24.03.2021 von Redaktion (aktualisiert)

Bärlauch, Maiglöckchen oder Herbstzeitlose?

Die Bärlauch-Saison geht los. Wer schon im Wald spazieren geht und Bärlauch pflückt, sollte dabei fit im Unterscheiden der verwechselbaren Grünblätter sein. Besonders in den Monaten April und Mai häufen sich in ganz Europa die Vergiftungsfälle, nicht selten mit tödlichen Folgen.

Als schmackhaftes Kraut hat der Bärlauch im Frühjahr seinen fixen Platz in der Kräuterküche gefunden. Mit Bärlauch verfeinert kommen Suppen, Pesto oder Knödel auf den Tisch. Seinen scharf-würzigen Geschmack hat der "Waldknoblauch" den Schwefelverbindungen zu verdanken. An Nährstoffen liefert Bärlauch viel Vitamin C, Eisen und Kalium. Sobald im April die Tage wärmer werden und die Pflanzen ihren charakteristischen Duft verbreiten, zieht es viele in den Wald, um den "Bärenknoblauch" (von französisch "Ail des Ours") selbst zu sammeln.

Dabei ist Vorsicht geboten: Die genusstauglichen Blätter des Bärlauchs (Allium ursinum) sind den Blättern des giftigen Maiglöckchens (Convallaria majalis) und jenen der sehr giftigen Herbstzeitlose (Cholchicum autumnale) zum Verwechseln ähnlich. Wie seine giftigen Doppelgänger wächst Bärlauch in krautreichen, schattigen und nährstoffreichen Laub- und Mischwäldern, Parkanlagen und Auwäldern. Verzehrt man unwissend nur drei bis vier Blätter der Herbstzeitlose kann das schwerwiegende Folgen haben. Übeltäter ist das Zellgift Colchicin. Es verhindert, dass sich Darm-, Blut- und Knochenmarkszellen teilen. Nach mehreren Stunden kommen Magen-Darmprobleme auf, nach ein bis zwei Tagen kann der Tod eintreten. Lebensgefährliche Vergiftungen durch Maiglöckchen sind selten. Die enthaltenen Glykoside verursachen Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sowie einen erhöhten Puls.

Die AGES warnt vor einem sorglosen Konsum und rät, im Zweifelsfall besser auf den Verzehr zu verzichten. Im Prinzip reicht eine Geruchsprobe, um den Bärlauch zu identifizieren. Dazu zerreibt man ein Blatt zwischen den Fingern und prüft, ob der typische knoblauchartige Duft des Bärlauchs wahrnehmbar ist. Wenn nicht: Finger weg! Der Saft seiner Ebenbilder riecht nicht. Allerdings hat der sensorische Test seine Tücken: Riechen die Hände vom vorangegangenen Test noch nach Lauch, so ist das Ergebnis verfälscht. Relativ leicht ist das "Jagdobjekt" zur Blütezeit zu erkennen, nicht jedoch als Jungpflanze (siehe Chrarkteristika). Um Bärlauch sicher von den giftigen Doubles zu unterscheiden, sollten Sammler die Pflanzen samt ihrer Merkmale gut kennen.

Botanische Charakteristika:

 

Bärlauch

Herbstzeitlose

Maiglöckchen

Blätterwachstum

März und April

etwas später als Bärlauch

etwas später als Bärlauch

Geruch und Geschmack

nach Knoblauch

kein Knoblauchgeruch; herb, bitter

kein Knoblauchgeruch; herb, bitter

Farbe und Festigkeit

lindgrün, elliptisch; Oberseite glänzend, Unterseite matt; weich; Blattfläche häufig nach unten umgerollt

schmäler; beiderseits glänzend; fester als Bärlauch

blaugrün; Unterseite hellgrün glänzend; fester als Bärlauch

Blätter und Stiel

ein Blatt pro Stiel; langer, dünner Stiel; Stiel wächst direkt aus dem Boden; Pflanzen in Gruppen dicht beieinander

meist drei umeinander gewickelte Blätter, nicht einzeln wie beim Bärlauch; kein deutlicher Blattstiel

zwei Blätter pro Stiel; Stiel von rötlicher Blattscheide umschlossen

Blüte

Weiße, sternchenförmige Blüte

Blassrosa bis violette, selten weiße Blüte

Weiße, übereinander aufgereihte Blüten

     
Quelle: zvg/Tox Info Suisse

Ohne Bauchweh können die Bärlauchblätter aus kontrollierten Kulturen vom Gemüsehändler verwendet werden. Wer Bärlauch im eigenen Garten anbauen möchte, wählt am besten einen schattigen Standort mit feuchtem, humusreichem Boden. Am besten setzt man das Frühlingskraut neben Sträuchern und Bäumen.

Im Notfall

Die Wiener Vergiftungsinformationszentrale steht im Notfall rund um die Uhr unter der Nummer 01/ 406 43 43 zur Verfügung. Vermeintliche Hausmittel wie Milch zu trinken oder einen Brechreiz auszulösen, sind nicht empfehlenswert und können sogar gefährlich sein. Auch im Zweifelsfall sollte man Fachleute (Notfallzentrale) konsultieren.

Wichtige Informationen am Telefon:

  • Wer ist betroffen? (Alter, Geschlecht, Gewicht der Person)
  • Was und wie viel wurde eingenommen?
  • Wann und wo kam es zur Vergiftung?

Frisch genießen

Bärlauch kann bis Ende Mai geerntet werden. Danach beginnt die Pflanze zu blühen. Die grünen Blätter werden fasrig, der Bärlauch verliert nach und nach sein unverwechselbares Knoblaucharoma und schmeckt bitter. Frisch gepflückter Bärlauch sollte so rasch wie möglich verarbeitet werden. Denn bei Raumtemperatur verwelken die Blätter und nehmen eine gelbliche Farbe an. Im Kühlschrank lässt sich Bärlauch ein paar Tage frisch halten. Dazu wässert man die Blattstiele in einem Glas ein oder bewahrt sie in feuchtem Küchenkrepp oder einem luftdichten Plastikbeutel auf.

Immer gut waschen

Nicht nur eine Verwechslung mit giftigen Doubles birgt Gefahren, auch Fuchsbandwurm-Eier können lebensbedrohliche Erkrankungen auslösen (z. B. Wucherungen in der Leber). Mit dem bloßen Auge sind sie nicht erkennbar, allerdings überleben sie selbst übliche Tiefkühltemperaturen von -18 °C. Erhitzt man die Blätter auf rund +60° C, werden die Eier abgetötet. In einigen Rezepten wie Bärlauchbutter oder –aufstrich, werden die Blätter jedoch roh verarbeitet oder nur kurz angebraten. Daher empfiehlt die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), jedes einzelne Blatt vor dem Verzehr oder dem Einfrieren gründlich unter heißem fließendem Wasser zu waschen. Durch das Abspülen werden die Eier ebenfalls entfernt und die starke Erhitzung ist nicht notwendig.

Bärlauchsaison verlängern

Wer Bärlauch auch außerhalb der Saison genießen möchte, friert ihn ein. Dazu entstielt man die Blätter, wäscht sie und tupft sie vorsichtig trocken. Danach wandern sie in einem Gefrierbeutel in die Tiefkühltruhe. Fein gehackt und mit Wasser aufgefüllt, kann er in Eiswürfelformen portionsweise gefroren und verwendet werden.
Wem das frische Bärlaucharoma zu intensiv ist, trocknet die Blätter. Denn durch den Trocknungsvorgang büßt der Bärlauch einen Großteil seines Aromas ein und wird milder. Bärlauchblätter trocknen am besten, wenn man sie mit Stiel, zu einem Sträußchen gebunden, an einem trockenen Ort aufhängt oder sie mehrere Stunden lang im Backrohr bei geöffneter Türe (ca. 50-60 C°) trocknet.

Wissenswert

Eingelegt hält sich Bärlauch ein paar Monate. Dazu hackt man die feinen Blätter und füllt sie in einem Einmachglas mit Essig und Öl auf. Wer möchte, verfeinert den Bärlauch mit Salz, Pfeffer- oder Senfkörnern.

Anregungen für schmackhafte Gerichte mit Bärlauch liefern die Bücher „Wild & Köstlich“  sowie „Wildkräuter“.    

Literatur

Beiser R: Wildkräuter. Von der Wiese auf den Teller. Trias Verlag (2016).
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Verwechslungsgefahr bei Bärlauch. Presseinformation 10/2005.
Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: Bärlauch: Achtung giftige Doppelgänger. www.gesundheit.gv.at (Zugriff: 24.03.2021).
Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES): Bärlauch. www.ages.at (Zugriff: 24.03.2021).
Till S: "Novel food" mit Tradition: Bärlauch. Ernährung aktuell 1/2009.
Zimmermann K: Bärlauch und seine giftigen Kollegen. Inatura Fachberatung (2012).

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