01.03.2024 von Redaktion (aktualisiert)

Gibt es gesunde Lebensmittel?

Obst und Fisch sind gesund, Schokolade und Schweinsbraten ungesund? Einteilungen in die eine oder andere Kategorie sind weitverbreitet. Manche Nahrungsmittel erleben einen Hype und werden gar zum Superfood auserkoren. Doch gibt es sie überhaupt – die gesunden Lebensmittel? Wir geben Aufschluss dazu.

Die einen jagen „gesunden“ Lebensmitteln förmlich nach und verbannen sämtliche Produkte, die diesem Image nicht entsprechen kategorisch aus ihren Küchen. Andere verbinden mit „gesunden“ Nahrungsmitteln hingegen einen schlechten Geschmack, Verzicht und Kontrolle. Man spricht vom Genuss-Gesundheits-Paradoxon, das bereits 2010 beschrieben wurde. Vor allem zur Belohnung kommen daher häufig „ungesunde“ Lebensmittel zum Zug und doch haben viele nach dem Konsum ein schlechtes Gewissen, weil sie dem Ideal nicht entsprechen. Wie steht es aber nun um die Einteilung in gut und schlecht?

Wissenswert

Besonders verarbeitete Lebensmittel stehen zunehmend in der Kritik, denn sie werden häufig mit einem hohen Gehalt an Kalorien, Fett, Salz und Zucker, sowie wenigen Vitaminen und Ballaststoffen assoziiert. Wir haben uns angesehen, was dieser Begriff umfasst und ab wann ein Produkt als hochverarbeitet gilt.

Fachgesellschaften sind sich einig

Dieses Thema beleuchtet der Oecotrophologe Uwe Knop unter anderem in seinem 2019 erschienenen Buch „Dein Körpernavigator zum besten Essen aller Zeiten“, das dem intuitiven Essen gewidmet ist. Dafür hat er sieben Fachorganisationen im deutschen Sprachraum zur „Einteilung in gesunde und ungesunde Lebensmittel“ befragt. Das Ergebnis: Lebensmittel sind nicht per se gesund oder ungesund. Es kommt immer auf die Zusammensetzung und Menge der gesamten Ernährung an. Hier die Zusammenstellung der Statements der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE), der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE), dem deutschen Bundeszentrum für Ernährung (BZfE), dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) sowie der beiden Berufsverbände in Deutschland und Österreich, dem Verband der Oecotrophologen (VDOE) und dem Verband der Ernährungswissenschaften Österreichs (VEÖ):

»Wir brauchen keine rigiden Regeln und keine Einteilung in gesunde oder ungesunde Lebensmittel. Entscheidend ist, wie viel ich wovon esse.«
Harald Seitz, Leitung Referat Öffentlichkeitsarbeit, Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) (März 2019)

»Die generelle Einteilung in gesund und ungesund finden wir schwierig. Denn ob ein Lebensmittel letztendlich gesund oder ungesund ist, wird durch die aufgenommene Menge bestimmt.«
Sonja Schäche, Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) (März 2019)

»Es gibt keine verbotenen Lebensmittel. Die Kombination der Lebensmittel im richtigen Verhältnis macht eine ausgewogene Ernährung aus.«
Thomas Krienbühl, Fachexperte Kommunikation, Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE (März 2019)

»Lebensmittel sind nicht als „gesund“ oder „ungesund“ zu werten. Entscheidend für eine ausgewogene Ernährung sind die Menge, die Kombination und die Zubereitung von Lebensmitteln.«
Mag. Alexandra Hofer, Geschäftsführung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) (März 2019)

»Eine Einteilung in gesunde und ungesunde Lebensmittel halten wir nicht für sinnvoll. Entscheidend ist, wie viel ich wovon esse.«
Antje Gahl, Leitung Referat Öffentlichkeitsarbeit, Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) (März 2019)

»Von „gesunden“ oder „ungesunden“ Lebensmitteln zu sprechen, greift bei der Komplexität der  Ernährung zu kurz. Populistische Empfehlungen einzelner so genannter „gesunder“ Lebensmittel oder gar Verbote vermeintlich „ungesunder“ Lebensmittel sind eher kontraproduktiv und können zu „Consumer Confusion“ führen
Dr. Andrea Lambeck, Geschäftsführerin, BerufsVerband Oecotrophologie e. V. (VDOE) (Mai 2019)

»Die Beziehung zwischen Mensch und Lebensmittel ist zu komplex, um daraus eine hilfreiche Einteilung in gute und schlechte Lebensmittel ableiten zu können
Mag. Andreas Schmölzer, 1. Vorstandsvorsitzender, Verband der Ernährungswissenschaften Österreichs (VEÖ) (Mai 2019)

Buchtipp


 ©BoD Books on Demand

Knop U.: Dein Körpernavigator zum besten Essen aller Zeiten
Polarise Verlag, Heidelberg (2019).
240 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3-947619-23-8
Zur Rezension.

Orientierung an Ernährungspyramide

Doch wie soll eine gesunde Ernährung nun aufgebaut sein? Aufschluss dazu gibt die Österreichische Ernährungspyramide. Sie beschreibt eine abwechslungsreiche, vollwertige und bunte Kost, in der jedes Lebensmittel seinen Platz hat. Je weiter unten ein Lebensmittel in der Ernährungspyramide zu finden ist, desto mehr sollte davon konsumiert werden bzw. desto häufiger sollte es im Speiseplan eingebaut werden. An der Basis finden sich dementsprechend 1,5 L alkoholfreie Getränke täglich, gefolgt von fünf Portionen Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten. Es folgen vier Portionen kohlenhydrathaltige Lebensmittel pro Tag, drei Portionen Milch und Milchprodukte sowie 1-2 EL pflanzliche Öle, Nüsse oder Samen. Für Fleisch und Wurst gelten pro Woche maximal drei Portionen, für Fisch 1-2 Portionen und bis zu drei Eier sind wöchentlich in den Empfehlungen enthalten. An der Spitze der Pyramide finden sich fette, süße und salzige Lebensmittel, die selten konsumiert und dafür bewusst genossen werden sollten.

Wissenswert

Die Österreichische Ernährungspyramide wird aktuell überarbeitet und um Nachhaltigkeitsaspekte ergänzt. Die Veröffentlichung der neuen Pyramide ist im Laufe des Jahres 2024 angekündigt.

Die Menge macht's

Doch wie groß ist eigentlich eine Portion? Diese Frage ist relevant, da zu große Portionen schnell zu Völlerei verleiten und man über das Sättigungsgefühl hinaus isst. Als alltagstaugliche Orientierungsgröße für eine Portion zählt die Menge, die in eine Hand passt. Somit entspricht eine Portion Beeren beispielsweise einer Handvoll. Je nach Lebensmittel gelten auch zwei Hände (z. B. Salat), nur die Handfläche (z. B. Fleisch) oder ein Zeigefinger (z. B. Schokolade) als Portion. Weitere Details gibt es im Artikel „Portionsgrößen bestimmen - so klappt's“. Grundsätzlich gilt: Je kleiner die Hand, desto kleiner sollten auch die Portionen sein.

Mit dem Thema Portionsgrößen haben wir uns in der ernährung heute 2-2023 „Portion Size Matters“ beschäftigt.

ZUM MAGAZIN

Fazit

Das mit der Zuordnung in „gesunde“ und „ungesunde“ Lebensmittel ist so eine Sache: Sie passiert inständig – zuhause genauso wie in Fachkreisen –, obwohl zwischenzeitlich klar ist, dass der Schuss nach hinten losgeht. Wichtiger als einzelne Nahrungsmittel sind Kombinationen, Zubereitung und Portionsgrößen. Eine Prise Zeit und Vertrauen in die eigenen Sinne kann zudem die Freude am Essen steigern.

Literatur

Biltekoff C: Consumer response: the paradoxes of food and health. Ann. N. Y. Acad. Sci. 1190:174–178 (2010).

European Food Information Council (EUFIC): How to Measure Portion Sizes with your Hands (Infographic). www.eufic.org/en/healthy-living/article/how-to-measure-portion-sizes-with-your-hands-infographic (Zugriff: 26.02.2024).

Knop U: Dein Körpernavigator zum besten Essen aller Zeiten. Polarise Verlag, Heidelberg (2019).

Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES): Die Österreichische Ernährungspyramide. www.ages.at/mensch/ernaehrung-lebensmittel/ernaehrungsempfehlungen/die-oesterreichische-ernaehrungspyramide (Zugriff: 26.02.2024).

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