27.08.2021 von Redaktion (aktualisiert)

Intoleranzen häufiger als Allergien

Etwa jeder Fünfte reagiert auf den Verzehr bestimmter Nahrungsmittel mit Bauchschmerzen, Hautirritationen, Übelkeit oder Kopfschmerzen. Schnell wird eine Lebensmittelallergie vermutet. Die Beschwerden gehen jedoch häufiger auf Nahrungsmittelintoleranzen zurück, die allerdings schwerer zu diagnostizieren sind.

Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelintoleranzen werden gerne synonym verwendet, sind jedoch zwei Unterformen von Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zufolge leiden 2–3 % der Erwachsenen an einer Nahrungsmittelallergie, der eine Beteiligung des Immunsystems zugrunde liegt. Hierbei werden Antikörper gegen vermeintlich bedrohliche Stoffe – die sogenannten Allergene gebildet. Bei Kleinkindern ist die Häufigkeit der Erkrankung mit 4 % höher, dafür verschwinden sie meist bis zum Einschulungsalter. Nahrungsmittelintoleranzen, wie Laktose- oder Histaminunverträglichkeit, kommen mit rund 15 % deutlich häufiger vor. Bei diesen rebelliert der Körper ebenfalls gegen eine bestimmte Substanz, jedoch ohne Beteiligung des Immunsystems.

Wenn Milch, Obst oder Käse Probleme machen

Nahrungsmittelintoleranzen äußern sich sehr vielfältig: Bei einer Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz), von der in Europa rund 15 % der Menschen, im afro-asiatischen Raum aber über 85 % betroffen sind, kommt es nach dem Konsum von Milchprodukten häufig zu Blähungen und Durchfall. Ursache ist das Fehlen des Laktose-spaltenden Enzyms Laktase. Ein Enzymdefekt ist auch der Grund dafür, dass einige Menschen den Nahrungsbestandteil Histamin nicht vertragen. Histamin, das unter anderem in Käse, Rotwein, Fisch und Sauerkraut enthalten ist, wird normalerweise durch das Enzym Diaminooxidase rasch abgebaut. Fehlt das Enzym, führt das mit der Nahrung aufgenommene Histamin im Körper zu ähnlichen Symptomen wie eine Nahrungsmittelallergie: Betroffene leiden an Hautrötungen, Hitzewallungen, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Beschwerden.

Grundsätzlich sind zunächst eine sorgfältige Anamnese und Ausschlussdiagnostik erforderlich. Zum Nachweis von Allergien stehen anschließend unter anderem einfache Hauttests zur Verfügung. Beim sogenannten Prick-Test werden mögliche Allergene in die Haut eingebracht und nach einer gewissen Zeit die lokalen Reaktionen untersucht. Zur Diagnostik von Nahrungsmittelintoleranzen gibt es dagegen nur wenige objektive Testverfahren. Besonders mit Atemluft-Untersuchungen können die Mediziner den Kreis der verdächtigen Nahrungsmittel jedoch eingrenzen.

Reflexion und Ausschlussdiät

Die entscheidende Rolle bei der Suche nach dem Auslöser einer Nahrungsmittelunverträglichkeit spielt bis heute das klassische Ernährungstagebuch – ob nun per App oder Notizblock. Mithilfe dieser Einträge versuchen Arzt oder Ernährungsberater und Patient, dem krankmachenden Nahrungsbestandteil auf die Spur zu kommen. Steht ein bestimmtes Nahrungsmittel unter Verdacht, kann der Patient für eine Weile darauf verzichten oder es bewusst zu sich nehmen. Mit etwas Geduld gelingt es so meist, den Auslöser zu identifizieren. Die anschließende Therapie liegt dann auf der Hand: Der Übeltäter wird vorerst vom Speiseplan gestrichen. Bei einer Unverträglichkeit können nach einer gewissen Zeit kleine Mengen des Stoffes mitunter wieder vertragen werden, bei tatsächlichen Allergien bleibt der Verzicht jedoch meist das Mittel der Wahl.

Neue Forschungsergebnisse geben allerdings Hoffnung, dass zukünftig auch eine Therapie gegen Nahrungsmittelallergien möglich ist. So haben Kulis et al. ein Pflaster entwickelt, welches mit kleinsten Mikronadeln versehen ist und so langfristig zu einer Verbesserung der Überreaktion des Körpers auf das Allergen führen kann. Aktuell gibt es das Pflaster noch nicht am Markt, es befindet sich allerdings bereits in der klinischen Testphase.

Fazit

Patienten, die an einer Nahrungsmittelunverträglichkeit leiden, profitieren vor allem von einer eingehenden Ernährungsberatung: Denn sie müssen lernen, ihre Ernährung ihren Bedürfnissen entsprechend zu gestalten. Voraussetzung hierfür ist, neben der hohen Eigenmotivation, eine gute Schulung.

Literatur

Bergmann KC, Heinrich J, Niemann H: Aktueller Stand zur Verbreitung von Allergien in Deutschland, Positionspapier der Kommission Umweltmedizin am Robert Koch-Institut, Allergo J INT 25: 6 (2016).

Bischoff SC: Nahrungsmittelunverträglichkeiten - Update. Gastroenterologie up2date 08 (2): 143–161 (2012).

Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Lebensmittelallergien. www.bfr.bund.de (Zugriff: 26.08.2021).

Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten: Wenn Essen krank macht - Nahrungsmittelintoleranzen häufiger als -allergien. Pressemeldung vom 30.11.2012.

Kulis M et al.: Peanut protein-loaded microneedle patches are immunogenic and distinct from subcutaneous delivery. J Allergy Clin Immunol 147 (2): AB237 (2021).

Müller C: Laktoseintoleranz – Nicht alle Milchprodukte unverträglich. www.bzfe.de (Zugriff: 19.08.2021).

N. N.: Laktoseintoleranz. www.gesundheit.gv.at (Zugriff: 26.08.2021).

N. N.: Nahrungsmittelunverträglichkeit: Vorbeugung, Diagnose & Therapie. www.gesundheit.gv.at (Zugriff: 26.08.2021).

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