untersuchung des Landwirtschaftsministeriums vergleichbare Tendenzen zu beobachten. Der letzte aktuelle Österreichische Ernährungsbericht aus 2017 beziffert den Anteil der mit Jod untervorsorgten Personen gar auf ca. 85 Prozent. Besonders betroffen sind Frauen im gebärfähigen Alter, Schwangere, Stillende und Menschen mit veganer oder vegetarischer Ernährung, da sie häufig auf jodhaltige tierische Produkte verzichten.
Salzanreicherung nach wie vor zentral
Die Jodierung von Speisesalz war über Jahrzehnte eine wirkungsvolle Strategie zur Sicherstellung einer ausreichenden Jodzufuhr in Europa. Doch nicht jedes Salz im Handel enthält automatisch Jod. Viele Menschen greifen zu Meersalz, Himalayasalz oder Fleur de Sel. Diese Salze liefern jedoch in der Regel kein Jod. Auch in verarbeiteten Produkten ist es nicht selbstverständlich. Durch unterschiedliche nationale rechtliche Vorgaben in der Salzanreicherung sind Handelsbarrieren entstanden, die die freiwillige Jodsalzverwendung in der Lebensmittelherstellung bremsen. Zusätzlich hat Jod ein Image- und Wissensproblem: Angst vor Überdosierung und Allergien dämpfen die Akzeptanz bei Konsumierenden. Dabei werden Jodid und Jodat, die gängigen Verbindungen im Jodsalz, auch oberhalb der empfohlenen Mengen von Erwachsenen gut vertragen und sind für gesunde Menschen unbedenklich. Überschüssiges Jod wird zudem rasch ausgeschieden. Auch der Mythos von allergischen Reaktionen hält sich weiter hartnäckig, obwohl er längst wissenschaftlich widerlegt wurde.
Jodmangel: leise, aber folgenreich
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor den schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen eines Jodmangels: Dazu zählen eine eingeschränkte Schilddrüsenfunktion, Wachstumsverzögerungen sowie eine verminderte kognitive Entwicklung. Besonders in der Schwangerschaft ist eine ausreichende Aufnahme relevant, da Jod für die gesunde Gehirnentwicklung des ungeborenen Kindes unverzichtbar ist. Ein Mangel an Jod entwickelt sich meist schleichend. Die Symptome sind oft unspezifisch und werden selten als Nährstoffmangel erkannt. Dazu zählen unter anderem Konzentrationsprobleme, chronische Müdigkeit oder eine erhöhte Kälteempfindlichkeit. Weil viele dieser Anzeichen alltäglich erscheinen, bleibt Jodmangel häufig unentdeckt – und damit unbehandelt. Eine weitere Herausforderung ist das Bewusstsein und Wissen rund um jodhaltige Lebensmittel.
Mehr Jod im Alltag
Wer seine Jodversorgung zuverlässig sicherstellen möchte, sollte folgende Maßnahmen in den Alltag integrieren:
- Verwendung von jodiertem Speisesalz beim Kochen und bei der Auswahl von verarbeiteten Lebensmitteln, vor allem bei Brot und Fleischwaren.
- Zwei Portionen Milch und Milchprodukte pro Tag.
- Regelmäßiger Konsum von Eiern und etwa einmal pro Woche Meeresfisch wie Seelachs oder Thunfisch bzw. Meeresfrüchte.
„Jodversorgung beginnt mit bewussten Entscheidungen beim Einkauf und in der Küche“, betont Marlies Gruber. Denn: „Gesunde Ernährung basiert nicht auf Moden und Trends, sondern auf bewährtem Wissen und guten Gewohnheiten. Jod ist ein gutes Beispiel dafür. Es ist an der Zeit, diesem entscheidenden Nährstoff die Aufmerksamkeit zu geben, die er verdient.“