Studie zeigt hohen Bedarf an Ernährungsbildung auf
Das Ernährungswissen in Österreich ist verbesserungsbedürftig. Für einen zielgerichteten Ansatz zur Optimierung ist es jedoch wichtig, mögliche Informationslücken zu identifizieren und darauf aufbauende Bildungsansätze abzuleiten. Die aktuell im Fachjournal Nutrients publizierte Studie zeigt: Wieviel Menschen über Ernährungsempfehlungen, Lebensmittel und deren Inhaltstoffe sowie den Zusammenhang mit der Gesundheit wissen, hängt mit Geschlecht, Alter und Bildungsniveau zusammen. Junge, männliche und weniger gebildete Personen schneiden am schlechtesten ab, gut gebildete und ältere Teilnehmende sowie Frauen am besten.
Lehrkräfte verfügen zwar über ein ausgeprägteres Ernährungswissen als die Allgemeinbevölkerung, im Hinblick auf ihren Beitrag in der allgemeinen Ernährungsbildung in der Schule sind die Ergebnisse jedoch nicht zufriedenstellend. Gesundheitspersonal, das zu Fragen der Ernährung häufig frequentiert wird, wie Ärzte und Pharmazeuten, weist ein höheres Wissen auf. Die Vertreterinnen und Vertreter der Diätologie und Ernährungswissenschaften verfügen in der Studie über das größte Ernährungswissen.
„Auch wenn das Ernährungswissen als solches nicht den alleinigen Schlüssel für ein verbessertes Essverhalten bildet, gibt es dahingehend Aufholbedarf. Denn Wissen ist der Mediator für günstige Entscheidungen. Es ist mit höherem Obst- und Gemüseverzehr sowie einer generell gesünderen Ernährungsweise verbunden. Ernährungsunterricht sollte daher möglichst früh in den Regelstrukturen des Bildungssystems etabliert sein und auf allen Ebenen bis hin zur Erwachsenenbildung fortgeführt werden. Zur Ausbildung einer umfassenden Ernährungskompetenz sind aber freilich noch umfassendere Angebote vor allem mit Praxisbezug zu schaffen“, betont Marlies Gruber, Geschäftsführerin des f.eh.
„Das eher geringe Ernährungswissen der Lehrkräfte ist besorgniserregend, da sie die wichtigsten Multiplikatoren in der frühen Ernährungsbildung sind. Die vielfach vorgeschlagene Integration der Ernährungsbildung in den Schulunterricht kann daher nur erfolgreich sein, wenn der Ausbildungsstand der Lehrkräfte deutlich gehoben wird“, ergänzt Jürgen König vom Institut für Ernährungswissenschaften der Universität Wien.
Studie zeigt: Kernbotschaften oft unbekannt
Die Ergebnisse bringen zudem einige bemerkenswerte Einzelergebnisse:
Lediglich jede fünfte Person (21,1 %) weiß, dass Experten 5 Portionen Obst und Gemüse pro Tag – also „5 a day“ – empfehlen. 60 % glauben, 2 oder 3 Portionen reichen. (Grafik 1)

Überraschend ist, dass nur 3 von 10 Befragten (29,0 %) Fett als den kalorienreichsten Hauptnährstoff erkennen. Der Großteil der Befragten (41,4 %) meint, dass Zucker die meisten Kalorien hat. (Grafik 2)

Auch bei Salz und Ballaststoffen herrscht Unwissenheit: Nur der Hälfte der Befragten ist bewusst, dass Salzkonsum und Blutdruck im Zusammenhang stehen können. Auch kennen nur 51,7 % das Potenzial von Ballaststoffen zur Gewichtskontrolle. Immerhin 60 % wissen, dass mehr Ballaststoffe empfohlen als aktuell gegessen werden. (Grafik 3)

Eine Möglichkeit ist ein höherer Verzehr von Vollkornprodukten, die reich an Ballaststoffen sind und zusätzlich einen höheren Gehalt an Mineralstoffen und Vitaminen liefern als Weißmehlprodukte. 6 von 10 Befragten (59,8 %) geben richtig an, dass Experten zu mehr Vollkorn raten, als aktuell gegessen wird. (Grafik 4)

Bei der Einschätzung des Körpergewichts liegen zwar Wissenslücken beim Body Mass Index (BMI) vor, bezüglich der Körperform ist sich die Mehrheit jedoch sehr sicher: So stufen nur 4 von 10 Teilnehmenden (43,9 %) einen BMI von 23 richtigerweise als Normalgewicht (BMI 18-25) ein und nur ein Fünftel (22 %) einen BMI von 31 mit Adipositas (BMI > 30). Demgegenüber wissen 80 %, dass das Bauchfett (die „Apfelform“) mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist – und nicht das hüftbetonte Körperfett (die „Birnenform“).
Details zur Studie
Für die Studie wurden Jugendliche und Erwachsene im Alter von 14–75 Jahren (n = 1000), Ärzte (n = 307), Pharmazeuten (n = 295), Ernährungswissenschaftler (n = 124), Diätologen (n = 160) und Schullehrer (n = 873) mittels computergestützten, webbasierten Interviews (CAWI) befragt. Jugendliche und Erwachsene wurden dabei von marketagent rekrutiert, um hinsichtlich Alter, Geschlecht und Bildung repräsentativ für die österreichische Bevölkerung zu sein. Für Angehörige der genannten Gesundheitsberufe und Schullehrer wurde eine Zufalls-Stichprobe verwendet. Dem Fragebogen liegt dabei die deutsche Version des General Nutrition Knowledge Questionnaire-Revised (GNKQ-R) zugrunde.
Literaturverzeichnis
Originalstudie: Gruber M, Iwuchukwu CG, Sperr E, König J: What Do People Know about Food, Nutrition and Health? – General Nutrition Knowledge in the Austrian Population. Nutrients 2022, 14(22), 4729; doi.org/10.3390/nu14224729