9. f.eh Symposium

Einfach zu komplex? Vom Charme simpler Lösungen und unbewussten Folgen des Essens.

Ob Adipositas und Diabetes, die Frage einer nachhaltigen Ernährung, das Zusammenspiel von umweltverträglichen Produktionspraktiken und sozialen Standards oder die Risikowahrnehmung einzelner Lebensmittel und Ingredienzien: Stets sind wir im Abwägen von individuellen und gesellschaftlichen Folgen mit unglaublicher Komplexität konfrontiert. Von der landwirtschaftlichen Erzeugung über die Verarbeitung und Verpackung, den Transport bis zum Konsum und zur Entsorgung gibt es mannigfaltige Zusammenhänge, die sowohl die Gesundheit, Gesellschaft, Wirtschaft, Umwelt und Kultur betreffen. Sich umfassend damit auseinanderzusetzen ist unbequem, daher lassen wir uns von einfachen Antworten verführen. Simplifizierung birgt jedoch Risiken, wenn es darum geht, die Zusammenhänge zu verstehen und adäquate Lösungen für die Zukunft zu finden. Bei diesem Symposium wurde das Phänomen der Komplexität aus unterschiedlichen Blickwinkeln diskutiert. Im Fokus stand, wie wir als Gesellschaft mit komplexen Themen umgehen, welche Funktion Moralvorstellungen und Wertesysteme übernehmen und wie Dilemma-Diskussionen unsere Urteilsfähigkeit stärken können. Außerdem wurde beleuchtet, wie Framing unsere Entscheidungen und Emotionen beeinflusst, warum es schwierig ist, Risiken zu kommunizieren, und welche Chancen und Gefahren beim „Herunterbrechen“ von Informationen im Journalismus entstehen.

Programm

1. Oktober 2020 16.00 bis 18.45 Uhr


16.00-16.10 Welcome, Ausblick, Q&As

Andreas Kadi, sraConsulting

Marlies Gruber, f.eh

Peter Reinecke, f.eh


PANEL 1 Ich esse also bin ich: Wie beeinflusst Erkenntnis unser Essen?


16.10-16.35 Global betrachtet: Essen als soziales Totalphänomen

Robert Pfaller, Kunstuniversität Linz

"Man isst, um zu leben. Aber man lebt nicht, um zu essen", bemerkt der Philosoph Georges Bataille. Und man braucht Gesundheit zum Leben, lebt aber nicht für die Gesundheit. Immer jedoch, wenn Menschen mehr tun, als nur der bloßen Erhaltung ihres Lebens zu dienen, und gesellig feiern, greifen sie zu etwas Verschwenderischem, Ungesundem, oder sogar Unappetitlichem. Nur als solchen souveränen Führungskräften lohnenden Lebens schmeckt es ihnen wirklich; und nur dann ist es seltsamerweise auch gesund."


16.40-17.05 Moralisierung als Sicherheitsgefühl: Essen als Weltanschauung?

Alois Schwarz, Diözese St. Pölten

"Das Verständnis von Religion ist ein sehr vielschichtiges. Manche der Zeitgenossen wählen bestimmte Spielregeln der Ernährung und der Essgewohnheiten als neue, selbst konstruierte, religiöse Kultur. Im Christentum stellt Essen keine Ersatzreligion dar, denn das Mahl ist Höhepunkt und Quelle des religiösen und gemeinschaftlichen Lebens."


17.10-17.30 Sich trotz Komplexität ein Urteil bilden: Dilemma-Diskussion in der Ernährungsbildung

Claudia Angele, Universiät Wien

"Themen und Handlungsfelder im Kontext von Ernährung und Gesundheit sind von Komplexität und teilweise auch von Kontroversität geprägt. Urteilskompetenz für eine reflektierte und verantwortungsvolle Alltagsbewältigung und Lebensführung in diesen Feldern zu entwickeln, ist demnach eine Aufgabe lebenslangen Lernens. Sie kann in der schulischen Ernährungsbildung durch die Methode der Dilemma-Diskussion grundgelegt werden."


17.35-18.35 Podiumsdiskussion: Wie die Lemminge: Entkommen wir trügerischen Trends und falschen Wegweisern?

Intro: Was Trendforschung macht und ausmacht.

Hanni Rützler, futurefoodstudio


Robert Pfaller, Kunstuniversität Linz

Alois Schwarz, Diözese St. Pölten

Claudia Angele, Universiät Wien

Rolf Jucker, Stiftung SILVIVA


18.35-18.45 Reflexion und Dialog zum Tag

Andreas Kadi, sraConsulting

Marlies Gruber, f.eh

Peter Reinecke, f.eh



2. Oktober 2020 10.00 bis 12.45 Uhr



10.00-10.10 Welcome, Ausblick, Q&As

Andreas Kadi, sraConsulting

Marlies Gruber, f.eh

Peter Reinecke, f.eh


PANEL 2 Fakt vs. Fiktion: Führen uns gute Stories in Versuchung?


10.10-10.35 Framing: die Macht des ersten Eindrucks

Florian Arendt, Universität Wien

"Framing ist in aller Munde – ob in der politischen Kommunikation oder auch im Gesundheitsbereich. Es geht hierbei darum, wie gewisse Gesundheitsbotschaften „gerahmt“ werden. Dies kann unser Denken, Fühlen und Verhalten beeinflussen und Komplexität reduzieren. Der Vortrag bietet eine Einführung in das Framing-Konzept aus einer kommunikationswissenschaftlichen Perspektive."


10.40-11.05 Von Hausverstand, Bauchgefühl und Wissenschaft: Umgang mit Risiken

Guido Strunk, Complexity-Research e.U. Wien

"Menschen sind komplex, insbesondere wenn es ums Essen geht. Denn Körper (z. B. Gesundheit), psychisches Erleben (z. B. Genuss) und soziale Bedürfnisse (z. B. Geselligkeit) stellen unterschiedliche Anforderungen und bergen verschiedene Risiken. Eine menschliche Risikobewertung ist daher multidimensional. Die Komplexitätsforschung fordert daher die Abkehr von einer eindimensionalen Risikokommunikation."


11.10-11.30 Lost in translation: Komplexität im Journalismus

Beatrice Dernbach, TH Nürnberg

"Journalistische Medienangebote sollen Informationen zum Thema Ernährung bereitstellen, um aufzuklären, Orientierung und Rat zu geben. Sie versuchen diese Funktion zu erfüllen, bewegen sich aber in einem sehr komplexen Feld, das durch Desinformation, Desorientierung, intransparente Industriestandards und Kundenmisstrauen, sinkende Grundkenntnisse und Ernährungskompetenzen, Individualisierung und moderne Küchentrends geprägt ist."


11.35-12.30 Podiumsdiskussion: Verzerrte Realität und unbequeme Wahrheit: Wie entscheiden wir uns klug?

Florian Arendt, Universität Wien

Guido Strunk, Complexity-Research e.U.

Beatrice Dernbach, TH Nürnberg

Nanette Ströbele-Benschop, Universität Hohenheim


12.35-12.45 Reflexion und Dialog zum Tag

Andreas Kadi, sraConsulting

Marlies Gruber, f.eh

Peter Reinecke, f.eh



Für den Inhalt verantwortlich: Dr. Marlies Gruber