© Zay Nyi Nyi

Nahrungsmittelunverträglichkeit oder Lebensmittelallergie? – Häufigkeit und Unterschiede verstehen

Viele Menschen reagieren auf den Verzehr bestimmter Nahrungsmittel mit Bauchschmerzen, Hautirritationen, Übelkeit oder Kopfschmerzen. Schnell wird eine Lebensmittelallergie vermutet. Die Beschwerden gehen jedoch häufiger auf Nahrungsmittelintoleranzen zurück. Die sind allerdings schwerer zu diagnostizieren.

Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelintoleranzen werden gerne synonym verwendet, sind jedoch zwei Unterformen von Nahrungsmittelunverträglichkeiten [Körner et al., 2020]. Dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zufolge leiden 3–6 % der Bevölkerung an einer Nahrungsmittelallergie, der eine Beteiligung des Immunsystems zugrunde liegt [Aue et al., 2024]. Hierbei werden Antikörper gegen vermeintlich bedrohliche Stoffe – die sogenannten Allergene gebildet. Im Kindesalter richten sich diese Allergene in 90 % der Fälle gegen Grundnahrungsmittel (z. B. Milch, Hühnerei, Soja), dafür verschwinden sie meist bis zum Einschulungsalter. Dagegen beruhen bis zu 60 % der Allergien im Erwachsenenalter auf Kreuzreaktionen mit Inhalationsallergenen, wie Birken- oder Beifußpollen. Nahrungsmittelunverträglichkeiten, wie die Laktoseintoleranz, kommen mit rund 20 % deutlich häufiger vor als Nahrungsmittelallergien. Bei ihnen rebelliert der Körper ebenfalls gegen eine bestimmte Substanz, jedoch ohne Beteiligung des Immunsystems [Körner et al., 2020].

Typische Intoleranzen: Laktose, Histamin & Co.

Nahrungsmittelintoleranzen äußern sich sehr vielfältig: Bei einer Laktoseintoleranz, von der im europäischen Raum rund 30 % der Menschen betroffen sind, kommt es nach dem Konsum von Milchprodukten häufig zu Blähungen und Durchfall. Ursache ist das Fehlen des Laktose-spaltenden Enzyms Laktase [Körner et al., 2020]. Ein Enzymdefekt ist auch der Grund dafür, dass einige Menschen den Nahrungsbestandteil Histamin nicht vertragen. Histamin, das unter anderem in Käse, Rotwein, Fisch und Sauerkraut enthalten ist, wird normalerweise durch das Enzym Diaminooxidase rasch abgebaut. Fehlt das Enzym, führt das mit der Nahrung aufgenommene Histamin im Körper zu ähnlichen Symptomen wie eine Nahrungsmittelallergie: Betroffene leiden an Hautrötungen, Hitzewallungen, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Beschwerden [Körner et al., 2020].

Grundsätzlich sind zunächst eine sorgfältige Anamnese und Ausschlussdiagnostik erforderlich. Zum Nachweis von Allergien stehen anschließend unter anderem einfache Hauttests zur Verfügung. Zur Diagnostik von Nahrungsmittelintoleranzen gibt es dagegen nur wenige objektive Testverfahren. Besonders mit Atemluft-Untersuchungen kann man den Kreis der verdächtigen Nahrungsmittel jedoch eingrenzen [Körner et al., 2020].


Mit Ernährungstagebuch und Ausschlussdiät Auslöser finden

Die entscheidende Rolle bei der Suche nach dem Auslöser einer Nahrungsmittelunverträglichkeit spielt bis heute das klassische Ernährungstagebuch – ob nun per App oder Notizblock. Mithilfe dieser Einträge versucht man, dem krankmachenden Nahrungsbestandteil auf die Spur zu kommen. Steht ein bestimmtes Nahrungsmittel unter Verdacht, kann die betroffene Person für eine Weile darauf verzichten oder es bewusst zu sich nehmen. Mit etwas Geduld gelingt es dadurch meist, den Auslöser zu identifizieren. Die anschließende Therapie liegt auf der Hand: Der „Übeltäter“ wird vorerst vom Speiseplan gestrichen. Bei einer Unverträglichkeit können nach einer gewissen Zeit kleine Mengen des Stoffes mitunter wieder vertragen werden, bei tatsächlichen Allergien bleibt der Verzicht jedoch meist das Mittel der Wahl [Körner et al., 2020].

Neue Forschungsergebnisse geben allerdings Hoffnung, dass zukünftig auch eine Therapie gegen Nahrungsmittelallergien möglich sein könnte. So haben Kulis et al. ein Pflaster entwickelt, welches kleine Mengen eines Allergens auf die Haut überträgt und so langfristig zu einer Verbesserung der Überreaktion des Körpers auf diesen Stoff führen kann [Kulis et al., 2021]. Diese sogenannte Epikutane Immuntherapie (EPIT) wird zunehmend in der Praxis eingesetzt – etwa bei Erdnussallergie – bedarf jedoch weiterer Forschung zur Optimierung des Therapieprozesses [Csonka et al., 2025].


Fazit

Menschen, die an einer Nahrungsmittelunverträglichkeit leiden, profitieren vor allem von einer eingehenden Ernährungsberatung: Denn sie müssen lernen, ihre Ernährung ihren Bedürfnissen entsprechend zu gestalten. Voraussetzung hierfür ist, neben der hohen Eigenmotivation, eine gute Schulung.

Literaturverzeichnis

Aue A et al.: Wissenschaftsbericht. Allergien: Hintergründe und Fakten. (2024). https://www.bfr.bund.de/cm/343/allergien-hintergruende-und-fakten.pdf (Zugriff: 17.03.2025).

Csonka P, Lee B, Kuitunen I: Epicutaneous immunotherapy for food allergy: A systematic review and meta-analysis. Clin Transl Allergy 15(3):e70045 (2025).

Körner U, Schareina A: Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten. 2. Auflage, Thieme, Stuttgart (2020).

Kulis M et al.: Peanut protein-loaded microneedle patches are immunogenic and distinct from subcutaneous delivery. J Allergy Clin Immunol 147 (2): AB237 (2021).

Storhaug CL, Fosse SK, Fadnes LT: Country, regional, and global estimates for lactose malabsorption in adults: a systematic review and meta-analysis. Lancet Gastroenterol Hepatol 2: 738–746 (2017).