Ballaststoffe – darum sind sie wichtig
Ballaststoffe (Faserstoffe) sind Hauptbestandteil von Zellwänden oder Randschichten von Pflanzen. Der Gehalt an Ballaststoffen in unserer Nahrung ist sehr unterschiedlich. Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte sind die wichtigsten Ballaststofflieferanten. Insbesondere Vollkornprodukte sind gegenüber Weißmehlprodukten ernährungsphysiologisch wertvoller, da sie nicht nur mehr Ballaststoffe enthalten, sondern auch höhere Anteile an Eiweißen und Mineralstoffen aufweisen. In tierischen Lebensmitteln sind keine Ballaststoffe enthalten. Unter anderem deswegen sind Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Getreide in einer ausgewogenen Ernährung ein essenzieller Bestandteil [Elmadfa et al., 2019].
Der Richtwert für die Ballaststoffaufnahme liegt laut den aktuellen Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr für Erwachsene bei 30 g pro Tag [DGE, 2021]. Der Durchschnitt der Menschen in Österreich verzehrt mit rund 20 g pro Tag zu wenig: Frauen ebenso wie Männer [Rust et al., 2017].
Wissenswert
Wird die Ernährung zu schnell auf eine größere Ballaststoffmenge umstellt und gleichzeitig zu wenig getrunken, kann das mitunter zu Magenkrämpfen, Blähungen und Verstopfung führen. Damit ballaststoffreiche Nahrungsmittel im Darm gut aufquellen können, benötigen sie ausreichend Flüssigkeit (ca. 1,5 bis 2 L täglich) [Elmadfa et al., 2019].
Verschiedene Ballaststoffarten
Für den Menschen sind Ballaststoffe weitgehend unverdaulich. Eingeteilt werden sie in lösliche und unlösliche Faserstoffe. „Löslich“ bedeutet dabei nicht, dass sich der Ballaststoff bis zum Verschwinden auflöst, wie es beispielweise bei Zucker in Wasser geschieht. Die Unterscheidung in „(wasser-)löslich“ und „(wasser-)unlöslich“ bezieht sich vielmehr auf die Eigenschaft, Wasser zu binden [Elmadfa et al., 2019; DGE, 2021].
„Lösliche“ Ballaststoffe wie Pektine in Blattgemüse, Inulin in Artischocke und Spargel oder β-Glukan in Hafer verfügen über Quervernetzungen ihrer Moleküle. Hier entstehen im molekularen Aufbau kleine Hohlräume, in denen sich Wasser einlagern kann. Dadurch können sie ein Vielfaches an Eigengewicht zunehmen, im Falle von Pektin sogar das 60-Fache. Lösliche Ballaststoffe werden nahezu vollständig von den Darmbakterien zersetzt, wodurch das Wasser wieder frei wird. Somit beeinflussen sie die Verdauung kaum [Biesalski et al., 2020].
„Unlösliche“ Ballaststoffe stecken vorwiegend in Getreide und Hülsenfrüchten. Sie haben ein hohes Wasserbindungsvermögen und quellen daher auf. Im Dickdarm werden sie nur geringfügig durch die Darmbakterien zersetzt und folglich zum größten Teil über den Stuhl wieder ausgeschieden. Dadurch wird die Beweglichkeit des Darmtraktes (Peristaltik) angeregt und die Verdauung kommt sprichwörtlich in „Schwung“ [Biesalski et al., 2020
Ballaststoffe fördern die Verdauung
Löslich und unlösliche Ballaststoffe spielen eine entscheidende Rolle für die Darmgesundheit und haben vielfältige positive Effekte auf die Verdauung. Sie beeinflussen etwa die Transitzeit der Nahrung, indem sie das Volumen des Speisebreis erhöhen und dessen Durchgang durch den Darm regulieren. Dies führt zu einer verbesserten Stuhlkonsistenz und -masse sowie einer regelmäßigen Darmentleerung. Im Dickdarm werden Ballaststoffe von der Darmflora zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut, die nicht nur als Energiequelle (2 kcal/g) dienen, sondern auch präbiotische Wirkungen haben und die Darmgesundheit fördern [DGE, 2021].
Ballaststoffe wirken positiv bei Diabetes
Der Verzehr von Ballaststoffen wirkt sich günstig auf den Blutzucker- und Insulinspiegel aus, denn sie bewirken, dass Kohlenhydrate aus dem Darm langsamer ins Blut übergehen. Dadurch wird die glykämische Antwort (d. h. wie stark ein kohlenhydrathaltiges Lebensmittel den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt) verbessert. Das vermeidet Blutzuckerspitzen nach dem Essen – wichtig bei Diabetes [Reynolds et al, 2020; Musa-Veloso et al, 2018]. Zum Thema „Effekte unlöslicher Ballaststoffe im Kontext von Diabetesprävention“ führten Forscher des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke die erste kontrollierte Studie (OptiFiT-Studie, Optimal Fibre Trial for Diabetes Prevention) durch. Insgesamt nahmen 180 Personen mit gestörter Glukosetoleranz an der Studie teil: Während die Interventionsgruppe zweimal täglich für zwei Jahre ein Ballaststoffpräparat erhielt, nahm die Kontrollgruppe zweimal täglich das Trinksupplement ohne unlösliche Ballaststoffe ein. Die Forschenden wiesen bei Menschen mit einem Prädiabetes nach, dass sich der Langzeitblutzucker (HbA1c) nach der Einnahme des Ballaststoffpräparats gegenüber dem Placebo verbesserte. Einen solchen Trend gab es auch bei dem Blutzuckerwert nach zwei Stunden sowie der Insulinresistenz nach einem Jahr. Die Forschenden schlussfolgerten: Je mehr der Zuckerstoffwechsel gestört war, desto wirksamer zeigen sich unlösliche Ballaststoffe [Kabisch et al, 2021].
Ballaststoffe beugen Adipositas vor
Wer täglich hohe Anteile unlöslicher Ballaststoffe zu sich nimmt, kann auch sein Körpergewicht besser regulieren. Da sie länger gekaut werden müssen und mehr Speichel produziert wird, quellen sie im Magen gut auf. Das hält länger satt. Außerdem verlangsamen Ballaststoffe die Blutzuckerantwort und vermindern so die Insulinsekretion, wodurch die Fettaufnahme aus der Nahrung abnimmt. Sie bewähren sich somit auch in der Adipositasprävention [DGE, 2011; DGE, 2021].
Haferflocken beeinflussen Cholesterinwerte
Für lösliche Ballaststoffe ist der positive Einfluss auf den Cholesterinspiegel belegt. Denn sie binden vermehrt Gallensäure, was wiederum deren Neuproduktion aus dem gespeicherten Cholesterin fördert. Der Cholesterinspiegel sinkt dadurch. So wurde gezeigt, dass der tägliche Verzehr von Haferkleien oder Hafer effektiv in der Regulation von Gesamtcholesterin und LDL-Cholesterin wirkt [Hui et al., 2019].
Vorteile von Ballaststoffen:
- Sie fördern eine gesunde Verdauung, indem sie das Stuhlvolumen erhöhen und die Darmtätigkeit anregen.
- Sie tragen zur Stabilisierung des Blutzuckerspiegels bei, da sie die Aufnahme von Glukose verlangsamen.
- Sie unterstützen die Darmgesundheit, indem sie als Nährboden für nützliche Darmbakterien dienen.
- Sie helfen bei der Gewichtskontrolle, da sie ein langanhaltendes Sättigungsgefühl erzeugen, ohne zusätzliche Kalorien zu liefern.
[DGE, 2021]
Mehr Ballaststoffe in den Alltag einbauen
Um die Ballaststoffaufnahme zu steigern, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) bei Brot, Reis, Nudeln und Getreideflocken die Vollkornvarianten zu bevorzugen. Ein Beispiel: Gekochte Vollkornnudeln liefern pro 100 g rund 5 g Ballaststoffe, gekochte Nudeln aus Hartweizengrieß dagegen nur rund 2 g pro 100 g [DGE, 2021]. Bei Mehl gilt: Je höher die Typenzahl (also je gröber das Mehl gemahlen wird), desto mehr Ballaststoffe, Vitamine und Mineralien sind vorhanden. Auch Roggenbrot enthält mehr Ballaststoffe als herkömmliches Weißbrot. Wer ohnehin neben der täglichen Menge Vollkornprodukte, fünf Portionen (eine Portion entspricht einer Handvoll) ballaststoffreiches Gemüse und Obst zu sich nimmt, ist gut im Rennen. Zudem wird empfohlen, etwa drei Portionen Hülsenfrüchte pro Woche in den Speiseplan einzubauen. Tierische Lebensmittel, vor allem Fleisch und Wurst, sollten dafür reduziert werden [DGE, 2024a].
Tab. 1: Vergleich von Lebensmitteln basierend auf dem Ballaststoffgehalt
Niedrigerer Ballaststoffgehalt | Höherer Ballaststoffgehalt |
---|---|
Weizenmehl Type 405 | Weizenmehl Type 1050 oder höher, Weizen-Vollkornmehl, Roggenmehl |
Toastbrot, Weißbrot, Croissant | Vollkornbrot, Leinsamenbrot, Grahamweckerl, Roggenmischbrot, Pumpernickel |
Kuchen, Torte, Schokoladenkekse | Müslikekse, Kuchen mit Vollkornmehl, Früchtebrot |
Eierteigwaren, geschälter Reis oder Kartoffeln | Vollkornteigwaren (z. B. Nudeln), Hirse, Naturreis, Kartoffeln mit Schale, Süßkartoffeln |
Tomaten, Salat, Gurke, Zucchini | Kohlgemüse, Wurzelgemüse (z. B. Karotten), Pilze, Erbsen, Bohnen |
Cornflakes, Schokomüsli | Bircher-Müsli, Müsli mit Vollkornflocken, Hafer- oder Weizenkleie |
Fruchtsäfte, Weintrauben, Bananen | Himbeeren, Brombeeren, Äpfel, Birnen, Zwetschken |
Eis, Puddingcremes, Chips, Cremedesserts | Obstsalat, Müsli, getrocknete Früchte, Nüsse |
Quelle: DGE, 2024b
Tab. 2: Beispiel: So kann die empfohlene Tagesmenge von 30 g Ballaststoffe erreicht werden
Lebensmittel | Menge |
---|---|
1 Portion Haferflocken (30 g) | 3,0 g |
2 Scheiben Weizenvollkornbrot (100 g) | 8,4 g |
1 Apfel (150 g) | 3,0 g |
1 Portion Erdbeeren (100 g) | 1,6 g |
1 Portion Karottenrohkost (200 g) | 7,2 g |
1 Portion Brokkoli (200 g) | 6,0 g |
1 Handvoll Mandeln (25 g) | 3,4 g |
Summe | 32,6 g |
Quelle: Elmadfa et al., 2017
Fazit
Ballaststoffe sind in vielerlei Hinsicht gut für die Gesundheit: Wer mehr Ballaststoffe isst, zeigt bessere Werte beim Blutzucker, im Lipidprofil und beim Blutdruck. Laut Forscher reduzieren sie das Risiko für unterschiedliche Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs. Rund 30 g am Tag sollte jeder essen, doch die meisten kommen nur auf 20 g. Durch einen Austausch von ballaststoffarmen Lebensmitteln gegen jene Produkte mit einem hohen Faseranteil lässt sich die Zufuhr leicht steigern.
Literaturverzeichnis
Biesalski HK, Grimm P, Nowitzki-Grimm S: Taschenatlas der Ernährung. 8. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart (2020).
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Ausgewählte Fragen und Antworten zu Ballaststoffen (November 2021). www.dge.de/fileadmin/dok/gesunde-ernaehrung/faq/DGE-FAQ-Ballaststoffe-2021.pdf (Zugriff: 07.11.2024).
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Ballaststoffgehalt. www.dge-sh.de/ballaststoffgehalt.html (Zugriff: 07.11.2024b).
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Gut essen und trinken. www.dge.de/gesunde-ernaehrung/gut-essen-und-trinken/ (Zugriff: 07.11.2024a).
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.). Evidenzbasierte Leitlinie Kohlenhydratzufuhr und Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Krankheiten. Bonn, (2011).
Elmadfa I, Aign W, Muskat E, , Fritzsche D: Die große GU Nährwert-Kalorien-Tabelle 2018/19. 1. Auflage, Gräfe und Unzer Verlag, München (2017).
Elmadfa I, Leitzmann C: Ernährung des Menschen. 6. Auflage, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart (2019).
Hui S et al.: Comparative effects of different whole grains and brans on blood lipid: a network meta-analysis. European Journal of Nutrition 58(7): 2779–2787 (2019).
Kabisch S et al.: Effects of insoluble cereal fibre on body fat distribution in the Optimal Fibre Trial (OptiFiT). Molecular Nutrition & Food Research: 2000991 (2021).
Musa-Veloso K et al.: The effects of whole-grain compared with refined wheat, rice, and rye on the postprandial blood glucose response: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. American Journal of Clinical Nutrition 108(4): 759–774 (2018).
Reynolds AN, Akerman AP, Mann J: Dietary fibre and whole grains in diabetes management: Systematic review and meta-analyses. PLoS Medicine 17(3): e1003053 (2020).
Rust P, Hasenegger V, König J: Österreichischer Ernährungsbericht 2017. Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, Wien (2017).
Whitehead et al.: Cholesterol-lowering effects of oat β-glucan: a meta-analysis of randomized controlled trials. Am J Clin Nutr 100(6): 1413-21 (2014).