Wenn Kürbis und Zucchini bitter schmecken
Ein bitterer Geschmack von Kürbissen und Zucchini ist grundsätzlich natürlich. Denn die meisten Exemplare der Kürbisgewächse (Cucurbitaceae) produzieren giftige Bitterstoffe, sogenannte Cucurbitacine, u. a. zur Vertreibung von Fressfeinden. Um etwa Kürbisse für den menschlichen Verzehr genießbar zu machen, erfolgte eine langjährige gezielte Züchtung. Dabei wurde das Gen der Cucurbitacine ausgeschaltet. Speisekürbisse und Zucchinis schmecken heutzutage deshalb nur noch leicht oder gar nicht mehr bitter. Wird das Gen jedoch ungewollt wieder angeschaltet, können die Bitterstoffe bei entsprechend großem Verzehr Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auslösen [EULE, 2024].
Bei Eigenanbau vermehrt Bitterstoffe in Kürbisgewächsen
Doch wie wird das Cucurbitacin-Gen in essbaren Kürbisgewächsen wieder angeschaltet? Das kann einerseits durch extreme Wetterverhältnisse wie langanhaltende Trockenzeiten im Sommer passieren, die das Gen im Erbmaterial der Pflanze aktivieren. Andererseits kann es an Rückmutationen im Bitterstoff-Gen liegen. Die einst gezielt abgeschalteten Genabschnitte können dabei spontan oder durch Kreuzung mit Wildsorten wieder in der nächsten Generation auftreten. Da Kürbisgewächse Fremdbestäubung bevorzugen, kommt es besonders schnell zur Kreuzung verschiedener Sorten, sofern das nicht durch geeignete Züchtungsmethoden verhindert wird. Vor allem der Anbau im eigenen Garten gilt als häufige Ursache für die erneute Cucurbitacin-Bildung [CVUA Stuttgart, 2012].
Wissenswert
Wilde Formen wie die zur Dekoration genutzten Zierkürbisse enthalten häufig giftige Cucurbitacine und sind deshalb nicht zum Verzehr geeignet [CVUA Stuttgart, 2012].
Wenn Hobbygärtner Speisekürbisse oder Zucchini unmittelbar neben Zierkürbissen pflanzen, können sich Pollen übertragen und eine Rückkreuzung verursachen. Sät man die Samen im nächsten Frühjahr aus, schmecken die Speisefrüchte eventuell bitterer als gewöhnlich. Um dies zu vermeiden, hilft es, auf gekaufte Samen zurückzugreifen. Sie sind in der Regel unbedenklich. Auch im Laden erhältliche Kürbisfrüchte sind zumeist unbedenklich. Nur in seltenen Einzelfällen können auch sie erhöhte Cucurbitacin-Gehalte aufweisen [GIZ Bonn, 2020].
Auf den Sinneseindruck achten!
Cucurbitacine schmecken extrem bitter. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt daher, einen ungewöhnlich starken Bittergeschmack als Warnzeichen zu deuten und derartiges Gemüse nicht zu verzehren [BfR, 2015].
Geschmackstest:
Ob Zucchini und Kürbisse bedenkenlos essbar sind, zeigt eine kleine Kostprobe des rohen Fruchtfleisches vor der Speisenzubereitung. Schmeckt sie neutral, steht dem Genuss nichts mehr im Weg. Schmeckt sie hingegen stark bitter, sollte sie ausgespuckt werden.
Übrigens: Cucurbitacine werden beim Kochen, Braten, Backen nicht zerstört. Deshalb können auch gekochte Gerichte noch bitter schmecken und auf erhöhte Cucurbitacin-Gehalte hinweisen [BZfE, 2023].
Probleme können mitunter auftreten, wenn man die Bitterkeit nicht schmeckt. Das kann durch Krankheiten verschiedenster Art der Fall sein, bei älteren Personen mit bereits vermindertem Geschmacksempfinden oder wenn die Schleimhäute bei Schnupfen oder Allergie geschwollen sind [BZfE, 2023].
Wissenswert
Da Gurken und Melonen zur selben Pflanzenfamilie wie Zucchini und Kürbisse zählen, sollte man auch hier achtsam sein [EULE, 2024].
Die Menge macht das Gift
Hat man trotz des intensiven Bittergeschmacks einmal Kürbisse oder Zucchini verzehrt, können mitunter Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall auftreten. Bei leichten Symptomen ist keine Behandlung nötig, bei ausgeprägten Symptomen wie anhaltendem Erbrechen, starken oder auch blutigen Durchfällen oder Kreislaufproblemen empfiehlt die Giftzentrale Bonn ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen [GIZ Bonn, 2020].
Ob es zu derartigen Vergiftungserscheinungen kommt, hängt allerdings von der aufgenommenen Dosis ab. Diese kann von Frucht zu Frucht stark schwanken und wird maßgeblich durch die gegessene Menge eines bitter schmeckenden Gerichts bestimmt.
Cucurbitacine in der Forschung
Doch Cucurbitacine haben nicht nur gesundheitsschädigende Eigenschaften. Studien zeigen, dass sie eine Vielzahl an pharmakologischen Wirkungen aufweisen. Unter anderem werden tumorabtötende, antiinflammatorische, antibakterielle, antidiabetische und antidepressive Effekte untersucht. In der Forschung versucht man daher, das Bitterstoff-Gerüst so umzubauen, dass es für medizinische Zwecke besser nutzbar wird [Kim et al., 2018; Liu et al., 2021; Zeng et al., 2021].
Fazit
Die meisten Kürbisse und Zucchini sind genießbar und frei von giftigen Bitterstoffen, den sogenannten Cucurbitacinen. Diese sind häufiger in selbstgezogenem Gemüse enthalten und können zu Magen-Darm-Beschwerden führen. Ein einfacher Geschmackstest vor der Zubereitung kann vor Vergiftungserscheinungen schützen. Diese sind auch davon abhängig, welche Menge an Cucurbitacinen man aufgenommen hat.
Literaturverzeichnis
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Vorsicht beim Verzehr von bitteren Zucchini. Pressemeldung 027/2015 (2015).
Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): Kürbisse: Verbraucherschutz (Stand: August 2023). https://www.bzfe.de/lebensmittel/vom-acker-bis-zum-teller/kuerbisse/kuerbisse-verbraucherschutz/ (Zugriff: 19.11.2024).
Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA): Cucurbitacine in selbst angebauten Zucchini (Stand: August 2015). https://www.ua-bw.de/pub/beitrag.asp?subid=1&ID=2135 (Zugriff: 19.11.2024).
Europäisches Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (EULE): Tödliches Gift aus dem Gemüsegarten. https://euleev.de/lebensmittel-und-ernaehrung/alle-textbeitraege/49-steckbrief/892-toedliches-gift-aus-dem-gemuesegarten (Zugriff: 19.11.2024).
Giftzentrale (GIZ) Bonn: Bittere Zucchini (Stand: 24.09.2020). https://gizbonn.de/giftzentrale-bonn/pflanzen/zucchini-bittere (Zugriff: 19.11.2024).
Kim KH et al.: Cucurbitacin B Induces Hypoglycemic Effect in Diabetic Mice by Regulation of AMP-Activated Protein Kinase Alpha and Glugacon-Like Peptide-1 via Bitter Taste Receptor Signaling. Front Pharmacol 9:1071 (2018).
Liu M et al.: Use of Cucurbitacins for Lung Cancer research and Therapy. Cancer Chemother Pharmacol 88(19:1-14 (2021).
Zeng Y et al.: Cucurbitacin IIa: A Review of phytochemistry and pharmacology. Phytother Res 35 (8): 4155-4170 (2021).